Zu befürchten war 2012 eine ganze Menge. Das europäische Währungssystem hätte zusammenbrechen, die Börse abstürzen oder der Schweizer Wirtschaftsmotor ins Stottern geraten können. Keine guten Aussichten, um im «year of fear», wie man da und dort sagte, ein Unternehmen zu gründen. Es kam dann alles anders. Der Euro zitterte sich ins neue Jahr, die Börse boomte, die Wirtschaft brummte. Und die Gründerzahlen hielten sich auf allerhöchstem Niveau: Nach den 39 550 Firmen, die – Rekord! – 2011 hierzulande gegründet wurden, brachte der letzte Jahrgang 39 365 Firmen-Babys hervor. Gerade mal ein halbes Prozent weniger als im Jahr zuvor, wie die Zahlen der Orell Füssli Wirtschaftsinformationen (OFWI) zeigen.
Im Branchenspiegel 2012 lagen die Unternehmensberatungen anzahlmässig einmal mehr an der Spitze. An zweiter Stelle kam die Sparte Gastronomie (Vorjahr Platz 3), gefolgt von den Investmentgesellschaften (2). Auch wenn im Jahr 2012 kaum eine Woche verging, in der man sich nicht vor einer bald zu platzen drohenden Immobilienblase fürchten musste: Die branchenspezifischen Sparten wie Architektur, Verwaltung sowie Kauf und Verkauf von Grundstücken waren auf leicht tieferem Niveau als im Vorjahr immer noch sehr aktiv. Als Gründer-Hochburgen positionierten sich – aufgrund ihrer Grösse – die Städte Zürich und Genf weiterhin an der Spitze; Zug markiert den dritten Rang.
Neu in den Top 15 der Gründer-Standorte rangierte 2012 Chiasso, das 2011 noch auf Platz 18 lag. Ganz im Süden der Schweiz ereignete sich ein eigentliches Gründerfestival; im Kanton Tessin kam es 2012 zu 18,9 Prozent mehr Firmengründungen als noch 2011. Am meisten wurden Unternehmensberatungen und Investmentgesellschaften gegründet, der national stets beliebte Gastronomiebereich lag im «Boccalino Valley» nur auf Platz 12. Angesichts der Unsicherheiten in Italien haben viele Patrons aus dem Belpaese Firmen im Tessin gegründet oder ihre Sitze dorthin – quasi «north of the border» – verlegt. Dies nicht nur aus steuerlichen Gründen, sondern auch, weil sie in der Schweiz ein wirtschaftsfreundlicheres Umfeld suchen. Solche Sitzverlagerungen haben die Tessiner Gründer-Statistik 2012 befeuert.
Starke Sogwirkung übt das Tessin auch auf die Modebranche aus. Vor allem italienische Modemacher lassen sich im Schweizer Südzipfel mit Logistikzentren und Verwaltungen nieder. Die «WirtschaftsWoche» notierte im August des «year of fear»: «Italiens Edelschneider ziehen in die Schweiz.» Keine 20 Kilometer entfernt vom Grenzübergang Como–Chiasso hätten Gucci, Zegna, Armani und Co. so einen Modedistrikt mit rund 4000 Beschäftigten entstehen lassen.