Das Grollen des Rheinfalles ist auch einige hundert Meter flussabwärts noch zu vernehmen, beim Neuhauser Bahnhof, wo die Trybol AG ihren Sitz hat. Als Marke vor über hundert Jahren durch den Zahnarzt G. Adolf Trüeb gegründet, befindet sich das Mundwasser, Haarpflegeprodukte und Zahnpasta produzierende Unternehmen seit 1913 im Besitz der Familie Minder. Mit Thomas Minder hat Mitte der 90er Jahre die dritte Generation das Firmenruder übernommen.
Thomas Minder, Unternehmer durch und durch, hat unlängst mit einer Aktion auch dafür gesorgt, dass es der typische KMU-Betrieb mit rund 20 Angestellten in die Nachrichtensendungen und Zeitungsspalten gebracht hat. In einem offenen Brief an den Bundesrat schrieb Minder mit furioser Feder gegen die Abzockermentalität auf den Teppichetagen der Grosskonzerne an und erhielt dafür Ovationen von links bis rechts, vor allem aber von Seinesgleichen: Von an- und bodenständigen Unternehmern, die tagtäglich das Risiko für einen kleinen oder eben mittleren Betrieb und dessen Belegschaft tragen, ohne einen sicheren, geschweige denn goldenen Fallschirm umgeschnallt zu haben.
«Das war kein PR-Coup, wie man mir auch unterstellt hat», stellt Minder klar, «ich habe nur gemerkt, he, so kann das doch nicht weitergehen. Die kleine Schweiz, die verkraftet dieses Missmanagement auf die Dauer nicht.» Dass er angesichts dessen nicht still halte, liege an seinem Naturell: «Ich bin einer, der das Kind gerne beim Namen nennt», sagt Minder, der sich sowohl über die Arroganz der Abzocker als auch über die Untätigkeit der Aktionäre ärgert.
Flexibel und schnell
Der Mann, so scheint es, ist stets auf hundertachtzig. Nicht nur, wenn es um die herrschenden Zustände in der Wirtschaftslandschaft Schweiz geht. Die Geschichte des Unternehmens, dessen Besitzer er ist, rekapituliert Minder im Stakkato. Und der Rundgang durch die immer wieder erweiterten Räumlichkeiten wird bald zum Wettlauf mit der Zeit. Immer auf Zack zu sein, das sei auch oder eben gerade in einem Metier, in dem Innovation nicht unbedingt gross geschrieben werde, unabdingbar. «Die Rezepturen zu unseren Produkten haben zum Teil seit 90 Jahren Gültigkeit. Und auch über die Qualität muss man gar nicht diskutieren, da versteht es sich von selbst, dass nur das Beste zählt.»
Grossabnehmer Airlines
Als Trumpf im Wettstreit am Markt spielt Trybol, so Minder, die Karte Flexibilität: «Wir liefern schnell und sind in der Lage, auch kleinste Mengen herzustellen. 50 Liter Haarpflege für einen Coiffeur etwa, abgefüllt in eigens mit dessen Logo bedruckte Flaschen.» Etwas, das die mächtige Konkurrenz auf Grund ihrer Schwerfälligkeit oftmals nicht zu realisieren im Stande sei. «Einer meiner Grundsätze lautet: Es gibt kein Nein», betont der Geschäftsführer und lobt gleichzeitig auch hier die Flexibilität seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Denn soll der Kunde König sein, dann setzt es für den Hoflieferanten schon einmal Überstunden und Sonderschichten ab.
Es rattert und schüttelt im kleinen Fabrikgebäude an der Rheinstrasse 86. Im hauseigenen Labor wird eine Creme angerührt. Die Regale im Lager sind voll von Schachteln und Tuben, Tiegeln und Dosen.
Rund 300 verschiedene Produkte werden bei Trybol hergestellt, abgefüllt und eingepackt. Zum Kundenstamm gehören unter anderem Drogerien, Friseursalons und Altenheime, aber auch grosse Fluggesellschaften wie Lufthansa oder Swiss, die beispielsweise kleine Zahnpastatuben an ihre Passagiere verteilen.
Mit ihnen handelt Minder Lieferverträge aus früher jeweils für ein Jahr, heute indes scheuen sich gerade die Airlines vor längerfristig bindenden Kontrakten. Ein Umstand, der es nicht leichter macht, die eigenen Geschäftsgänge einigermassen zuverlässig vorauszusagen. Irgendwo zwischen 3 und 5 Mio Fr. sei der jährliche Umsatz anzusiedeln, sagt Thomas Minder, «plötzlich bestellt eine Fluggesellschaft, von der ich noch nie etwas gehört habe, eine beachtliche Menge unserer Pflegeprodukte. Das ist schön und lässt den Umsatz hochschnellen es kann aber auch sein, dass dieselbe Gesellschaft genau so schnell wieder verschwindet wie sie aufgetaucht ist. Und mit ihr der schöne Auftrag.»
Mithalten ohne grosse Werbekampagnen
Als Bestandteil des Konsumgüterbereichs ist der Kosmetikahersteller auch vom Exportgeschäft abhängig. Rund dreissig Prozent der Produkte gehen ins Ausland, gerne würde der Firmenchef, der ein Verfechter von Teilzeitstellen ist, diesen Anteil ausbauen. Im Wettstreit mit den Grossverteilern, den Goliaths, die zum Teil ihre eigenen Marken im Angebot führen, sieht sich Thomas Minder in der Rolle des David.
Das hat wie bereits erwähnt seine Vorteile, logischerweise aber auch seine negativen Seiten. So sei für gross angelegte Werbekampagnen das Geld schlicht nicht vorhanden. «Wir drehen jeden Stutz zweimal um, bevor wir ihn ausgeben», betont der Unternehmer, «und investiert wird primär in die Produkte, wenns geht vielleicht auch mal in eine neue Maschine.» Und so setzen Trybol und Minder vor allem auf die bewährten Werbekanäle Überlieferung und Mund-zu-Mund-Propaganda.
Das ist für ein traditionelles, vor allem von Stammkunden berücksichtigtes Unternehmen, das Pflegeprodukte für Zunge, Zahn und Rachen herstellt, auch nicht allzu abwegig.
Firmen-Profil
Name: Trybol AG, Rheinstrasse 86, 8212 Neuhausen SH, Tel. 052 672 23
Gründung: 1900 durch G. Adolf Trüeb
Besitzerin: Familie Minder
Geschäftsführung: Thomas Minder
Umsatz: 5 Mio Fr.
Beschäftigte: 20 Angestellte
Produkte: Kosmetische Produkte für Mund-, Haar- und Körperpflege
Marken: Trybol, Judith Jackson, Tomaii, Jobra, Nessol, Ladyson
Internet: www.trybol.ch