Es ist ein starker Stromstoss, den Präsident Weber da der UBS versetzt. Wer im letzten ING-Geschäftsbericht blättert, findet dort kein einziges Konzernleitungsmitglied mit Krawatte, und der neue UBS-Kapitän Ralph Hamers gönnt sich sogar zwei offene Hemdknöpfe. Modekenner mögen darin einen Beleg für die traditionell eher lässige niederländische Kultur sehen, doch das reicht nicht ganz als Erklärung: Der Neue steht auch für neue Inhalte.
Ja, die Rufe der Nörgler schallen laut: Hamers ist ein Retail-Mann ohne Erfahrung in der UBS-Königsdisziplin Wealth Management, ausserhalb der Niederlande ist er nicht gross verhaltensauffällig geworden, und die Investmentbanker in London und New York schnöden laut: Ralph Who?
Frischer Impuls für die behördenartige UBS
Aber eben: Der Neue bringt Experimentierfreude, Direktbanken-Knowhow und vor allem Erfahrung in der Erschliessung digitaler Kundengruppen. Ein frischer Impuls für eine Bank, über die sich zuletzt Mehltau gelegt hat: Von unzähligen Regulatorien eingeschnürt, wirkt sie fast wie eine Behörde.
Den Permafrost der Mittelmanagement-Veteranen zu durchbrechen und neue unternehmerische Impulse hervor zu kitzeln, wird die Hauptmission des Neuen sein. Dass Weber diese Notwendigkeit erkannt hat, ist ihm hoch anzurechnen. Die Widerstände, so viel sei prognostiziert, werden nicht klein sein. Hamers muss hart starten, um nicht schnell als Sparkassen-Chef abgestempelt zu werden.
Vergleichbar mit Chefwahl bei Nestlé
Am ehesten vergleichbar ist die Wahl mit Mark Schneider bei Nestlé: ein überraschender Externer mit wenig Facherfahrung für seinen neuen Job. Weber wandelt damit auf den Pfaden des grossen Peter Brabeck. Dessen Wette auf Schneider ging voll auf, und das hoffen wir auch für die UBS und ihre darbenden Aktionäre.
Bei Nestlé wurde der bisherige CEO Paul Bulcke damals auch VR-Präsident, um zu wilde Triebe des Neuen zu bremsen. Das scheint auch bei der UBS die wahrscheinlichste Option, auch wenn sich alle Beteiligten naturgemäss bedeckt halten. Axel goes Peter. Und, diese These sei gewagt: Sergio goes Paul.