Der geplante Umbau der Credit Suisse weckt bei Anlegerinnen und Anlegern Bedenken wegen möglicher Interessenkonflikte. Als Kernstück der Sanierung will die krisengeplagte Schweizer Grossbank Teile ihrer Investmentbank CSFB abspalten oder verkaufen.

Investorinnen und Investoren und Stimmrechtsberaterinnen und -Berater setzen nun ein Fragezeichen hinter die Rolle, die die beiden Verwaltungsräte Michael Klein und Blythe Masters bei den Entscheidungen spielten.

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Klein trat Ende Oktober aus dem Verwaltungsrat zurück, um voraussichtlich 2023 die Leitung der Investmentbank CS First Boston (CSFB) zu übernehmen. Credit Suisse will den im Geschäft mit Firmenübernahmen und Kapitalmarkttransaktionen tätigen Bereich aus dem Konzern herauslösen, für Investoren öffnen und schliesslich möglicherweise an die Börse bringen.

Einzelheiten zu den Eigentumsverhältnissen liegen aber noch nicht vor. Einem Insider zufolge haben Klein und Credit Suisse darüber gesprochen, seine dessen eigene Firma M. Klein & Co in CS First Boston einzubringen. «Da läuten die Alarmglocken», erklärt Andreas Thomae, Corporate-Governance-Spezialist bei der Fondsgesellschaft Deka Investment.

«Es besteht ein massiver Interessenkonflikt.» Es handle sich um einen Verstoss gegen die Grundsätze der guten Unternehmensführung. Deka hält eine kleine Aktienbeteiligung an Credit Suisse, vor allem über Index-Produkte.

Ein hochrangiger Credit-Suisse-Vertreter sagte, dass eine mögliche Übernahme von Kleins Boutique durch CS First Boston zu marktüblichen Bedingungen erfolgen und einer strengen aufsichtsrechtlichen Prüfung unterzogen werden würde. Einer mit der Situation vertrauten Person zufolge ist die Deutsche Bank damit beauftragt worden, die Angemessenheit des Kaufpreises unabhängig zu beurteilen. Das Frankfurter Institut ist zugleich auch eine der Banken, die mit der Durchführung einer Kapitalerhöhung betraut wurde.

Bevorzugter Berater kommt aus Saudi-Arabien

Bis Anfang Oktober war David Miller, der Leiter des Investmentbanking- und Kapitalmarktgeschäfts der Credit Suisse, im Rennen um die Leitung von CS First Boston, wie zwei Insider sagten. Doch überraschend wurde schliesslich Klein auf den Schild gehoben. Der Wall-Street-Veteran war seit 2018 Verwaltungsrat der Credit Suisse.

Mit seiner privaten Firma war der 59-jährige in den vergangenen Jahren aber auch bevorzugter Berater Saudi-Arabiens und half dem dortigen Staatsfonds, die traditionell stark von Öl und Gas abhängige Volkswirtschaft breiter aufzustellen. Saudi-Arabien wiederum kommt bei der Sanierung der Bank eine Schlüsselrolle zu.

Die teilweise im Besitz des Königreichs stehende Saudi National Bank (SNB) will 1,5 Milliarden Franken in Credit Suisse einschiessen und möglicherweise auch in CS First Boston investieren.

Credit Suisse muss das Vertrauen wiederherstellen

Nach Angaben einer mit der Situation vertrauten Person hatte Klein Anfang Februar begonnen, zusammen mit dem Verwaltungsratspräsidenten Axel Lehmann und anderen Verantwortlichen der Credit Suisse an dem Umbau zu arbeiten. An der jährlichen Strategiesitzung im Juni im Kurort Bad Ragaz hätten Verwaltungsrat und Geschäftsleitung die Stossrichtung des Umbaus festgelegt.

Nachdem ihm am 21. Oktober - nur sechs Tage vor der Veröffentlichung der Sanierungspläne – informell der Chefposten von CS First Boston angeboten worden sei, habe sich Klein bei Diskussionen und Abstimmungen im Verwaltungsrat der Stimme enthalten, sagte der Insider.

Er frage sich, ob der Verwaltungsrat einen angemessenen Rekrutierungsprozess für den Chefposten der CSFB angestossen habe, erklärte der Direktor der Anlagestiftung Ethos, Vincent Kaufmann. Die Governance rund um die Umstrukturierung müsse sauber sein und dürfe nicht einmal einen Anschein eines Interessenkonflikts aufkommen lassen. «Die CS muss das Vertrauen wiederherstellen, und solche Zweifel werden nicht dazu beitragen, dies zu erreichen.»

Klein übernahm im Juli die Leitung eines Verwaltungsrats-Ausschusses, der den Umbau der Investmentbank vorbereiten sollte. Masters war ebenfalls Mitglied des Gremiums. Auch die Rolle der Britin sorgt für Stirnrunzeln bei Experten. Masters ist seit 2021 Beraterin beim US-Finanzinvestor Apollo und Mitgründerin einer Anlagefirma, an der Apollo beteiligt ist.

Credit Suisse will im Zuge des Umbaus einen grossen Teil des Geschäfts mit verbrieften Produkten an Apollo und die Allianz-Tochter Pimco verkaufen.

Grossbank muss aufzeigen, wie sie mit diesem Risiko umgeht

Sprecher von Masters, Klein, Miller und Apollo lehnten eine Stellungnahme ab. Credit Suisse wollte sich über die Aussagen von Verwaltungsratspräsident Axel Lehmann bei der Veröffentlichung des Restrukturierungsplans hinaus nicht äussern. Mit Blick auf Masters und Klein hatte Lehmann erklärt, dass die Bank auf die Vermeidung von Interessenkonflikten geachtet habe.

Die beiden hätten sich bei Abstimmungen der Stimme enthalten und nur geholfen, die Faktenbasis für Entscheidungen zu schaffen. «Das ist alles sehr gut dokumentiert», so der Präsident Ende Oktober.

Grossaktionär Harris Associates stellte sich hinter die Bank. «Wir glauben, dass sie mit Situationen, in denen es zu Konflikten kam, richtig umgegangen sind», erklärte der stellvertretende Vorsitzende David Herro gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Doch Credit Suisse konnte nicht alle vollständig überzeugen.

«In beiden Fällen besteht die Möglichkeit von Interessenkonflikten und die Gefahr, dass Klein und Masters auf Kosten von Credit Suisse profitieren könnten», sagt Roger Said, Geschäftsführer des Schweizer Stimmrechtsberaters Actares. «Die Bank muss aufzeigen, wie sie mit diesem Risiko umgeht und dazu transparent kommunizieren.»

(Reuters/bsc)