Viktor Vekselberg blickt auf ein schwarzes Jahr zurück. Seit April wird der russische Geschäftsmann von den USA sanktioniert. Für den Milliardär sind seither die meisten Türen verschlossen: Wer mit ihm geschäftlich zu tun hat, riskiert, von den USA belangt zu werden. Vekselberg ist zum Risiko geworden. Seine Beteiligungen musste er herunterfahren - auch in der Schweiz: Bei Sulzer ist er nur noch Minderheitsaktionär, bei Schmolz+Bickenbach und OC Oerlikon hat er sein Engagement ebenfalls verkleinert. Bis zu drei Milliarden Franken seines Vermögens haben ihm die US-Massnahmen gemäss dem Wirtschaftsmagazin «Bilanz» bis jetzt gekostet.
Jetzt wehrt sich Vekselberg auf dem Rechtsweg gegen Washingtons Massnahmen: Seine Anwälte haben bei den US-Behörden eine Petition eingereicht. Die «Handelszeitung» wollte vom US-Schweizerischen Anwalt Daniel Wuersch wissen, wie die Erfolgschancen des Russen stehen – und ob Vekselberg für Sulzer, OC Oerlikon und Schmolz+Bickenbach weiter ein Problem ist.
Viktor Vekselberg versucht jetzt mit juristischen Mitteln, von der US-Sanktionsliste zu kommen. Seine Anwälte haben eine Petition bei den amerikanischen Behörden eingereicht. Wird er damit Erfolg haben?
Es ist durchaus möglich, dass eine solche Petition Erfolg hat. Aber Vekselberg ist eine prominente Person, die auch eine Verbindung mit Personen im Umfeld von Präsident Trump gehabt haben soll. US-Sonderermittler Robert Muller hat Vekselberg ja befragt. Seine Chancen sind ohne eine deutliche Veränderung der politischen Grosswetterlage zwischen den USA und Russland wohl eher gering.
Was muss man sich unter einer Petition vorstellen?
Er stellt einen Antrag, von der Sanktionsliste gestrichen zu werden – mit der Begründung, wieso die Aufnahme in die Liste nicht notwendig ist. Bekanntlich sollen Sanktionen laut dem US-Finanzdepartement nicht dazu dienen, jemanden zu bestrafen – sondern ein bestimmtes Verhalten zu ändern. Hier spielt nicht nur das Verhalten von Herrn Vekselberg, sondern vor allem dasjenige der russischen Regierung eine Rolle.
Faktisch ist Vekselberg ja bestraft worden. Er hat Milliarden von Dollar seines Vermögens verloren, ein weiterer Teil seines Gelds ist bei den Banken eingefroren. Hat Vekselberg in den USA keine Rechte?
Er hat ein Recht auf Anhörung. Aber letztlich liegt die Streichung von einer Sanktionsliste im Ermessen der US-Regierung.
Sie kann nach Gutdünken entscheiden, ohne Rechtsnormen zu befolgen?
Die Existenz der Sanktionsliste beruht natürlich auf einer gesetzlichen Grundlage. Aber die US-Regierung hat ein erhebliches Ermessen, festzulegen, wer von den Sanktionen betroffen ist.
Er bezeichnet es ja offenbar als unfair, dass er sich auf der Liste wiederfindet.
Das kann ich verstehen. Für ihn war das ein einschneidender Schritt. Eine andere Frage ist, ob es ihm gelingen wird, die US-Regierung davon zu überzeugen, ihn von den Sanktionen zu befreien. Das hat viele innen- und aussenpolitische Implikationen. Sie machen es schwierig, einen raschen Meinungsschwung innerhalb der US-Regierung herbeizuführen.
Ist der schwerreiche Investor zum Spielball der Politik geworden?
Das gilt letztlich für viele Privatpersonen, die von Sanktionen betroffen sind – sie können zum Opfer einer politischen Auseinandersetzung werden. Mit den gegen Herrn Vekselberg und andere Oligarchen verhängten Sanktionen wurde eine weitere Eskalationsstufe gezündet, um Druck auf die russische Regierung auszuüben. Nachdem frühere Sanktionen das Verhalten des Kreml nicht verändert hatten, hat man Leute ins Auge gefasst, die finanziell eng mit der russischen Regierung verbunden sind und wegen ihrer internationalen Verflechtungen besonders exponiert waren.
«Einen Grossaktionär zu haben, der auf der US-Sanktionsliste ist, macht ein Unternehmen als Geschäftspartner nicht gerade attraktiv.»
Ist das eine gute Strategie, sich zu wehren? Oder wäre es in seiner Situation ratsam, keine zusätzliche Aufmerksamkeit auf sich zu lenken?
Ich glaube nicht, dass Vekselberg etwas zu verlieren hat. In seiner Situation würde ich es auch versuchen. Sollten sich die äusseren Umstände verändern, muss er nicht von vorne anfangen. Gibt es ein ernsthaftes Tauwetter zwischen den USA und Russland, könnte er eine Chance haben, als einer der ersten von der Liste zu kommen.
Ist Vekselbergs Bewegungsfreiheit in den USA eingeschränkt? Offenbar lebt seine Familie dort.
Ich bin nicht sicher, ob er Visumsrestriktionen unterliegt. Anderen betroffenen Personen wurde die Einreise verweigert. Jedenfalls dürfen Amerikaner nicht mehr mit ihm Geschäfte tätigen. Damit wird seine Bewegungsfreiheit in den USA zwingend eingeschränkt.
Vekselberg ist jetzt auch als Investor und Geschäftsmann auf dem Abstellgleis. Seine Schweizer Beteiligungen bei Sulzer, OC Oerlikon und Schmolz & Bickenbach musste er herunterfahren. Ist es für diese drei Konzerne immer noch ein Problem, ihn unter ihren Aktionären zu haben?
Gerade in sensitiven Industrien ist das sicher immer noch ein Problem. Vor allem wenn man in den USA tätig ist. Einen Grossaktionär zu haben, der auf der US-Sanktionsliste ist, macht ein Unternehmen als Geschäftspartner nicht gerade attraktiv.
Vekselberg ist eine Belastung für alle, die geschäftlich oder gesellschaftlich mit ihm zu tun haben?
Er ist sicher eine Hypothek für die betroffenen Firmen.
Vekselberg ist zusammen mit anderen prominenten Russen vom WEF in Davos ausgeladen worden. Gerüchteweise setzten amerikanische Gäste die Organisatoren unter Druck, weil sie nicht mit Vekselberg gesehen werden möchten. Reicht der amerikanische Einfluss bis in die Schweiz?
Die Bedeutung von den USA als Wirtschaftsmacht darf man nicht unterschätzen. Für den CEO von einer grösseren amerikanischen Firma ist es nicht opportun, neben einer Person abgelichtet zu werden, die von Sanktionen betroffen ist.
Faktisch ist auch sein Bewegungsraum in der Schweiz eingeschränkt worden.
Ich denke schon.