Anfang Jahr herrschte noch Hochstimmung bei der UBS. Jürg Zeltner, Chef der Vermögensverwaltung, schwärmte von einer neuen Abteilung namens Investment Products & Services oder IPS, wie sie intern nur genannt wurde. Er verglich sie mit einem «Maschinenraum», wo die Bank neue Finanzprodukte entwickelt, die man mit «Preisschild und einer Bedienungsanleitung» versieht, bevor sich die UBS-Berater damit auf Kundenfang begeben.
Selbst Oswald Grübel, oberster Chef der grössten Schweizer Bank, stimmte optimistisch in den Kanon des Neustarts ein und gestand der UBS wieder mehr Risiko zu. Nur ein halbes Jahr später ist alles anders.
Wegen der anhaltend trüben Börsenstimmung verharren die Anleger eisern an der Seitenlinie. Von neuen Engagements und Finanzkreationen wollen sie nichts wissen. «Am besten geht es jenen Investoren, die Bargeld in Schweizer Franken horten», sagt Thomas J. Caduff, Gründer und Leiter der Schweizer Research-Firma ICN Trust Finance.
Personalbestand oder Zielgrösse?
Kein Wunder, dass die Banken unter diesen Prämissen reagieren. So auch die UBS. Unlängst schrieb das «Wall Street Journal», dass die Bank in der IPS-Abteilung 250 Jobs abbauen würde – was das Unternehmen nicht kommentiert. Tatsache ist hingegen, dass auf Grund der veränderten Marktsituation eine Einheit von mindestens 80 IPS-Mitarbeiter unlängst einer neuen Abteilung zugeteilt wurde, wie Recherchen der «Handelszeitung» ergaben. Dies bestätigt ein UBS-Sprecher.
Mehr noch: Gemäss einem internen Papier belief sich der Personalbestand im Bereich IPS im September 2010 auf 2900 Beschäftigte. Heute beträgt er noch 2589. Offiziell bestreitet die UBS, dass es zu einem Stellenabbau gekommen sei. 2900 sei lediglich eine Zielgrösse gewesen.
Eigentlich geht es aber um erheblich mehr als nur um den Abbau von Jobs bei der IPS. Zur Disposition steht tatsächlich das Schicksal der «integrierten Bank», deren Strategie darauf abzielt, Dienstleistungen aus der stabilen Vermögensverwaltung mit dem hoch riskanten Investment Banking zu vermengen. Die IPS-Einheit dient dabei als Schnittstelle, welche die Banksparten miteinander vernetzt, wie es im internen Jargon heisst.
Von diesem Geschäftsmodell versprach sich die Teppichetage höhere Erträge. Im harten Geschäftsalltag stellten sich diese jedoch nie ein. Stattdessen machte das angelsächsisch dominierte Investment Banking die stabilen Erträge aus dem Wealth Management – der Vermögensverwaltung – regelmässig wieder zunichte.
«Noch nicht zu bemerkenswerten Veränderungen geführt»
Gleichzeitig schwand das Vertrauen der Anleger in die grösste Schweizer Bank. Allein in den letzten sechs Monaten büssten die UBS-Papiere 20 Prozent ein – Grübels Plan scheint nicht aufzugehen. «Am Ende», sagt ein Zürcher Banker, «ist es immer der Aktienkurs, der einen Chef zu Fall bringt. Das war bei Lukas Mühlemann der Fall, genauso wie bei Marcel Ospel.»
Dabei hatte zunächst alles vielversprechend begonnen. Der Entscheid, eine Schnittstelle zwischen den einzelnen UBS-Konzernsparten zu schaffen, fiel kurz vor Weihnachten 2009. Es dauerte aber rund ein Jahr, bis das Vorhaben unter der Leitung von Andreas Amschwand vom Stapel laufen konnte. «Die neue Einheit soll sicherstellen, dass die Kunden innert nützlicher Frist Zugriff auf das geballte Know-how der Bank erhalten», sagte Jürg Zeltner dann Anfang 2011 gegenüber der «Neuen Zürcher Zeitung».
Nicht ohne ein gewisses Amüsement konstatierte die Branche aber auch, dass die UBS unter der Ägide des früheren Credit-Suisse-Chefs Oswald Grübel einmal mehr ihre Erzrivalin kopierte, zumal es bei der CS bereits eine vergleichbare Abteilung namens «Solution Partners» gab – ein weiteres Beispiel für die schleichende «Creditisierung» der UBS, raunte die Branche.
Nachdem die Börsen 2009 rund um den Globus massiv zugelegt hatten, was den Start der IPS-Einheit tatsächlich begünstigt hatte, verflüchtigte sich diese Dynamik im Jahr darauf – wegen der Griechenland- und Euro-Krise. Eine gewisse Ernüchterung ist auch einem UBS-Memo vom September 2010 zu entnehmen, wo es heisst: «Für viele (Mitarbeiter) hat die IPS-Division noch nicht zu bemerkenswerten Veränderungen geführt.»
Der Pionier geht von Bord
Der damalige Chef Amschwand bemühte sich denn auch, den Kampfgeist am Leben zu erhalten: «Wir haben die richtigen Leute im Einsatz und werden mit ihnen Win-win-Lösungen verkaufen.» In einem Mail an seine Kundenberater stellte er zudem klar: «Wir sollten uns nicht scheuen, das Wort ‹verkaufen› zu verwenden.»
Der Rest ist Geschichte. Weltwirtschaft und Börsen tauchten massiv ab – entsprechend harzig erwies sich der Plan, die Kunden «in bessere Produkte zu bewegen», wie intern die Devise lautete.
Für einige Verwunderung sorgte dann im letzten Februar die Nachricht, dass IPS-Pionier Amschwand per 1. März durch den Iren William Kennedy ersetzt werde. Offiziell hiess es, er habe die Aufbauarbeit vollbracht, es sei nun an einem frischen Manager, fortzufahren. Merkwürdig bleibt, dass der verdiente Amschwand die UBS verliess und seither als Präsident der Standortförderung des Kantons Obwalden fungiert. Er war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
«Die Abteilung soll künftig die Prozesse beschleunigen»
Kennedy richtete die IPS-Einheit per 1. Juli organisatorisch wie auch personell neu aus. «Sie soll als ‹Prozessbeschleuniger› agieren», sagt er. Mitunter trage man auch mit der Verlagerung von Funktionen in andere Bankabteilungen den veränderten Marktbedingungen Rechnung, ergänzt UBS-Sprecher Yves Kaufmann.
So mutiert die IPS-Abteilung zum Nukleus der UBS-Strategie von morgen. Nur wenige Tage vor Bekanntgabe des Semesterergebnisses will indessen niemand bei der Grossbank etwas von Abbauplänen wissen. Immerhin wird eingeräumt, dass man beim «aktuellen Setup eine gewisse Flexibilität» beibehalten möchte, wie sich UBS-Sprecher Yves Kaufmann äusserte.
(tno)