Spricht Urs Schaub über Espresso, ist er fast nicht mehr zu bremsen: «Der Starbucks Espresso Roast ist eine Mischung der besten lateinamerikanischen und indonesischen Arabica-Bohnen, wobei ein hocharomatischer Espresso mit leicht süsslichen und karamelligen Geschmacksnoten entsteht.»

Der neue Starbucks-Chef sitzt im Coffeehouse am Zürcher Bleicherweg, schlürft einen Espresso Macchiato und schwärmt von Starbucks und Howard Schultz, dem «Bill Gates des Kaffees», wie «USA Today» den Gründer und Chairman der Starbucks Corporation nennt. «Ein Kaffeekenner riecht zuerst den Kaffee und muss ihn dann lautstark schlürfen», erklärt Schaub. Offenbar hat das neunmonatige Einführungsprogramm für Managing Directors in Seattle bei ihm Spuren hinterlassen.

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Zum erstenmal hat Schaub den charismatischen Starbucks-Gründer in Zürich kennen gelernt. Das war 2001 bei der Eröffnung der ersten Filiale in Europa. «Ich war beeindruckt von seiner Aura, seiner Wärme und seinem Optimismus, die man auf diese Art selten so stark bei einem Menschen antrifft.»

Damals war Schaub noch als Regional Manager bei McDonald's für die Deutschschweiz und das Tessin engagiert. Zehn Jahre lang arbeitete er für die Hamburger-Kette in der Schweiz, bevor er 2004 als designierter Chef zu Starbucks Schweiz und Österreich wechselte.

Befragt man Schaub über die Unterschiede der Unternehmenskulturen von Starbucks und McDonald's, wird er zurückhaltender. Schliesslich möchte er nichts Nachteiliges über seinen ehemaligen Arbeitgeber sagen: «Es waren fantastische zehn Jahre bei McDonald's, aber ich wollte mich weiterentwickeln und habe das Angebot von Starbucks als Chance gesehen.» Hätte er sich denn bei Mc Donald's nicht mehr weiterentwickeln können? Doch, doch, aber er möchte nun lieber über den neuen Arbeitgeber sprechen.

Starbucks hat eine Mission

«Ich kann mich total mit der Philosophie von Starbucks identifizieren», betont er. Und worin besteht die? «Wir möchten den Menschen ein aussergewöhnliches Erlebnis bieten und ihren Alltag bereichern. Neben einer wohligen Atmosphäre wollen wir vor allem Beziehungen schaffen. Die Gäste sollen erkannt werden. Denn jeder Mensch sucht Anerkennung.» Als Beispiel dafür führt er einen Barista, wie die Kaffeezubereiter heissen, in der Nähe von Seattle an. Dieser hat ihn, obwohl Schaub erst ein paar Mal dieses Coffeehouse besucht hatte, nach einer Ferienpause herzlich begrüsst mit den Worten: «Schon lange nicht mehr gesehen, schön, dass Sie wieder da sind.» Das hat ihn beeindruckt. Hinter der Starbuck-Mission steckt wohl auch ein Geschäft? «Ja natürlich, jedoch nicht an erster Stelle.»

Mit seiner Anstellung als Chef von Starbucks Schweiz schliesst sich für Schaub der Kreis nicht nur zu seiner ersten Begegnung mit Schultz, sondern auch zu seinem Geburtsland Kenia, mitunter Ursprungsland für würzigen Kaffee.

Schaubs Vater arbeitete 1968 in Nairobi als Stationsmanager der Swissair. Als Schaub drei Jahre alt war, kehrte seine Familie in die Schweiz zurück, zuerst nach Herrliberg, später in das 500-Seelen-Dorf Eich im Luzernischen.

Heute wohnt Schaub wieder in Herrliberg, zusammen mit seiner Frau und den beiden Kindern, dem 6-jährigen Elias und der 8-jährigen Nahome, in einem Doppeleinfamilienhaus mit einem grossen Garten. Seine Frau, eine Ex-Flight Attendant bei der ehemaligen Swissair, schaut vor allem auf Kinder, Haus und Garten: «Meine Frau macht das gern, das ist ihre Berufung.» Wenn nicht geschäftlich abwesend, versucht Schaub, jeweils um 19 Uhr zuhause zu sein, um mit der Familie dann gemeinsam zu essen, die Kinder ins Bett zu bringen und mit ihnen zu beten, weniger aus Religiosität als vielmehr aus Dankbarkeit, dass nicht alles selbstverständlich ist. Trotzdem ist Schaub überzeugt, dass jeder Mensch sein Glück selber in die Hand nehmen kann. «Wenn man optimistisch in den Tag geht und zuversichtlich ist, hat man mehr Glück als Pech.» Hat er schon einmal einen schweren Schicksalsschlag erleben müssen? «Nein», sagt der Strahlemann.

«Drei Säulen prägen mein Leben: Familie, Beruf und Sport.» Und wo bleibt die Kultur? Diese ordnet er der Familie zu. Mit seiner Frau geniesst er mal ein Konzert in der Zürcher Tonhalle oder der Zürcher Sängerknaben. «Es ist wichtig, auch etwas zu zweit zu machen.» Einen Ausgleich findet er im Sport, spielt Tennis in der 1. Liga der Jungsenioren im Tennisklub Zumikon und Golf im Golfklub Kyburg.

Schaub ist in verschiedenen Welten aufgewachsen. Im bäuerlichen Eich drückte er mit Bauernsöhnen die gleiche Schulbank. «Einzig der Sohn des Architekten und ich mussten nicht auf dem Bauernbetrieb mithelfen.» Er hat aber gerne seine Schulfreunde beim Mähen oder Melken unterstützt. Aufgewachsen in dieser behüteten Idylle wollten ihm seine Eltern noch etwas anderes bieten. So kam das Einzelkind ins Internat Lyceum Alpinum Zuoz und besuchte dort die Handelsmittelschule. Seine Internatskollegen hiessen Siemens, Springer und Porsche und stammten aus einer ihm bisher völlig fremden Welt. «Ich konnte mich aber schnell anpassen, einordnen und wollte nicht auffallen, aber ich habe mich im Lyceum immer wohl gefühlt.»

Freunde aus der Zuozer Zeit

Plötzlich standen andere Werte im Vordergrund: Welche Embleme trägt man? Welches Auto fährt man? Dabei denkt man, solche Äusserlichkeiten würden bei den Reichen keine Rolle spielen. Doch Schaub wendet ein: «Bei den Erwachsenen mag das zutreffen, aber nicht bei Kindern und Teenagern.» Und welches Auto fährt Schaub? «Einen VW», mehr möchte er nicht verraten: «Das Modell ist ja nicht so wichtig.» Aus der Zuozer Zeit pflegt er immer noch Freundschaften mit ehemaligen Mitschülern.

Mit 19 hatte er das Handelsdiplom in der Tasche, wusste aber noch nicht recht, welchen Weg er einschlagen sollte. So begann er bei der Schweizerischen Bankgesellschaft ein Management-Trainee-Programm. Nach drei Monaten war ihm klar: «In der Zahlenwelt liegt nicht meine Zukunft.» Bei der Bank würden Methoden und Techniken im Vordergrund stehen, weniger der Mensch. «Ich aber wollte mit Menschen arbeiten, mit ihnen etwas Bleibendes aufbauen.» Trotzdem zog er die Bankausbildung durch, blieb zwei Jahre, heuerte später kurz bei Rinderknecht und Ascom an, bevor er in die Hotelfachschule Lausanne eintrat.

Im Gastronomie- und Hotelfach konnte er sich entfalten und lernte die frankophone Welt kennen. Im Praktikum arbeitete er als Kochstagiaire in der «Höhe» in Zollikon, im Hotel Four Season in San Francisco und in der Administration im Hotel Ascot in Zürich. Gerne wäre er im Four Season geblieben, aber der Schweizer Pass war von Nachteil. So meldete er sich auf ein Inserat eines Stellenbüros und war erstaunt, als dahinter McDonald's Schweiz steckte.

Beim Anstellungsgespräch wurde ihm klar: Hier sind Leute, die etwas bewegen wollen und die ihm auch mitteilten: «Urs, wenn du erfolgreich bist, kannst du in unserer Firma weiterkommen.» Begonnen hat er als Assistent des Geschäftsführers im Restaurant Spreitenbach. Fünf Jahre später sass er bereits in der Geschäftsleitung. In seiner zehnjährigen Ära bei McDonald's Schweiz hat sich die Anzahl Filialen von 42 auf 143 erhöht.

Welche Erwartungen hat er vom Leben? «Erwartungen müssen wir in erster Linie an uns selber stellen. Es liegt an uns Menschen, die Dinge in rücksichtsvoller Art und Weise positiv zu beeinflussen.» Diesen Optimismus kann er gebrauchen, wenn er Starbucks vorantreiben will. Denn der Coffeestoremarkt in der Schweiz ist gesättigt. Wer Erfolg haben will, braucht gute Standorte und muss neue Wege beschreiten.



Steckbrief: Korrigierte Wachstumspläne

Name: Urs Schaub

Funktion: Managing Director der Starbucks Coffee Company Schweiz und Österreich ab Juni 2005

Alter: 36

Wohnort: Herrliberg

Familie: Verheiratet, zwei Kinder

Karriere

1994-2004 McDonald's Suisse Holding: Assistent des Store Manager in Spreitenbach, Aufstieg bis in die Geschäftsleitung nach Crissier

Seit 2004 designierter Managing Director der Starbucks Coffee Schweiz und Österreich

Firma: Starbucks Coffee

Schweiz und Österreich ist ein Joint Venture zwischen Starbucks International und der griechischen Marinopoulos Brothers SA. 2001 wurde das Unternehmen gegründet. Damals war Bon appétit der Partner. Die ursprünglichen Wachstumspläne wurden korrigiert, einige Coffeehouses wieder geschlossen. Heute führt das Unternehmen 20 Stores in der Schweiz, beschäftigt 296 Mitarbeitende. In Österreich sind es sieben Stores und 113 Mitarbeitende. International existieren über 9000 Stores, die 5,3 Mrd Dollar umsetzen und über 100000 Mitarbeitende beschäftigen.