Es ist ein anderer Kevin Plank, der am Dienstag Bilanz für seine Firma Under Armour zieht. Statt der früheren Attacken auf Wettbewerber und selbstbewusster bis arroganter Sprüche gibt sich der Chef des amerikanischen Sportartikelherstellers kleinlaut und einsichtig. Ein «hartes Jahr» habe Under Armour hinter sich, gibt er zu und verspricht den Investoren: «Wir hören euch.»

Es ist noch nicht lange her, da galt Under Armour als die neue Wundermarke der Branche. In den USA überholte die «UA» abgekürzte Firma sogar kurzzeitig den deutlich grösseren Konkurrenten Adidas. «Wir stehen nicht im Wettbewerb mit unserem dümmsten Konkurrenten», polterte Plank damals in Bezug auf Adidas. Alles schien möglich, selbst dass aus dem Zweikampf in der Sportartikelbranche zwischen Nike und Adidas ein Dreikampf werden könnte.

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Probleme im Mutterland

Doch inzwischen ist Ernüchterung eingekehrt. Vor allem auf dem Heimatmarkt hat UA massive Probleme. Im vergangenen Jahr brach das Wachstum ein. Statt der gewohnten gut zweistelligen Zuwachsraten konnte Under Armour 2017 weltweit lediglich um drei Prozent auf knapp fünf Milliarden Dollar zulegen. Die meisten Konkurrenten steigerten ihre Umsätze hingegen deutlich stärker. Selbst Puma, die kleinere der deutschen Sportmarken, konnte so mit einem Umsatz von 4,13 Milliarden Euro an Under Armour vorbeiziehen.

Under_Armour_Sportmarke

Under-Armour-Schuh: Die USA sind der mit Abstand wichtigste Markt.

Quelle: Keystone

Nicht mehr in Mode

Nun rächt sich, dass die Marke anfangs so stark auf Nordamerika konzentriert war. Dort ist Under Armour derzeit vor allem ausserhalb des Sports nicht mehr angesagt. Während Adidas und Nike im sogenannten Lifestyle-Geschäft mit Sneakern und Kleidung für den Alltag gut verdienten, wollen die Amerikaner in ihrer Freizeit ausserhalb des Fitnessstudios nicht mehr so häufig mit dem Logo von UA gesehen werden.

In Deutschland läuft der Trend bislang noch in die entgegengesetzte Richtung. In der Rangliste der beliebtesten Marken bei der Sporthändlervereinigung Intersport konnte Under Armour im vergangenen Jahr einen weiteren grossen Sprung nach vorn machen. Lag die Marke 2016 noch auf Platz 24, konnte sie im vergangenen Jahr zehn Ränge gut machen und liegt nun auf Platz 14.

Rote Zahlen

Under Armour rutschte 2017 trotz der positiven Entwicklung in vielen Auslandsmärkten in die Verlustzone und erwirtschaftete ein Minus von weltweit mehr als 48 Millionen Dollar. Der Verlust wäre sogar noch grösser ausgefallen, wenn sich das Unternehmen nicht schon im vergangenen Jahr einen Restrukturierungsplan auferlegt hätte, auch 2018 soll nun weiter umgebaut und gespart werden. Auch ein positiver Effekt von der US-Steuerreform milderte das Minus noch ab.

Immerhin stand im letzten, dem vierten Quartal des Geschäftsjahres ein Umsatzplus und nicht wie von einigen Analysten befürchtet ein erneuter Rückgang. So konnte die Aktie von Under Armour trotz der schlechten Jahreszahlen am Dienstag zunächst zulegen. Betrachtet man allerdings die Entwicklung der Papiere im gesamten letzten Jahr, waren sie keine gute Anlage. Innerhalb der vergangenen zwölf Monate verloren die Aktien fast 40 Prozent ihres Wertes.

Neue Bescheidenheit

Konzernchef Plank sagte, es brauche Zeit, das Unternehmen wieder in die Spur zu bringen. Man habe in der Vergangenheit sehr stark vor allem auf starkes Wachstum gesetzt. Er versprach künftig auch einen Stilwechsel. «Wir waren eine laute Firma mit einer leisen Marke», sagte er. «Und wir werden in diesem Jahr eine leise Firma mit einer lauten Marke sein.»

Zumindest einer hatte den Absturz und das schnelle Ende des Hypes um Under Armour früh vorhergesehen. Als Plank von Adidas als dem «dümmsten Konkurrenten» sprach, liess sich auch der damalige Adidas-Chef Herbert Hainer zu einer öffentlichen Antwort hinreissen. «In den vergangenen Jahren hab ich schon viele Marken gesehen, die schnell cool und hip waren», sagte er damals. «Am Schluss blieben immer nur zwei übrig: Nike und wir.» Es sieht so aus, als würde Hainer recht behalten.