Der Möbellift befördert das rote Sofa in den dritten Stock. Dort warten schon zwei Zügelmänner auf dem Balkon und hieven das gute Stück ins Wohnzimmer. Fertig. Nur 45 Minuten haben die vier Mann und ein Möbellift benötigt. Dann war alles Umzugsgut in der 31/2-Zimmer-Wohnung. Die komplette Zügelte von Basel nach Zürich dauerte zweieinhalb Stunden. Kostenpunkt: 3161.30 Fr. inklusive Verpackungsmaterial.
*Verdrängungskampf ist gross*
Der 1. April steht bevor. Dann haben die Umzugsunternehmen wieder Hochsaison. Die Basler Keller Swiss Group - mit 320 Mitarbeitern die Nummer eins unter den Schweizer Umzugsspeditionen - ist ausgebucht. «Der Firma geht es gut», sagt Verkaufsdirektor Hans Zünd.
Doch das gilt nicht für die gesamte Branche. Der Verdrängungskampf ist gross. Zum Volumen des Marktes existieren zwar keine konkreten Zahlen, doch eines steht fest: Es gibt zu viele Unternehmen in der Schweiz. Zudem sind 70% der im Branchenverband Astag organisierten 300 Möbeltransporteure KMU oder Kleinstfirmen. Keiner der Unternehmer will seine Geschäftszahlen offen legen. Nur so viel verrät Wolfgang Nägeli: «Wir wachsen zwar nicht, aber wir entwickeln uns auch nicht rückwärts.» Andere Firmen wären froh, wenn sie das von sich behaupten könnten, meint der Inhaber des gleichnamigen Zürcher Unternehmens und ergänzt: Der Preiskampf ist hart. «Geiz ist geil» gilt auch für die Zügelbranche.
Ulrich Oeler, Geschäftsführer von Kehrli+Oeler, klagt über Dumpingpreise: «Umzüge innerhalb Berns, für die wir 2000 Fr. verlangen, machen andere für 600 Fr. Das liegt unter unserem Selbstkostenpreis.» So unterschiedlich wie die Preise, seien dann aber auch die Leistungen. Er kritisiert den «Wildwuchs» im Gewerbe. Die Einstiegsschwelle sei tief: «Jeder kann ein Zügelunternehmen aufmachen, indem er sich ein Fahrzeug mietet und Temporärbeschäftigte anheuert.» Mit diesem Modell fallen keine Fixkosten an. Andere Firmen, wie Kehrli+Oeler, haben ihre Firma nach internationalen Standards zertifizieren lassen, bieten Vollservice vom Einpacken bis zur Wohnungsreinigung und schulen ihre Mitarbeiter.
Hinzu kommt, dass Umzugsfirmen aus dem Ausland mit massiv billigeren Preisen um Schweizer Kunden buhlen. Was per Gesetz zwar nicht erlaubt ist, findet dennoch statt, weiss Ruedi Matti, Bereichsleiter Gütertransporte beim Schweizerischen Nutzfahrzeugverband Astag: «Was den Preis anbelangt, können die Schweizer oft nicht mithalten. Denn hierzulande sind allein die Fiskalkosten viermal höher als in Deutschland.» Der Astag, in dem 5000 Transportfirmen mit 200000 Mitarbeitern organisiert sind, fordert deshalb stärkere Kontrollen gegen die unlautere Konkurrenz. Ulrich Oeler schätzt, dass die Preise in den vergangenen fünf Jahren um 5 bis 10% gesunken sind, und das bei höheren Abgaben und Lohnkosten.
Doch nicht nur, wenn es um Geschäftszahlen geht, ist die Branche verschwiegen. Auch über die Kunden spricht man nicht gerne. Ulrich Oeler verrät aber doch, dass sein Unternehmen bereits den Umzug mehrerer Bundesräte gemanagt hat. Auch Bedienstete des EDA und von Botschaften zügeln mit dem Berner Traditionsunternehmen, das zu den grösseren in der Schweiz zählt. Die Kunden sind nicht nur preisbewusster, sondern auch anspruchsvoller geworden.
Wer im Wettbewerb bestehen will, muss effizient arbeiten. Dabei helfen unter anderem technische Hilfsmittel wie Aussenlifts oder Treppenroboter. Andere Unternehmen setzen auf zusätzliche Einnahmequellen, wie die Basler Firma Settelen mit einem Busunternehmen und dem Autohandel. Die Zürcher Firma Nägeli betreibt mit ihren 35 Mitarbeitern einen Zügelshop und ein Möbellager. Andere suchen ihr Heil in der Spezialisierung, wie die Westschweizer Firma Henri Harsch, die sich mit klimagesteuerten Lastern auf den Transport von Kunstgegenständen konzentriert.
Ein bewährtes Mittel gegen den Preisdruck sind Qualität und Serviceleistungen. Deshalb haben sich die 30 grössten Firmen der Branche zum Verband der Schweizerischen Umzugsunternehmen (VSU) mit 2000 Beschäftigten zusammengeschlossen. Dazu gehören auch die Keller Swiss Group, Packimpex, Kehrli+Oeler, Weber-Vonesch und Welti-Furrer. Hans Zünd, Verkaufsdirektor der Keller SwissGroup ist überzeugt: «Können sie die Bedürfnisse eines Kunden zu 100% erfüllen, dann ist die Frage nach dem Preis sekundär.» Der Erfolg scheint ihm recht zu geben: 50% der Aufträge seien bei seiner Firma auf Empfehlungen zurückzuführen. 50% der Offerten ziehen auch einen Auftrag nach sich.
Die VSU-Mitglieder haben ihre Unternehmen nach den Qualitätsstandards des Weltverbands zertifizieren lassen. Sie sind stark international ausgerichtet und zählen Grossbanken, Versicherungen oder die Pharma-Branche zu ihren Kunden.
Auch vor Zügelfirmen macht der «Geiz-ist-geil»-Trend nicht halt. Die Kunden erwarten mehr, wollen aber weniger zahlen.
Von Patricia Faller
am 07.03.2006 - 19:38 Uhr
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