Der überraschende Abgang von Peter Wuffli als CEO der UBS lässt Fragen offen und bietet damit viel Spielraum für Interpretationen. Die mitten in der Nacht kommunizierte Stabsübergabe an Marcel Rohner ist in der Analyse der Bank Vontobel unter anderem vor dem Hintergrund der derzeitigen Schwäche im Investment Banking sowie der fundamentalen Unterbewertung der Aktie zu sehen.
Als möglichen Grund für die Unterbewertung nennt Guy de Blonay, Manager des New Star Global Financial Fund, mangelndes Vertrauen der Anleger: «Vielleicht ist die Aktie unterbewertet, weil die Investoren der Umsetzung und der weiteren Strategie der UBS skeptisch gegenüberstehen.» Einige seien enttäuscht über die Performance im Investment Banking und brächten deshalb die Idee auf, die UBS aufzuspalten. Analysten haben berechnet, dass der Wert der einzelnen Divisionen, Asset Management, Wealth Management und Investment Banking, zusammen höher ist als der Börsenwert der gesamten Bank. Helvea-Analyst Peter Thorne beziffert diesen Bewertungsabschlag auf 38 Mrd Fr; das Investment Banking sei derzeit an der Börse gratis zu haben.
Abspaltung macht wenig Sinn
«In der kurzen Frist werden damit vielleicht Werte freigesetzt, aber langfristig muss dies nicht unbedingt der Fall sein», meint de Blonay von New Star Asset Management. Kurzfristig würde zwar die Bewertung steigen, meint auch Ray Soudah, Fusionsberater und Gründer von Millenium Associates, doch die Idee sei destruktiv und auch nicht durchführbar.
Die UBS will ohnehin an ihrer «One Bank»-Strategie festhalten, und verweist immer wieder auf die Synergien zwischen den einzelnen Bereichen. «Das Wealth Management ist ein Kunde der Investment Bank», verdeutlicht Soudah. Kurz vor seinem Abgang erklärte Wuffli in einem Zeitungsinterview noch, die Bank sei definitiv mehr wert als die Summe ihrer Teile.
Auch auf Basis der durchschnittlichen Gewinnschätzungen ist die UBS derzeit tief bewertet. Für 2008 wird die Grossbank mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 10,7 aber noch immer leicht höher dotiert als die Credit Suisse mit 10,1. Die Analysten attestieren der Credit Suisse auch mehr Potenzial als der UBS. Während über 80% der Aktienexperten die Credit Suisse zum Kauf empfehlen, sind es bei der UBS nur knapp 60%.
Seit dem Amtsantritt von Peter Wuffli vor fünfeinhalb Jahren hat sich der Aktienkurs zwar mehr als verdoppelt. Doch in den letzten sechs Monaten hat die UBS-Aktie praktisch stagniert, während die Credit Suisse fast 7% zugelegt hat.
Diverse Gründe für Krebsgang
«Ein Hauptgrund für die Kursschwäche der UBS ist das Investment Banking, das immer wieder zu Rückschlägen geführt hat», erklärt René Locher, Analyst bei Sal. Oppenheim. Die Schliessung des Hedge-Fonds Dillon Read habe zusätzlich für negative Schlagzeilen und Fragezeichen gesorgt. Nicht zuletzt seien die Kosten stärker gestiegen als erwartet.
Das Halbjahresergebnis, welches die UBS am 14. August vorlegen wird, dürfte dem Aktienkurs kaum Auftrieb geben. Die Grossbank rechnet mit einem Ergebnis im Rahmen der Markterwartungen. Teilweise wird am Markt spekuliert, dass in dem Zahlenwerk noch grössere Verluste des im Investment Banking angesiedelten Hedge-Fonds Dillon Read zutage treten könnten. Der Fonds hat bereits einen Handelsverlust von 150 Mio Fr. eingefahren. Die Schliessung bringt weitere Kosten in der Höhe von 300 Mio Dollar mit sich. Die UBS könne allfällige weitere Verluste aber ausgleichen, da der Milliardengewinn aus dem Verkauf ihrer Beteiligung an Julius Bär noch im 2. Quartal verbucht worden sei.
Noch vor einem Jahr gab es keine Spekulationen dieser Art, die «Gewinnmaschine» UBS hat mit ihren Resultaten auf allen Ebenen geglänzt. «Die Investoren wurden Jahr für Jahr verwöhnt», sagt Hans Geiger, Bankenprofessor der Universität Zürich. Die Erwartungen stiegen immer mehr an. Das Ergebnis im 3. Quartal 2006 hat die Investoren dann auf dem falschen Fuss erwischt. Bemängelt wurde vor allem der Kostenanstieg. «Dabei darf aber etwa im Vergleich zur Credit Suisse nicht vergessen werden, dass die UBS ihre Restrukturierung bereits beendet hat», so Geiger. Seither ist die Ergebnisbilanz der UBS durchzogen.
Jetzt ist Geduld gefragt
Etwas lakonisch fallen auch die Kommentare zur weiteren Entwicklung des Aktienkurses der UBS aus. Grundsätzlich sei mit einer etwas grösseren Volatilität der UBS-Aktie zu rechnen, kommentiert etwa Andreas Venditti, Analyst bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB). De Blonay von Newstar Asset Management meint: «Die weitere Entwicklung der Aktie hängt von der Umsetzung der Strategie und der Stärke der Finanzmärkte ab.» Und Professor Hans Geiger von der Universität Zürich glaubt nicht, dass sich die eingeleiteten Wachstumsinitativen in den USA so schnell im Aktienkurs niederschlagen werden.