Fritz Ammann ist nicht einer, der aufs Maul sitzt. Das bewies er an der diesjährigen Bilanzmedienkonferenz von Valora. Gekonnt zurückhaltend, jedoch scharf in den Zwischentönen, kritisierte der neue Verwaltungsratspräsident die Zu- und Verkäufe des Berner Konsumgüterhandelskonzerns von 1990 bis 1998. Er machte klar, dass mit dem Gemischtwarenladen Schluss sein müsse.

«Erfolgreiche Unternehmen im Detailhandel haben einfache Konzepte und einfache Strukturen», sagt der 61-Jährige. «Eine Firma kann vielleicht gute Antipasti und Suppen produzieren. Das heisst aber noch lange nicht, dass sie auch Desserts gut machen kann.» Kurz: Konzentration aller Anstrengungen auf das Kerngeschäft ist das A und O. Bei Ammann ist dieses Bekenntnis zum Stammgeschäft weit mehr als nur eine gängige Managerfloskel. Bereits beim schwer angeschlagenen Handelsunternehmen Spar, das er bis Mitte 2004 präsidierte, hiess es: Zurechtstutzen auf die Kernkompetenzen. Dieses Rezept verhinderte die Insolvenz, abgeschlossen ist die Restrukturierung aber noch nicht.

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Der viel gereiste «Uhrmacher»

Vor seiner Zeit in Deutschland sanierte Ammann die Edelschuhmarke Charles Jourdan und brachte die Uhrenmarke Omega wieder in Gang. Er war Vorstandsvorsitzender der Metro-Gruppe in Österreich, CEO von Esprit in den USA und Chef von Carrera Eyewear in Deutschland. Seine beiden Kinder bezeichneten ihn mal als «Schuhmacher», mal als «Uhrmacher». Das Wort «Manager» war ihnen noch nicht geläufig.

Sowieso hätte «harter Sanierer» am besten gepasst. Doch als solchen sieht sich Ammann, der seit 2001 im Valora-VR sitzt, nicht vor allem nicht bei Valora. «Ich würde mich mehr als kommunikativen Integrator bezeichnen.» Ammann nimmt sich bewusst zurück, arbeitet aber intensiv im Hintergrund - «so, wie es sich für einen VR-Präsidenten gehört».

Beinahe täglich ist er im direkten Kontakt mit Valora-CEO Peter Wüst, tauscht Ideen aus, gibt Ratschläge und lenkt damit das Unternehmen massgeblich mit - trotz des eher bescheidenen 20- bis 25%-Arbeitspensums.

Ammann und Wüst sind ein eingespieltes Gespann. Von 1994 an war Wüst Konzernchef des Rheintaler Textilunternehmens Jacob Rohner AG, das die bekannten «Rohner-Socken» herstellt. Ammann amtete zeitgleich als VR-Präsident. «Nun arbeiten wir wieder in der gleichen Konstellation zusammen, aber zehn Jahre reifer und gescheiter», sagt Ammann und schmunzelt.

Das Führungsteam CEO/Verwaltungsratspräsident hat mit Ammann, der im Januar seinen Vorgänger Peter Küpfer beerbte, an Schlagkraft gewonnen. Ammann: «Ich will die Umstrukturierung schnell und radikal durchziehen basierend auf den sehr guten Vorarbeiten von Peter Küpfer und Peter Wüst.»

Die Idee: Neue Eigenmarken

Ammann meint es ernst: Er mag keine Halbheiten, «Miniaturkompromisse» lehnt er ab, und er entscheidet rasch und direkt. Eine frühere Weggefährtin beschreibt ihn als verlässlichen Menschen, der zu Ende bringt, was er begonnen hat, und sich nicht einschüchtern lässt. «Er macht vor niemandem den Bückling», sagt sie.

Valora auf die Geschäftsbereiche «Retail» (kleinflächiger Einzelhandel), «Pressegrosshandel» (Presse- und Buch-Grosshandel) und «Trade» (Distribution Markenprodukte) gesund zu schrumpfen, ist der erste Schritt der Fokussierungsstrategie. Gleichzeitig will Ammann die Valora-Marken wie Roland oder Kägifret mit Innovationen stärken. Neu Teil der Sortimentspolitik im Kioskgeschäft sollen Eigenmarken werden, etwa im Zigarettenbereich. Die Eigenmarken müssten preislich aggressiver und mit besserer Marge für Valora positioniert sein.

Klar ist: Ammann hat bei Valora schon einiges bewegt und wird noch so manches anstossen. Sein Ziel: «Die Profitabilität ohne Rücksicht auf falsche Sentimentalitäten nachhaltig zu erhöhen.» Und er will aus der Dauerbaustelle Valora ein stabiles Gebäude erstellen.

Valora Letzter Kurs: Fr. 277.75

(in Mio Fr.) 2004 2003 %

Umsatz 2990 3021 1.0

Ebit 54.2 106

Ebitmarge (in %) 1.8

Reingewinn 34.6 106

Beschäftigte 8440 8995 6.2

FAZIT: Der Turnaround und die Neufokussierung bei Valora dauern länger als angenommen. Zugleich bietet der Berner Konsumgüterhandelskonzern aber eine Restrukturierungsstory und eine ansprechende Rendite. Für Euphorie ist es dennoch zu früh.