Wer kennt sie nicht, die Grusskarten von Unicef? Genügte es früher – überspitzt formuliert –, ein paar Kindergesichter ins Bild zu rücken, um potenziellen Spendern in den Industrieländern das Herz und womöglich gleich auch noch das Portemonnaie zu öffnen, muss heute selbst das traditionsreiche, weltweit anerkannte Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen viel härter und mit differenzierteren Methoden um ausreichende Aufmerksamkeit kämpfen.

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Immer mehr Hilfsorganisationen balgen sich um ein insgesamt stagnierendes Spendenaufkommen, was die etablierten Organisationen zum Überdenken ihrer Strategien zwingt. Auch in der Schweiz, wo der nationale Ableger des Uno-Kinderhilfswerks bis vor nicht allzu langer Zeit einer Art karitativ motivierter Kartenverkaufsstelle glich. «Unicef Schweiz war bisher stark auf das Versenden von Direct-Mailings konzentriert», bestätigt Beat Imwinkelried, der das Kinderhilfswerk zusammen mit einer Gruppe von gleich gesinnten Absolventen der Kaderschmiede IMD nach betriebswirtschaftlichen und marketingrelevanten Gesichtspunkten durchleuchtet hat. «Die ganze Organisationsstruktur stützt sich auf diese Tatsache ab.» Bei Unicef Schweiz war man sich des Handlungsbedarfs bewusst, weshalb man das Angebot – eine andere Form von Spende – gerne entgegennahm.

Unterstützt wurden die IMD-Alumni von einem Expertenteam der Beratungsfirma Accenture, wobei bemerkenswert erscheint, dass für alle Beteiligten die gelebte «corporate social responsibility» im Vordergrund stand. Nicht nur die Ehemaligen von der Lausanner Kaderschmiede, die heute in den unterschiedlichsten Branchen und Positionen tätig sind, sondern auch die professionellen Partner von Accenture stellten ihr Know-how und ihre Arbeitszeit Unicef Schweiz unentgeltlich zur Verfügung.

Folgende Fragen standen bei der im Juni 2004 abgeschlossenen Untersuchung im Vordergrund: Was erwarten moderne Spender, und was bedeutet dies für Organisationen wie Unicef – eine Organisation mit derzeit 24 Vollzeitstellen, die von Zürich Oerlikon aus jährlich mehr als 30 Millionen Franken an Spendengeldern generiert? Wie lässt sich das Fundraising effizienter gestalten? Wo liegen die Potenziale fürs künftige Spendenaufkommen?

Um sich von Mitbewerbern wie World Vision oder Médicins sans Frontières zu differenzieren, die ebenfalls mit dem Thema Kinder auf Spendenfang gehen, müsse sich das Uno-Kinderhilfswerk auf seine spezifischen Stärken besinnen und diese aggressiver kommunizieren, lautet ein Hauptergebnis der Untersuchung. Vermehrt herauszustreichen gelte es die hohe Glaubwürdigkeit und die weltweite Akzeptanz, wenn es um nachhaltige und flächendeckende Problemlösungen für benachteiligte Kinder geht. «Der Ansatz von Unicef ist viel nachhaltiger, als irgendwo auf der Welt fünf Dörfer zu unterstützen», so Markus Enggist, Partner bei Accenture.

In Sachen Fundraising, raten die externen Berater, müsse Unicef Schweiz versuchen, neue Wege einzuschlagen. Im Visier haben sie dabei insbesondere das Firmenkundensegment. Dass Sponsoringabkommen mit potenten Geldgebern aus der Wirtschaft zum beidseitigen Vorteil gereichen können, zeigt die erfolgreiche mehrjährige Zusammenarbeit zwischen Unicef Schweiz und dem Telekom-Anbieter Orange. Bei Elsbeth Müller, der Initiantin dieser Kooperation, rannten die selbst ernannten «Göttis» offene Türen ein. «Die Spiegelung von aussen war das Spannende an dieser Übung», sagt die Geschäftsführerin von Unicef Schweiz. «Sie hat gleichzeitig dafür gesorgt, dass wir uns von innen her reflektieren konnten.»

Von einer spendenfinanzierten Organisation wird im Allgemeinen erwartet, dass sie einen möglichst hohen Prozentsatz ihrer Einnahmen an die bedürftigen Zielgruppen weiterleitet. Richtet sich ein Hilfswerk an dieser Erwartung aus, dann fehlen ihm oftmals die Mittel, um sich intern effizient organisieren zu können. Wird intern jedoch nicht professionell gearbeitet, dann gerät die betreffende Organisation schnell einmal in Verruf.

Elsbeth Müller weiss um diesen Balanceakt. Sie kennt die Risiken, die ein vermehrtes Anzapfen des Firmensegments mit sich bringt. «Man muss genau prüfen, mit wem man sich verbindet», so Müller. Nichts zu tun haben will Unicef Schweiz deshalb auch in Zukunft mit Firmen, denen ein Engagement für die schwächsten Glieder der Gesellschaft nur als Feigenblatt dient.