Kurz vor der Landung in Boston leuchtet eine Warnlampe auf: Das Bugfahrwerk klemmt. Der Pilot bricht den Anflug ab, steigt höher und legt den Jet in steile Kurven, um das Rad freizuschütteln – ohne Erfolg.
Schliesslich setzt er nur mit dem Hauptfahrwerk auf und hält die Nase oben, so lange es geht. Als der Rumpf die Piste berührt, sprühen Funken. Es ist ein Beinahe-Crash, den Flug 1012 aus New York an jenem Augusttag 1989 erlebt. Aber der Besitzer der Airline wird wenig später sagen: «Das war die schönste Landung, die es jemals gab.»
Der Besitzer war Donald Trump, damals Mitte 40. Er hatte wenige Monate zuvor die Maschinen der Pleite-Linie Eastern aufgekauft: 21 alte Boeing 727.
Nun bot er mit ihnen Flüge an der amerikanischen Ostküste an, Hüpfer von New York nach Boston und Washington. «Trump Shuttle», so der Name der kleinen Airline, war nur eine kurze Episode im Leben des heutigen US-Präsidenten.
Aber sie zeigt: Trump ist nicht völlig ahnungslos, wenn er jetzt über die 737 Max spricht, so wie einige Kritiker es behaupten. Lange vor den beiden Abstürzen dieses Modells hatte Trump sein eigenes Boeing-Debakel.
Trump, so scheint es, besitzt ein Faible für Flugzeuge. Immer wieder kommentiert er, was in der Luftfahrtindustrie geschieht. In dieser Woche hatte er einen Tipp für Boeing. Trump erklärte, wie der Konzern das Image der 737 Max retten könne. Er würde, schrieb der Präsident auf Twitter, die Ausstattung des Jets aufwerten und ihm einen neuen Namen geben. «Kein Produkt hat so sehr gelitten wie dieses», fuhr er fort.
Für die 737 Max gelten derzeit weltweit Flugverbote. Boeing arbeitet an einem Update für die Software, die zu den Crashs in Indonesien und Äthiopien geführt haben soll.
Schon kurz nach dem zweiten Unglück hatte sich Trump zu Wort gemeldet. Flugzeuge, schimpfte er Mitte März auf Twitter, seien zu kompliziert geworden. Die Maschinen von heute könnten nur noch von «Computer-Spezialisten« gesteuert werden. Und er erregte Aufsehen, weil er seinen Privatpiloten zum Chef der US-Luftfahrtbehörde FAA machen wollte. Das Amt weigerte sich seit Jahren, den Luftraum über seinem Luxusanwesen Mar-a-Lago in Florida zu sperren.
Trump stiess Airline mit Verlust ab
Nun also rät Trump Boeing zum «Rebranding» – und das ist genau das, was er 1989 tat. Nachdem er für 365 Millionen Dollar die gebrauchten Boeing 727 gekauft hatte, sprühte er einen neuen Namen auf. Über den Fenstern stand nun in grossen Lettern «Trump». Und die Kabine erhielt allen möglichen Prunk. Trump liess beigefarbene Ledersitze einbauen und schwere, burgunderrote Teppiche auslegen, die edel aussahen, es den Stewardessen aber schwermachten, ihre Getränkewagen zu rollen. «Push harder» soll Trump den Frauen geraten haben – schiebt mit mehr Kraft.
Er wolle, sagte Trump damals, das «beste Transportsystem der ganzen Welt» erschaffen. In Wahrheit war Trump Shuttle nie mehr als eine regionale Fluglinie für die Ostküsten-Elite. 1992, nach nur drei Jahren, stiess er seine Airline mit Verlust wieder ab.
Zum einen investierte Trump wohl zu viel Geld in die pompöse Innenausstattung. Zum anderen war das Timing schlecht. Trump wollte just zu jener Zeit den Himmel erobern, als der Irak in Kuwait einmarschierte – und damit den Ölpreis in die Höhe trieb.
Dieser Aritkel erschien zuerst in «Die Welt» unter dem Titel: «Mit seiner Airline erlebte Trump sein eigenes Boeing-Debakel»