Der Schuldspruch und die Milliardenbusse gegen die Grossbank UBS vom Mittwoch in Frankreich zeigen, dass das Steuerthema für die Schweizer Banken weiterhin nicht erledigt ist. Einige Beobachter befürchten nun sogar, dass das französische Urteil ähnliche Klagen aus anderen EU-Ländern gegen Schweizer Institute ermutigen könnte.

Der harsche Schuldspruch des Pariser Gerichts vom Mittwoch gegen die UBS und vor allem die Strafzahlungen in Milliardenhöhe sorgen für Erstaunen. Juristisch könne er das Urteil weiterhin nicht ganz nachvollziehen, meint etwa Wirtschaftsrechtsprofessor Peter V. Kunz im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP.

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Rechtsprofessorin Monika Roth von der Hochschule Luzern hält nach einer ersten Durchsicht des Urteils den Schuldspruch zwar grundsätzlich für nachvollziehbar: Schliesslich gehe es in der Anklage um sehr gravierende Delikte wie qualifizierte Geldwäscherei und Steuerbetrug. Ebenfalls nicht nachvollziehen kann sie allerdings die Argumentation bezüglich der 3,7 Milliarden-Busse.

An der UBS verdienen?

Das aufsehenerregende Urteil von Paris könnte nun für Länder wie Spanien, Italien oder Griechenland durchaus eine Versuchung bedeuten, ähnliche Prozesse mit hohen Vergleichssummen anzustreben, mutmasst der Wirtschaftsrechtsprofessor von der Universität Bern. Dabei dürften auch die chronisch angespannten Staatshaushalte dieser Staaten einen Anreiz bilden. «Andere Länder sehen nun an dem französischen Urteil, wie gut sich an einem solchen Prozess verdienen lässt.»

Allerdings habe es sich bereits mit dem Beginn des Steuerstreits mit den USA vor rund zehn Jahren abgezeichnet, dass auch andere Staaten das «Drehbuch der USA» zur Hand nehmen dürften, sagt Kunz. Das sei ja in der Folge - etwa von Seiten der deutschen Justiz - auch geschehen. «Glücklicherweise haben die UBS und weitere Banken in vielen Ländern bereits Vergleiche abgeschlossen.»

Zurückhaltender ist in dieser Frage Rechtsprofessorin Roth. Sie weist darauf hin, dass sich die Fragen des Steuerstreits mit der Einführung des automatischen Informationsaustauschs (AIA) ja zumindest bezüglich der Zukunft entschärft hätten. Verfahren gegen Finanzinstitute hätten zudem immer eine sehr lange Dauer - womit ihnen irgendwann auch die Verjährung drohe. «Jeder gute Anwalt beherrscht das Spiel mit den Verjährungsfristen.»

Hängige Verfahren

Besorgnis über weitere Klagen gegen die Grossbank gibt es allerdings auch in Investorenkreisen. Während die Aussichten für die UBS in einem Berufungsverfahren sehr ungewiss seien, könnte der französische Fall die Möglichkeit von Klagen in weiteren Jurisdiktionen öffnen, schreibt Aktienanalyst Andrew Lim von der Société Générale in einem Kommentar.

Der Bankenanalyst der französischen Grossbank verweist dabei auch auf den jüngsten Finanzbericht der UBS: Laut diesem ermittelt etwa in Belgien ein Staatsanwalt seit dem Jahr 2016 wegen Steuerbetrug und Geldwäscherei gegen die Schweizer Grossbank. Im Jahr 2018 hätten laut dem UBS-Dokument zudem die Steuerbehörden ebenso wie ein Staatsanwalt die UBS wegen Steuern und Bussen aufgrund ihrer Aktivitäten von 2012 bis 2017 als «potenziell haftbar» erklärt.

Doch noch Vergleich?

Ob die Schweizer Grossbank nach dem sehr negativen Urteil den wohl noch Jahre dauernden Berufungsprozess tatsächlich durchziehen wird, ist für den Berner Wirtschaftsrechtler Kunz noch offen. Zudem berge der Berufungsprozess auch für die französische Staatsanwaltschaft einige Risiken. Der Berner Professor könnte sich deshalb durchaus vorstellen, dass die UBS das Verfahren in einigen Monaten mit einem Vergleich mit der Staatsanwaltschaft beilegen wird.

(awp/mlo)