Vor dem vatikanischen Gericht soll Ende des Monats ein Mammut-Prozess beginnen. Die Amtsträger des Gerichts hätten Personen in Kirchen- und Laienämtern des Staatssekretariats sowie hochrangige Mitarbeiter der vatikanischen Finanzinformationsbehörde und Personen aus der internationalen Finanzwelt vorgeladen, teilte der Heilige Stuhl am Samstag mit.
Die Vorwürfe gegen die mehr als ein Dutzend Personen und Firmen reichen von Amtsmissbrauch, über Geldwäsche, Betrug und Unterschlagung bis hin zu Korruption, wie aus der Liste der zur Verhandlung am 27. Juli vorgeladenen Personen zu entnehmen war.
Vorwurf des Amtsmissbrauchs gegen René Brühlhart
Unter den Beschuldigten ist auch der Schweizer Finanzexperten René Brühlhart. Er war 2012 vom damaligen Papst Benedikt XVI zum Direktor der vatikanischen Finanzaiufsichtsbehörde AIF ernannt worden. Zuvor hatte er die Finanzaufklärung Liechtensteins geleitet. Unter Papst Franziskus wurde er Verwaltungsrat der Behörde. 2019 quittierte er unter Protest seinen Posten, nachdem sein Nachfolge Tommaso Di Ruzza nach einer Razzia suspendiert worden war. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Auch gegen den in der Schweiz lebenden Kardinal Giovanni Angelo Becciu, der sich bereits wegen Unterschlagung und Amtsmissbrauch verantworten muss, seien während der Ermittlungen Tatbestände aufgetaucht. Papst Franziskus hatte den 73-Jährigen Ende September des vergangenen Jahres nach einem Verdacht über finanzielle Unregelmässigkeiten aus seinen Ämtern entlassen.
Brühlhart und Becciu teilten dem Portal kath.ch mit, der Prozess werde ihre Unschuld bestätigen. Der Schweizer Finanzexperte sagte, dass er aus den Medien von der Anklage erfahren habe und diese selbst noch nicht erhalten habe; was ein Verfahrensfehler sei.
Ermittlungen seit Juli
Mehrere Behörden des Vatikans und Italiens haben seit Juli 2019 in der Sache ermittelt. Dabei erstreckten sich die Untersuchungen international bis in die Vereinigten Arabischen Emirate, Grossbritannien, Jersey, Luxemburg, Slowenien und die Schweiz. Der Schritt folgt dem Heiligen Stuhl zufolge den Reformen zur Transparenz in den vatikanischen Finanzen von Papst Franziskus.
2019 hatte ein missglückter Luxusimmobiliendeal in London für grosse Schlagzeilen gesorgt. Das Geschäft hatte dem katholischen Kirchenstaat damals hohe Verluste beschert. Auch aus dem Peterspfennig, der einmal jährlich weltweit gesammelten Kollekte für den Vatikan, soll dafür Geld entnommen worden sein.
(sda/rai)