Der Einkaufstourismus ennet der Grenze zu Deutschland boomt weiter auf Rekordniveau – zum Ärger der Schweizer Detailhändler und mancher Politiker: Laut den Hauptzollämtern Singen und Lörrach wurden in den ersten drei Quartalen 2014 mehr als 11,5 Millionen Ausfuhrscheine gestempelt – ein Anstieg um 16 Prozent im Vorjahresvergleich.

Topseller mit einem Umsatzvolumen von 3,4 Milliarden Franken im Jahr 2013 sind Near-Food-Artikel und Nahrungsmittel, bevorzugt Fleischwaren. An dritter Stelle folgen Kleidung und Textilien mit einem Gesamtvolumen von 2,5 Milliarden. «Wir gehen davon aus, dass der Umsatz im Einkaufstourismus 2014 erneut bis zu zehn Milliarden Franken beträgt», bestätigt Patrick Marty, Pressesprecher der Interessengemeinschaft Detailhandel Schweiz (IG DHS), gegenüber BILANZ. Das wären wie im Vorjahr beachtliche zehn Prozent des Schweizer Gesamtumsatzes.

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Beliebteste Einkaufsziel der Schweizer

Deutschland ist laut GfK-Marktmonitor das beliebteste Einkaufsziel der Schweizer. Deutsche Händler nahmen 2013 umgerechnet fünf Milliarden Franken ein. Der günstige Euro lockt. «Schweizer Kunden haben eine hohe Kaufkraft, aber auch eine klare Erwartungshaltung gegenüber dem Detailhandel. Ohne nachvollziehbaren Grund wollen auch sie nicht mehr zahlen», so Marty.

Der gefühlte Preisunterschied sitzt hartnäckig in den Köpfen der Schweizer, obwohl Preissenkungen seit 2012 stattfanden: Bei Nahrungsmitteln schrumpften Preisunterschiede gegenüber den umliegenden EU-Ländern von 45 Prozent auf 37 Prozent im Vorjahr. Bei Bekleidung sank der Preisunterschied von 33 Prozent auf 17 Prozent. Dennoch kämpfen die Marktriesen Coop und Migros in Grenzregionen mit schwachen Umsatzzahlen.

«Den Schweizer fiskalisch zu bestrafen, ist Schwachsinn»

SVP-Nationalrat Hans Fehr fordert zur Eindämmung der Auslandskauflust die Abschaffung der Mehrwertsteuer-Rückvergütung in Höhe von 19 Prozent – und löst starke Kritik bei der IG DHS aus: «Den Schweizer fiskalisch zu bestrafen, ist Schwachsinn. Wir können Deutschland kaum vorschreiben, wie es seine Steuerpolitik zu gestalten hat», so Marty.

Viel wichtiger als die Suche nach einem Sündenbock sei die Deregulierung des Schweizer Marktes: «Wir müssen bei den Standortnachteilen politische Fortschritte machen. Es kann nicht sein, dass nach wie vor Schweizer Sondervorschriften und uneinheitliche Ladenöffnungszeiten den Detailhandel benachteiligen.» Ein Regulationsabbau hätte, so Marty, für den Schweizer Konsumenten auch niedrigere Preise zur Folge.