Pan Yue, Vizeminister der chinesischen Umweltbehörde, kommt aus dem Klagen nicht mehr heraus: Der Umweltzustand im Reich der Mitte befinde sich, so der Minister im Nachrichtenmagazin «Spiegel», in einem desaströsen Zustand. Die Hälfte des Wassers der sieben grössten Flüsse ist völlig unbrauchbar, ein Viertel der Bürger hat keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und weniger als 20% des städtischen Mülls werden umweltverträglich entsorgt.

Übersetzt bedeuten solche Zustände für Schweizer Umwelttechnik-Unternehmen: Hier schlummert ein gewaltiger Markt. Ob Messstationen, Klär- und Müllverbrennungsanlagen oder alternative Energieerzeugung - hiesige Betriebe wie die Zürcher Von Roll Inova, die Winterthurer CTU AG, die Reichenburger Mecana AG oder die Zulieferantin ABB Schweiz gehören dank langjähriger Erfahrung zur internationalen Spitzengruppe (siehe auch Kasten). Denn die Schweiz gilt in Sachen Umweltschutz nach wie vor als Musterland.

*Konkurrenten holen auf*

Noch bis vor einigen Jahren waren Schweizer Unternehmen unangefochten technologisch führend. Mittlerweile haben die Konkurrenten aufgeholt. Sie stammen vorwiegend aus Deutschland und Frankreich.

Grund für die Aufbruchstimmung sind diverse Umweltschutzabkommen - etwa das Kyoto-Protokoll, die verschärften Emissions-Richtlinien der Europäischen Union oder neue Gesetzesregelungen im Riesenmarkt Deutschland zur Hausmüllbehandlung.

Das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (Buwal) schätzt den jährlichen Weltmarkt für Umwelttechnologien auf 550 Mrd Euro. Allein China macht laut Branchenkennern zwischen 30 und 50 Mrd Fr. aus. Zum Vergleich: Schweizer Firmen exportieren jährlich Güter im Wert von 1,4 Mrd Fr., im Inland liefern sie für 6,7 Mrd Fr. Der Schweizer Umweltmarkt gilt allerdings als gesättigt. «In den klassischen Bereichen wie Abwasserreinigung oder Müllverbrennung erreicht die Schweiz einen Deckungsgrad von über 95%», bestätigt Branchenexperte und Berater Heinz Habegger. Neue Anlagen werden keine gebaut, die Branche lebt überwiegend von Serviceverträgen und Teilinvestitionen. Wer im Inland neue Aufträge an Land ziehen will, muss sich laut Habegger spezialisieren, etwa auf Lärmschutz, Recycling oder neue Abwasserbehandlungstechnologien.

Die Mehrheit der Unternehmen, darunter auch die in der thermischen Abfallbehandlung tätige Von Roll Inova, hat sich dem Exportgeschäft zugewandt. Gemäss einer Studie, die Branchenkenner Habegger 2003 für das Buwal anfertigte, gehören primär die osteuropäischen Staaten Tschechien, Polen und Ungarn zu den Wachstumsmärkten der kommenden Jahre. «Hier ist der Wettbewerb noch moderat», stellt Habegger fest.

Eine weitere Wachstumszone sind nordafrikanische Staaten wie Marokko, Tunesien und Ägypten. Die dritte Boomregion ist Asien, insbesondere China. Allerdings tobt hier bereits ein ähnlich harter Wettbewerb wie in Europa. Deshalb sind dort überwiegend Grosskonzerne tätig, die über entsprechende Ressourcen verfügen. Dazu gehört auch ABB Schweiz, die dank segmentübergreifender Organisation an Grossaufträgen partizipiert, etwa beim Anlagenbau zur Windenergieerzeugung.

*Von Roll Inova will ausbauen*

Ebenfalls stark exportorientiert ist die Zürcher von Roll Inova. Das Unternehmen, das 2004 einen Umsatz von 411 Mio Fr. erzielte, zog im Oktober einen Grossauftrag über 95 Mio Fr. für den Bau einer Abfallbehandlungsanlage im deutschen Strassfurt an Land.

Künftig will von Roll Inova laut Sprecherin Anka Kästner zudem in viel versprechende Märkte expandieren, primär nach Grossbritannien und Südeuropa. Gemeinsam mit dem Mutterhaus, der AE&E des österreichischen Unaxis-Eigners Mirko Kovats, arbeite man auch am Ausbau des amerikanischen Marktes.

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