Venezuelas umstrittener Präsident Nicolas Maduro ist so sehr wie kaum zuvor auf den Ölreichtum seines Landes angewiesen. Die Proteste gegen seine Regierung halten an, international gerät er zunehmend unter Druck und ein Ende der Wirtschaftsflaute zeichnet sich nicht ab. Doch ausgerechnet die immer stärkeren Versuche, den staatlichen Ölriesen PDVSA zu einer noch grösseren Machtbastion umzufunktionieren, drohen aus dem einstigen Vorzeigeunternehmen des sozialistisch geführten Landes ein strauchelndes Unternehmen zu machen. Und das, obwohl Venezuela auf den grössten Rohölreserven der Welt sitzt.
«Alles ist eine Katastrophe, und dennoch müssen wir applaudieren», sagt eine PDVSA-Angestellte. Aus Furcht vor Repressalien will sie anonym bleiben.
Zu Pro-Regierungsdemonstrationen gezwungen
Kritiker bemängeln seit längerem, dass PDVSA (Petroleos de Venezuela SA) zu einem korruptionsverseuchten Herzen dessen gemacht wird, was der verstorbene Staatschef Hugo Chavez einst als «Sozialismus des 21. Jahrhunderts» beschwor. Und zwar auf Kosten der ehemals florierenden Ölindustrie. Interviews mit zwei Dutzend Mitarbeitern, Ex-Angestellten und ausländischen Öl-Managern deuten daraufhin, dass PDVSA aus den Fugen gerät.
So sollen Vorgesetzte Angestellten gedroht haben, sie würden gefeuert, falls sie nicht an Pro-Regierungsdemonstrationen teilnähmen. Auch wurde Mitarbeitern offenbar gesagt, sie müssten bei der Wahl der verfassungsgebenden Versammlung Ende Juli für das Vorhaben stimmen, das nach Auffassung von Kritikern Maduros den Weg zu einer Diktatur ebnete.
Machtkampf im Unternehmen
Bereits im Januar wurde ein neues Management-Team eingesetzt, das sich erheblich aus Vertretern der Politik und des Militärs zusammensetzt. An der Spitze blieb als Firmenpräsident zwar formell der an der US-Eliteuniversität Stanford ausgebildete Ingenieur Eulogio Del Pino. Doch hinter den Kulissen tobt ein Machtkampf, der Del Pino Informanten zufolge weitgehend ins Abseits gedrängt hat. Stattdessen verhandelt Ölminister Nelson Martinez, ein Maduro-Vertrauter, zunehmend die großen Verträge. Und es ist auch Martinez, der Venezuela immer häufiger auf Ölkongressen vertritt.
Auf den Rängen dahinter tummeln sich inzwischen viele Manager, die als unerfahren gelten. Das merken besonders die ausländischen Öl-Manager. Anrufe oder E-Mails würden meist nicht beantwortet, sagt einer von ihnen. «Es ist erstaunlich, wie jung und unvorbereitet manche Manager sind.» Auch bei den Betriebsabläufen werde das Chaos schlimmer. Tanker zu beladen, könne mittlerweile 30 bis 40 Tage dauern. Vor ein paar Jahren seien es zwei bis drei Tage gewesen. Die Ölproduktion steuert 2017 auf den niedrigsten Stand seit 25 Jahren zu.
Sollten die USA ihre Drohung wahr machen und Sanktionen gegen Venezuelas Ölsektor verhängen, dürfte es PDVSA wohl schwerfallen, darauf zu reagieren, sagt der Branchenexperte Francisco Monaldi vom Baker Institute in Houston. Mangelnde Manager-Expertise und die zerbröckelnde Hierarchie innerhalb des Konzerns «würden das sehr schwermachen».
(reuters/ccr)