Als die schwedische Ericsson in den ersten Januartagen erfreuliche Zahlen meldete, schnellte der Aktienkurs von Huber+Suhner, Lieferantin für Elektronik und Kabel, steil nach oben. In den Augen eines Börsenanalysten war dies ein untrügliches Zeichen für bessere Zeiten in der zuvor arg gebeutelten Telekommunikationsindustrie. Und davon sollte auch der Schweizer Zulieferer aus dem zürcherischen Pfäffikon profitieren. Aber trotz den teils überschwenglichen Tönen gibt sich Urs Kaufmann, CEO bei Huber+Suhner, zurückhaltend: «Von einer klaren Trendwende zu sprechen, wäre aus meiner Sicht noch verfrüht.»

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Sich von Emotionen leiten zu lassen, das war nie die Sache des 42-jährigen ETH-Ingenieurs, der vor knapp zwei Jahren an die Spitze des Anbieters von Komponenten und Systemen für die elektrische und optische Verbindungstechnik kam. Er beurteilt die Dinge eher mit analytischem Verstand.

In jener Zeit war das auch bitter nötig. Der traditionsreiche Industriebetrieb rutschte anfangs des neuen Jahrhunderts tief in die roten Zahlen. Nun galt es, mit einem neuen Steuermann das Boot wieder klar zu kriegen. Leute, die bei der Suche nach dem neuen Chef mit dabei waren, streichen heute die Vorzüge des internen Bewerbers heraus. Er habe die gesamte Organisation gekannt und bei den Mitarbeitern eine hohe Akzeptanz genossen. Das sei der Grund, weshalb die Wahl nicht auf einen externen Kandidaten fiel.

Stellenabbau sozial abgefedert

Der Schritt machte Sinn. Der Vorgänger und jetzige Verwaltungsratspräsident Marc Cappis hatte dem Unternehmen über Jahrzehnte hinweg den Stempel aufgedrückt. Oder wie es ein Aktienanalyst ausdrückt: «Das ist der klassische Patronbetrieb.» Dies gilt auch im positiven Sinn. Als Konzernchef Kaufmann gezwungen war, weltweit 10 von 21 Betriebsstätten stillzulegen und rund 1000 Stellen zu streichen, tat er dies mit Stil. Ein früheres Verwaltungsratsmitglied erinnert sich: «Er hat nicht nur abgebaut, sondern die entlassenen Leute beraten und unterstützt.» Die finanziell gut dotierte Huber+Suhner geriet dank dieser ideellen und materiellen Grosszügigkeit nie unliebsam in die Schlagzeilen.

Der unvorhergesehene und massive Markteinbruch in der Telekommunikation war für Kaufmann auch eine Frage der Wahrnehmung: «Die Führungskräfte und Mitarbeiter müssen zuerst begreifen, dass der Wind fast über Nacht völlig gedreht hat.» Wenn in der Produktion nicht mehr genügend Arbeit vorhanden sei, dann müssten die Verantwortlichen das schwierige Thema offen ansprechen und auch handeln. Einer, der ihn aus der Nähe beobachtet hat, attestiert dem sportlichen Chef vor allem das Talent, die eingeleiteten Massnahmen auch konsequent durchzuziehen. Kaufmann verfüge über ein hohes Ansehen bei den Leuten.

Wie hat er dies trotz den unpopulären Einschnitten beim Personal geschafft? Wichtig sei der respektvolle Umgang mit allen Beteiligten: «Eine jederzeit offene, ehrliche und zeitgerechte Kommunikation sind in einer Phase des Umbruchs absolut entscheidend.»

Wie rasch die Stimmung auch bei einem «preferred supplier» drehen kann, hat der Schweizer Lieferant unliebsam zu spüren bekommen. Beim wichtigsten Abnehmer Ericsson ebenso wie bei Nokia, Motorola, Lucent und Nortel sind die Auftragsvolumen dramatisch eingebrochen. Dafür hat sich Huber+Suhner mit der Kabeldivision zum grössten europäischen Lieferanten für die Bahnen aufgeschwungen, und auch im Automobilsektor wurde ein Nischenmarkt erfolgreich besetzt. Strategisch ist die Marschrichtung mit einer geschrumpften Produktionsstruktur auf dem alten Kontinent vorgezeichnet.

Mit der Restrukturierung wurde das Projektportfolio in der Forschung und Entwicklung gestrafft. Dem Konzernchef mit einem ETH-Abschluss als Ingenieur blieb aber die Erhaltung der Innovationskraft «stets ein grosses Anliegen». Man habe sich auf weniger Projekte konzentriert und versuche diese mit gebündelten Ressourcen möglichst schnell umzusetzen. Er hält nichts davon, in einem wirtschaftlich frostigen Klima mit einer rein kurzfristig ausgerichteten Perspektive alles über Bord zu werfen. «Das Innovationspotenzial wurde mindestens erhalten», ist Kaufmann überzeugt. In den vergangenen Monaten sei es gelungen, eine stattliche Zahl von viel versprechenden neuen Produkten zu lancieren.

Gute Nachrichten mit realem Hintergrund gesucht

Gut drei Jahre nachdem Huber+Suhner in wirtschaftliche Turbulenzen geriet, verströmt der CEO erste Zuversicht: «Wir sind froh, diese Restrukturierungsphase definitiv hinter uns lassen zu können.» Ihm ist wichtig, dass man im Betrieb nicht nur über die Probleme spricht, sondern auch Fortschritte erkennt und sie im Gespräch immer wieder betont. Der grosse Wachstumsschub zeichnet sich derzeit nicht ab, obwohl die Aufträge gehäufter eintreffen. Marktbeobachter vermögen in der Telekommunikationsbranche noch keine grosse Investitionslust auszumachen. Für Kaufmann stimmt zumindest die Produktepalette. Das soll die verbliebenen Mitarbeiter anspornen. «Gute Nachrichten müssen einen realen Hintergrund haben.» Luftschlösser will er in einem noch labilen Branchenumfeld nicht bauen.

Zur Person

Urs Kaufmann (42) ist im Kanton Graubünden geboren und später in Sargans zur Schule gegangen. An der ETH in Zürich hat er sein Ingenieurstudium abgeschlossen. Danach war er bei der Zellweger Uster auf dem Gebiet der Textilelektronik als Projektleiter tätig. In den USA fusionierte er die Zellweger Uster Technologies mit der Spinlab. Bei der Huber+Suhner-Tochtergesellschaft Berchthold vollzog er eine Restrukturierung, bevor ihm als Mitglied der Gruppenleitung der Sektor Polymer Systems und das gesamte Personal unterstellt wurde. Am 1. Mai 2002 über nahm er den Vorsitz der Konzernleitung.

Urs Kaufmanns Führungsprinzipien

1. Vertrauen durch Offenheit, Ehrlichkeit und Gradlinigkeit.

2. Klare, herausfordernde und sinnvolle Ziele setzen.

3. Die kurz- und langfristige Perspektive im Auge behalten.

4. Respektvolles Zusammenarbeiten.

5. Führen durch Persönlichkeit.