Die Besucher der Produktionsräume von Trüb werden auf Herz und Nieren geprüft: Sie müssen ihre Identität ausweisen, Formulare ausfüllen und eine Bestätigung unterschreiben, um zu bezeugen, dass sie keine Informationen der Firma nach aussen schmuggeln wollen.

Das Prozedere ist angesichts des sensiblen Produktes verständlich: Kartenrohlinge sind eine Art Blankoscheck. Die Kontrollen der eigenen Mitarbeiter sind daher sehr streng: «Alle unterliegen dem Bank- und Postgeheimnis», erklärt Hertor Bauer, Leiter Marketing und Verkauf bei Trüb. «Regelmässig holen wir Auszüge des Straf- und Betreibungsregisters ein.» Zudem bleibt kein Schritt unbemerkt: Die Produktionsräume sind vergittert, und sämtliche Arbeitsabläufe werden von rund 150 Kameras festgehalten.

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Hohe Sicherheitsstandards

Die Sicherheits- und Qualitätskontrollen müssen mit zahlreichen ISO-Zertifizierungen institutionalisiert sein. Denn die Kunden verlangen, dass die Arbeitsprozesse strikt nach Vorschrift verlaufen. Die Kartenrohlinge, die je nach Anforderung verschiedene Sicherheitsmerkmale aufweisen, produziert Trüb auf separaten Anlagen in Unterentfelden. Von hier aus werden sie nach Aarau oder direkt zu den Kunden transportiert. Je nach Kartentyp bestehen sie aus bis zu neun verschiedenen zusammengeschweissten Folienschichten aus Kunststoff.

Chips auf dem Vormarsch

Die technologischen Fortschritte zur Verbesserung der Kartensicherheit waren in den vergangenen Jahrzehnten gewaltig. Derzeit verdrängt bei den Kreditkarten die Chip-Technologie gerade den Magnetstreifen. «Die Banken haben sich für die Chipkarten entschieden, weil das System viel sicherer ist», so Hertor Bauer.

Für die Befestigung des Chips wird auf einer Anlage ein Loch in die Karte gefräst. Darauf wird in einem nächsten Arbeitsschritt das Chipmodul appliziert, wobei der winzige Chip sich unter dem Goldplättchen verbirgt. Aufbewahrt werden die Kreditkartenrohlinge in einem mehrfach gesicherten Tresor, der aus Sicherheitsgründen nur zu zweit betreten werden darf. Je nach Bedarf entnehmen ihm die Mitarbeiter die Anzahl Karten, die sie am betreffenden Tag personalisieren beziehungsweise mit dem Namen des einzelnen Kunden versehen und an die Kunden verschicken.

Schweizer Markt ist begrenzt

Mit ihrem früheren Geschäftsbereich der Herstellung von Wertschriften hat die rund 150 Jahre alte Trüb von heute kaum noch etwas zu tun. Lange belieferte die Aargauer Firma ausschliesslich den Schweizer Markt; seit 1998 exportiert sie auch ins Ausland. Hertor Bauer: «Das Kartenwachstum in der Schweiz ist begrenzt. Damit die Rechnung für uns aufgeht und unsere Preise konkurrenzfähig bleiben, müssen wir grosse Mengen herstellen können.»

Ein Auflage von 6,5 Mio bescherte Trüb die Gesundheitskarte der Santésuisse, die Ende dieses Jahres herausgegeben wird. Seit Trüb 2001 die Firma Cardag übernommen hat, stellt sie zudem fast alle schweizerischen Bankkarten her. «Zusammen mit den Kunden- und Identitätskarten können wir sagen, jeder Schweizer hat eine Karte von uns im Portemonnaie», freut sich Trüb-Chef Fernando Dal Zotto.

Hohe Stückzahlen versprechen auch die Aufträge aus dem Ausland. Seit dem 11. September 2001 ist die Nachfrage nach sicheren Ausweisen weltweit gestiegen.

Schlüsselfertig nach China

Zudem nimmt Trüb regelmässig an internationalen Ausschreibungen von Reisedokumenten teil. Den Zuschlag hat die Schweizer Firma für die anspruchsvolle Identitätskarte von Hongkong erhalten: Sie weist an die 20 verschiedenen Sicherheitsmerkmale auf. Beispielsweise ist das Foto des Inhabers in einer Ecke der Karte noch einmal klein aufgedruckt. Aus Sicherheitsgründen hat Trüb die schlüsselfertige Personalisierungsanlage nach Hongkong geliefert. Diese Geschäftsstrategie des Technologietransfers verfolgt der Kartenspezialist auch anderweitig. Der Staat Estland verlangte aus demselben Grund, dass die Identitätskarten seiner Bürger vor Ort personalisiert werden. Zu diesem Zweck wurde die Trüb Baltic gegründet, eine von mehreren Tochterfirmen der Trüb Switzerland AG. Auch die Bürger von Polen, Bosnien-Herzegowina, Kroatien und Liechtenstein tragen Identitätskarten made in Switzerland auf sich.

Zwar ist Trüb nicht internationaler Marktleader. «Aber wir gehören in unserem Segment zu den ersten drei», sagt Bauer. «Um sich auf dem internationalen Markt zu behaupten, können wir vom Image der Schweiz profitieren, das Zuverlässigkeit und Qualität verspricht. Entscheidend ist auch das Aufspüren von Nischenmärkten.» Etwa die Produktion von Fahrtenschreibern, wie sie seit kurzem in einzelnen europäischen Ländern für die Kontrolle der Fahrtzeit von Lastwagenchauffeuren vorgeschrieben sind. Heute produziert Trüb Fahrtenschreiber für das Baltikum, Deutschland, Finnland und die Schweiz.

Multifunktionale Karte

Eine Zukunft sieht der Trüb-Marketingleiter Bauer in multifunktionalen Bürgerkarten, die mit Chips versehen sein werden: «Ich stelle mir eine Bürgerkarte vor, die einerseits als Identitätskarte dient, andererseits bürgerrelevante Daten wie Geburtsschein und AHV-Nummer enthält.» Die elektronische Identität würde es dem Inhaber etwa ermöglichen, über das Internet abzustimmen. Solches ist zwar noch Zukunftsmusik. Doch Trüb ist in der Entwicklung von Sicherheitskarten ganz vorne mit dabei. Auch für die allerneusten Anforderungen an Ausweise, wie biometrische Daten, ist Trüb gerüstet. Bauer: «Was wir im anspruchsvollen hiesigen Markt lancieren, können wir auch ins Ausland exportieren.»

Unternehmerpreis: Die Besten der Nordschweiz

Innovative Businessidee, regionale Verankerung und kommerzieller Erfolg: Das sind drei der sechs Kriterien für die Auswahl der Finalisten des «Unternehmerpreis Nordschweiz.» Dieser wird am 25. Oktober im Kongresszentrum Messe Basel zum ersten Mal vergeben. Nominiert sind neben der vorgestellten Firma Trüb, die Firma Regent Beleuchtungskörper, Oris, Similasan, Jaquet und Genedata. In der Expertenjury sitzen unter anderem der Basler Regierungsratspräsident Ralph Lewin, Gottlieb Keller, Geschäftsleitung Hoffmann-La Roche, Urs Gmür, CEO Ferrum AG, René Kamm, CEO Messe Schweiz und Christoph Richterich, von Richterich & Partner. Ins Leben gerufen wurde der «Unternehmenspreis Nordschweiz» vom Swiss Venture Club. (hz)



Firmen-Profil

Name: Trüb Schweiz AG

CEO: Fernando Dal Zotto.

Gründung: 1859

Umsatz: 65 Mio Fr.

Beschäftigte: 230

Produkte: Kunden-, Identitäts-, Gesundheitskarten, Führerausweis, Halbfabrikate, Dienstleistungen

Kunden: Bund, Banken, Post, Detailhandel, Staaten

Internet: www.trueb.com