Strom lässt sich nicht in grossen Mengen speichern. Die Kraftwerke müssen so viel Strom produzieren, wie gerade gebraucht wird – in der Mittagszeit deutlich mehr als in der Nacht. Ein Versorgungsnetz braucht deshalb Komponenten, die Verbrauchsschwankungen rasch ausgleichen können. In der Schweiz übernehmen Speicher- und Pumpspeicherkraftwerke diese Funktion. Sie erzeugen die Spitzenenergie, denn das im Stausee gespeicherte Wasser kann innert weniger Minuten zur Stromerzeugung genutzt werden.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Pumpspeicherkraftwerke sind zudem in der Lage, Stromüberschüsse zu «speichern»: Die Kraftwerke sind mit einem oberen und unteren Staubecken ausgerüstet. Wenn der Stromverbrauch gering ist, wird das Wasser des unteren Stausees mit dem überschüssigen Strom aus anderen Kraftwerken in den oberen Stausee gepumpt und steht damit in Spitzenzeiten wieder zur Stromerzeugung zur Verfügung. Damit können Angebot und Nachfrage in kurzer Zeit ausgeglichen werden.

Bedarf nimmt zu

Mit der Öffnung der Energiemärkte und der zunehmenden Nutzung erneuerbarer Energien nimmt der Bedarf an ausgleichenden Kraftwerkskomponenten laufend zu. Wenn der Verbraucher frei ist, wo er den Strom einkaufen möchte, können Spitzenwerte regional zunehmen. Auch die vermehrte Nutzung erneuerbarer Energien macht den sicheren Betrieb der Netze anspruchsvoller, da die Stromproduktion von Solaranlagen oder Windkraftwerken vom Wetter abhängt. Bläst kein Wind oder ist die Sonne hinter den Wolken, müssen andere Kraftwerke die benötigte Energie liefern. Im umgekehrten Fall, wenn durch ein plötzliches grosses Windaufkommen zu viel Energie zur Verfügung steht, muss dieser Produktionsüberschuss rasch ausgeregelt werden, um die Netzfrequenz stabil zu halten. In diesem Fall kann der Strom verwendet werden, um das Wasser in das höhere Becken eines Pumpspeicherwerks zu pumpen. Die Anlagen können ihren Betrieb rasch umschalten und erreichen in wenigen Minuten die volle Pump- oder Generatorleistung. Auch bei Blackouts können Pumpspeicherwerke die Stromproduktion aufnehmen, da sie in der Regel keinen Hilfsstrom zum Anlaufen benötigen.

Umstrittenes Konzept

Trotz all dieser Vorteile sind Pumpspeicherkraftwerke in der Schweiz umstritten. Ein Grund ist die Energiebilanz der Kraftwerke. Laut der Schweizerischen Energiestiftung SES braucht es 1,3 kWh Pumpenergie um 1 kWh Strom zu produzieren. Damit verbrauchen die Anlagen mehr Strom als sie liefern. Zudem stellt sich die Frage, woher der Pumpstrom stammt. Kohle- und Kernkraftwerke produzieren Bandenergie, das heisst, ihre Stromproduktion ist konstant über den Tag verteilt. In der Nacht, wenn der Stromverbrauch gering ist, gelangt der überschüssige Strom zu tiefen Preisen auf den europäischen Strommarkt. Wird dieser genutzt, um das Wasser in das obere Speicherbecken zu pumpen – für die Energieversorger eine finanziell attraktive Lösung –, kann nicht mehr von CO2-neutraler Wasserkraft gesprochen werden. Gegner sprechen gar von «Stromwaschanlagen» für europäischen Kohle- und Atomstrom. Um in dieser Frage Klarheit zu schaffen, hat das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) eine Verordnung über den Nachweis der Produktionsart und Herkunft von Elektrizität verabschiedet.

Grossprojekte in der Schweiz

Bei der Herstellung von Herkunftsnachweisen muss neu nach genau definierten Richtlinien vom total erzeugten Strom diejenige Menge abgezogen werden, die durch das Pumpen verbraucht wird. Damit wird sichergestellt, dass nur dann Herkunftsnachweise für Wasserkraft ausgestellt werden, wenn der Strom tatsächlich aus erneuerbaren Quellen stammt.

In der Schweiz sind unter anderem zwei grosse Projekte in Planung. Im August 2008 hat das Uvek den SBB die Konzession für den Betrieb des Pumpspeicherkraftwerks Nant de Drance im Wallis für eine Dauer von 80 Jahren erteilt und damit gleichzeitig den Ausbau des Werks bewilligt. Atel und die SBB werden das Pumpspeicherwerk im Wallis mit einer Nennleistung von 4 x 157 MW ausbauen. Im Kanton Glarus befindet sich das neue Pumpspeicherkraftwerk Tierfehd der Kraftwerke Linth-Limmern (KLL) im Bau. Es wird eine Pumpleistung von 140 Megawatt und eine Turbinenleistung von 110 MW aufweisen. Mit «Linthal 2015» planen die KLL zudem ein weiteres Ausbauprojekt: Ein neues, unterirdisch angelegtes Pumpspeicherkraftwerk soll das Wasser aus dem Limmernsee in den 630 m höher gelegenen Muttsee zurückpumpen. Damit kann die heute installierte Turbinenleistung von 340 MW auf etwa 1200 MW erhöht werden; die Investitionskosten betragen rund 1 Mrd Fr.