Die «Spirit of Biel» war einst eine Ikone schweizerischer innovativer und umweltfreundlicher Ingenieurskunst. Beim «Solar Challenge» quer durch Australien war das Elektromobil 1990 das Schnellste gewesen. Die Bilder gingen um die Welt. Technologisch ist die Schweizer Solarforschung noch Spitze. Doch im international boomenden Geschäft mit Solarenergie spielen Schweizer Anbieter eine marginale Rolle. «Es fehlen die Förderprogramme und die steuerlichen Erleichterungen, welche diesen Technologien zur Durchsetzung verholfen hätten», sagt Ion Karagounis, Geschäftsleiter der Stiftung Praktischer Umweltschutz Schweiz (Pusch).

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Konsequente Umweltpolitik wird beispielsweise in Dänemark oder in den Niederlanden betrieben, wo auf der Basis von marktwirtschaftlichen Instrumenten und Anreizen energie- und ressourcenfreundliche Technologien gefördert werden. In Deutschland hat das Erneuerbare-Energien-Gesetz von 2001 einen Boom für Strom aus regenerativen Quellen ausgelöst. und einen Wirtschaftszweig mit jährlich 10 Mrd Euro Umsatz und 120000 Beschäftigten erschaffen.

Innovation durch Vorschriftszwang

In der Schweiz provozieren Umweltgesetze und -auflagen zunächst einen Abwehrreflex. «Die kurzfristige Aussicht auf höhere Kosten schreckt ab. Zudem ist das Vertrauen in die Flexibilität und Innovationskraft der Wirtschaft offenbar klein», sagt Gabi Hildesheimer, Geschäftsleiterin für ökologisch bewusste Unternehmensführung (ÖBU).

Paradebeispiel für eine Umweltvorschrift, welche um sie zu erfüllen die Innovationen erzwang, ist der amerikanische «Clean Air Act» von 1970. Dieser sah vor, dass die Autoabgase innerhalb von sechs Jahren um 90% zu verringern seien. Die Vorschrift brachte als Nebeneffekt die Einführung des Katalysators und des bleifreien Benzins mit sich. Voraussetzungen waren die klare Zielsetzung und die technische Machbarkeit zu vertretbaren Kosten. «Die Industrie braucht Anreize, in Forschung und Innovation zu investieren», ist Karagounis überzeugt.

Preispolitik ist auch Umweltpolitik

Manche setzen die Anreize selber: Die in der Gebäudetechnik tätige Ernst Schweizer Metallbau in Hedingen ZH, ein Familienunternehmen mit 120 Mio Fr. Umsatz, setzt seit 1978 auf Umweltmanagement. Energie- und Materialkosten werden laufend gesenkt. Den Kunden wird Mehrwert durch umweltfreundliche Lösungen geboten, die wiederum Kosten sparen. «Wir hatten jeweils einen Vorsprung auf neue Umweltauflagen», sagt Nachhaltigkeitsmanager Urs Frei. Politischen Handlungsbedarf macht aber auch er aus. «Sinnvoll wäre, wenn Bund, Kantone und Gemeinden bei der Ausschreibung von Projekten strengere ökologische Auflagen definierten.» Die öffentlichen Auftraggeber denken zu kurz, wenn sie den Wettbewerb nur über den Preis spielen lassen.



Trauerspiel um Einführung der Partikelfilterpflicht: Kehrtwende folgt auf Kehrtwende

«Es müssen zuerst die Alarmglocken schrillen, damit wichtige Umweltmassnahmen eingeleitet werden.» Das beobachtet Walter Ryser, Chef des Umweltingenieurbüros Rytec, während seiner Berufsjahre. Immer schriller und lauter warnen Umwelt- und Gesundheitsorganisationen, dass Russpartikel und Feinstaub schädlich seien. Dieselmotoren ohne Partikelfilter sind allein in der Schweiz für 3000 bis 4000 vorzeitige Todesfälle verantwortlich, schätzt die Weltgesundheitsorganisation WHO. Dass Dieselabgase Krebs erregen, ist längst erwiesen.

Doch der Bundesrat tut sich schwer mit der Einführung der Partikelfilterpflicht und reiht Kehrtwende an Kehrtwende im Bereich Klimaschutz. Aus Angst vor der EU, die mit der Einführung neuer Abgasnormen bis 2011 wartet, lehnte der Bundesrat im letzten Frühling das geforderte Partikelfilter-Obligatorium für neue Dieselfahrzeuge ab. Das für grosse Baumaschinen bereits beschlossene Filterobligatorium will die Branche und namentlich die SVP wieder rückgängig machen. Ausnahmsweise berufen sich die Gegner auf die EU. Ausserdem seien die Investitionen wirtschaftlich nicht tragbar. Die Lungenkrankheiten, welche durch Feinstaub verursacht sind, kosten das Gesundheitssystem Milliarden.

Im letzten November teilte der Bundesrat mit, auf das Bonus-Malus-System bei Autoimporten zu verzichten. Es hätte Neuwagen mit tiefem Benzinverbrauch gefördert. Noch im Sommer hatte der Bundesrat es als wichtige Alternative zur CO2-Abgabe und als Massnahme im Kampf gegen den Feinstaub angepriesen. Ob die Partikelfilterpflicht für Baumaschinen auch noch kippt, entscheidet das Parlament. (hy)