Vier von fünf Schweizern finden Lebensmittel aus biologischem Anbau eine gute Sache. Nur einer von zwanzig indes greift regelmässig nach Bio-Produkten. Die Diskrepanz hat ihren Grund weniger im Misstrauen der Konsumenten gegenüber Gemüse und Früchten aus dem Bio-Anbau als vielmehr im mittlerweile unspektakulären Umgang mit dem entsprechenden Label.

«Bio-Produkte werden bei den Grossverteilern oftmals eher zufällig gekauft», weiss Daniel Stich, Besitzer und Geschäftsführer der Via Verde AG im luzernischen Pfaffnau. Ideologische Ansprüche an die unverfälschten Lebensmittel würden nur noch von einer kleinen Verbraucherclique gestellt. «In erster Linie geht es den Leuten um Geschmack. Kann der Konsument einen positiven Unterschied zwischen Bio- und herkömmlichem Produkt ausmachen, so entscheidet er sich immer wieder dafür.» Der allfällige Mehrpreis spielt dann, so die Erfahrung Stichs, eine sekundäre Rolle.

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Vom politischen Credo zur Handelsfirma

Seit über 20 Jahren hat sich Daniel Stich dem Handel mit Bio-Produkten verschrieben. Angefangen hat alles 1981, in einem gerade mal 30 Quadratmeter grossen Ladenlokal in der Zofingener Altstadt. Zu siebt lancierte man den «Gmües-Chratte», der sowohl Verkaufsgeschäft als auch politisches Bekenntnis war. Ein Jahr später bereits wurden grosszügigere Räumlichkeiten bezogen, das Sortiment erfuhr im Soge der Fair-Trade-Welle eine Ausweitung auf Drittwelterzeugnisse, und der Umsatz vervielfachte sich innert kürzester Zeit auf über 500000 Fr.

Der Wandel vom kleinen «Chratten» zu einem der grössten Bio-Läden des Landes zeitigte aber organisatorische Folgen: Die für den Betrieb verantwortliche Genossenschaft löste sich per Mehrheitsentscheid auf, fortan funktionierte der Laden als Kollektivgesellschaft, und die Wege der Zofingener Bio-Pioniere trennten sich nach und nach.

Rund 500 Abnehmer undein neuer Slogan

Übrig blieb letztlich Stich, der 1989 zusammen mit sechs weiteren Bio-Verteilern die Via Verde gründete, an der er und Ehefrau Renate seit 2001 auch die Aktienmehrheit besitzen. «Der Handel mit Bio-Produkten ist heutzutage ein Geschäft wie jedes andere auch, mit politischer oder ideologischer Überzeugung hat das leider nur noch wenig zu tun; es gilt das Gesetz des Marktes, und als Unternehmer sind meine Frau und ich für 40 Arbeitsplätze verantwortlich», sagt Stich, der als Person auch kaum dem gern gepflegten Klischee eines «Chörnlipickers» entspricht.

Zur Kundschaft des Importeurs und Verteilers von Bio-Produkten gehören in erster Linie Grosshändler, Detaillisten, Reformhäuser und die Gastronomie. Da Grossverteiler wie Migros und Coop ihre eigenen Bio-Linien fahren, nimmt sich ihr Anteil am Gesamtvolumen eher bescheiden aus. 500 Abnehmer umfasst der Kundenstamm von Via Verde insgesamt, darunter etwa Volg und Globus. Auch dabei war bis zu ihrem wirtschaftlichen Absturz die Swissair. «Das war ein harter Schlag», erinnert sich Stich nur ungern an das Verschwinden der ehemaligen Vorzeige-Fluggesellschaft vor zwei Jahren, «schliesslich war die Swissair mit ihren Bestellungen für 10% unseres Umsatzes besorgt.»

Mit dem Ausfalls dieses Kunden fehlten Einnahmen, die anderweitig erwirtschaftet werden müssen. Und dies in einem Markt, dessen Absatzkapazitäten mehr oder weniger ausgeschöpft sind. Um Gegensteuer geben zu können, liefert das Pfaffnauer Unternehmen seit kurzem Gemüse und Früchte auch unter eigenem Label aus. Denn der Name Via Verde ist in Fachkreisen be- und anerkannt, entsprechend verspricht man sich bei den «Bio-Profis» so der neue Firmenslogan zusätzliche Bestelleingänge.

Im Bio-Business sei eine neue Ära angebrochen, stellt Stich fest. Die Bezeichnung «biologisch» und die damit verbundenen Richtlinien (keine synthetischen Dünger und Pestizide beim Anbau, Nachhaltigkeit in der Produktionsmethode) seien den meisten Konsumenten bekannt, nun gehe es darum, mit den Produkten an sich zu überzeugen. «Gemüse und Früchte müssen einwandfrei aussehen, einfach besser schmecken und bekömmlicher für den Verbraucher sein als Ware aus herkömmlichem Anbau.»

Zudem gelte das Credo der Transparenz für Bio-Artikel noch mehr als für die Konkurrenz etwa aus dem Supermarkt. «Ich habe nichts dagegen, wenn eine Ananas aus Übersee eingeflogen wird, schliesslich wächst die bei uns ja nicht», betont Stich, «aber diese Tatsache muss dem Konsumenten mitgeteilt werden, sodass er unter Berücksichtigung von Vor- und Nachteilen eigenständig entscheiden kann.» Mit Bevormundung oder Belehrung habe dies nichts zu tun.

Auch Bio für Vierbeiner

In den Räumen der Via Verde lagern über 2500 Artikel alle aus biologischer Produktion. Das Angebot reicht vom Schoggistängeli für 1 Fr. bis zum Brunello für 69 Fr. die Flasche. Zur Hauptsache aber ist es Grünzeug, das täglich verpackt und für den Handel kommissioniert wird. Die eine Hälfte der Ware stammt aus dem Inland, die andere vorwiegend aus den Nachbarländern, wobei Italien als wichtigster Bio-Lieferant für die Schweiz gilt.

«Unsere Abnehmer finden hier alles, was es zum Leben braucht», sagt Stich, «es gibt heutzutage kaum einen Artikel, den es nicht auch als Bio-Produkt gäbe.» Süssigkeiten und Alkoholika sind ein Beispiel Katzen- und Hundefutter ein anderes. Ungläubige Blicke auf die 20-Kilo-Säcke im untersten Regal kontert Stich umgehend mit einer Erfahrung aus dem eigenen respektive aus seines Hundes Leben: «Seit unser Mischling Bio-Futter frisst, riecht sein Fell eindeutig besser. Zu Deutsch: Er stinkt nicht mehr.» Beim Menschen indes reiche es aus, wenn sich Produkte, die einen Biostempel tragen, auf das ganzheitliche Wohlbefinden auswirken.

Firmen-Profil

Firma: Via Verde AG, Brunnmatt, 6264 Pfaffnau Internet: www.viaverde.ch

Gründung: 1981 als «Gmües-Chratte», seit 1989 in der heutigen Form

Besitzer: Daniel und Renate Stich (Mehrheitsaktionäre)

Umsatz: 30 Mio Fr.

Beschäftigte: 40

Tätigkeit: Import und Vertrieb von Bio-Produkten, u.a. unter eigenem Label

Kunden: Gastronomie, Grosshändler, Grossverteiler, Detaillisten, Reformhäuser