Schon Monate bevor die erste Triple Seven von Swiss in Zürich landete, überschlugen sich bereits die PR-Wogen. Die Superlative purzelten wie Sterntaler den Marketing-Himmel herunter.

Die Flottenerneuerung mit insgesamt neun Boeing 777-300ER bis zum übernächsten Jahr läute eine neue Ära in Sachen Passagierkomfort und Reiseerlebnis ein, der geringere Treibstoffverbrauch in Kombination mit grösserer Reichweite sei eine neue Raketenstufe auf Langstrecken und die Gestaltung der Kabinen geradezu visionär. Der Hype verwunderte etwas, stehen doch längst rund 650 Maschinen genau dieses Typs von über 35 Fluggesellschaften weltweit im Einsatz.

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Der Newcomer

Das Erleben des neuen Swiss-Flaggschiffs – derzeit auf den Strecken ab Zürich nach Bangkok, Hongkong, Los Angeles, Miami, Montreal, São Paulo, San Francisco und Singapur möglich – beginnt mit einem kleinen Schock. Der laut Eigenwerbung maximale Komfort in der Economy Class ist in Wahrheit ein Rückschritt. Anders als im Airbus A340, den die Boeing 777 ersetzen wird, sitzen die Passagiere nun in einer Zehnerreihe (Konfiguration 3–4–3 anstatt 2–4–2 wie zuvor), ausserdem ist der Sitzabstand mit knapp 79 Zentimetern um 2,5 Zentimeter geschrumpft.

Swiss spricht von «optimierter Sitzkissentechnologie», doch in Realität schränken die Sitzstreben die gewonnene Beinfreiheit wieder ein. Eine Verbesserung stellen indes der 11-Zoll-Touchscreen, der Self-Service- Kiosk und der WLAN-Empfang an Bord dar (Kosten: 9 Franken für 20 MB, in der First Class gratis). Kontrovers ist die Einführung der Handy-Telefonie aufgenommen worden; für so manchen Geschäftsreisenden waren Langstreckenflüge unlängst noch die einzigen Zeitfenster zum Abschalten.

Insgesamt positives Feedback

Für das insgesamt positive Feedback für die Triple Seven und Swiss bei den 78 beurteilenden Experten, auf deren Erfahrungen die «Handelszeitung» die Gesamtwertung des Airline-Ranking 2016 abstützt, sprechen drei Gründe.

Erstens: Das neue Business-Abteil mit 62 Sitzen identischer Grösse wie bisher (52 Zentimeter breit, 2 Meter lang) vermittelt mit den Holzverkleidungen eine solide Geborgenheit und bietet kleine Optimierungen zum A340, etwa einen 16-Zoll-Touchscreen, mehr Stauraum und einen problemlos ausklappbaren Tisch.

Zweitens: Während die meisten Airlines – einschliesslich der Spitzenreiter – stark variierende Sitzqualitäten je nach Typ und Route anbieten, ist die gesamte Swiss-Flotte auf interkontinentalen Flügen ausnahmslos mit modernsten Business- Sesseln ausgestattet, die sich immer in horizontale Zwei-Meter-Betten verwandeln lassen.

Drittens: Man kann sich auf eine gut geschulte Crew verlassen, die sich unaufdringlich, aber allgegenwärtig um das Wohl der Passagiere auch in den hinteren Reihen kümmert und auf funktionierende Basics achtet. So werden beispielsweise die Toiletten immerzu auf Sauberkeit gecheckt, das speziell georderte Kindermenü kommt garantiert als Erstes auf den Tisch und das kontinentale Frühstück wird freundlich selbst noch 40 Minuten vor der Landung serviert. Auch das bewährte «Taste of Switzerland»-Konzept mit bekannten Schweizer Köchen als Paten und authentischen Schweizer Produkten vom Käse bis zum Amenity Kit sorgen für ein erfreuliches Borderlebnis.

Nummer eins in Europa

Dies reicht Swiss (7. Rang), um sich als Nummer eins in Europa vor Konzernmutter Lufthansa (8. Rang) zu behaupten, obwohl die Airline mit dem Schweizerkreuz im Vorjahresvergleich einen Platz einbüsst (Sehen Sie dazu die Bildergalerie oben).

Aktuelle Schwachpunkte sind die speziell eng bestuhlte Economy, das unflexible Beschwerde-Management und die notorisch hohen Verspätungswerte, die nicht nur zeitsensitive Geschäftskunden verärgern.

Die Überflieger

Die Benchmark für zeitgemässes Fliegen setzen unverändert Qatar Airways und Singapore Airlines, allerdings in umgekehrter Rangfolge wie 2015. Beide Carrier schafften es, in sämtlichen zehn Bewertungskategorien der «Handelszeitung» sublim abzuschneiden (siehe Tabelle) sowie alle relevanten Fachpublikationen und Testportale mit ihrer konstanten Gesamtleistung zu begeistern.

Qatar, der diesjährige Primus, hat den grössten Luxus am Himmel zu bieten, nämlich besonders viel Platz und Privacy in der Business Class. Die fabelhaften Liegesitze bieten von jedem Platz aus direkten Zugang zum Mittelgang, sodass keine nächtlichen Kletterübungen über den schlafenden Nachbarn zu befürchten sind. Auch betreibt keine andere Airline einen so grossen Aufwand bei ihrer Bordverpflegung. Das Essen – ein lustvoller Mix aus französischen Klassikern und arabischen Mezze – wird zu jeder gewünschten Zeit auf Leinentischtüchern serviert und es kommt ein grösseres Angebot auf den Tisch, als mancher Restaurantkoch am Boden im Repertoire hat. Jeder Gang, sei es Lunch, Dinner oder Breakfast, wird nicht vom Trolley serviert, sondern einzeln direkt aus der Bordküche an den Sitz gebracht. Zudem werden nirgendwo sonst über den Wolken so grosszügig so gute Weine ausgeschenkt. 

In der Economy gelingt es Qatar, die Passagiere immerhin halbwegs zufriedenzustellen: Mit überdurchschnittlich viel Beinfreiheit (86 Zentimeter Sitzabstand), heissen oder kalten Baumwolltüchern zur Erfrischung, anständiger Verpflegung mit zwei Mahlzeiten während eines sechsstündigen Flugs und einem attraktiven Unterhaltungsangebot, das bereits beim Boarding der Maschinen funktioniert und 15 Minuten Gratis-WLAN anbietet.

Das gesamte Ranking und welche Airlines eine Aufholjagd gestartet haben lesen Sie in der neuen «Handelszeitung», ab Donnerstag am Kiosk oder mit Abo bequem jede Woche im Briefkasten.