Serge Rubitschung hat aufgegeben. Sein Projekt, eine gigantische Vergnügungswelt im Stil des deutschen Europaparks in der Westschweiz zu realisieren, ist gescheitert. Nach fünf Jahren und etlichen Absagen hat der Innerschweizer Immobilienhändler die Standortsuche für den Milaviparc abgebrochen. «Sollte sich eine Gemeinde bei mir melden, die an der Realisierung eines Freitzeitparks auf 150 ha interessiert ist, werde ich das Dossier gerne reaktivieren.» Investoren seien jedenfalls vorhanden.

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Die Flaute im Mystery Park

Dass Rubitschung mit seinem Milaviparc auf Granit beisst, verwundert Fachleute nicht. Die dicht besiedelte Schweiz mit ihren kleinräumigen Grundstückstrukturen eignet sich nicht als Pflaster für grosse Freizeitprojekte. «Oft ist für solche Bauten gar kein Land zu kaufen oder muss mit diversen Einsprachen von Verbänden und Umweltorganisationen gerechnet werden», sagt Thomas Bieger, Tourismusexperte an der Universität St. Gallen.

Und wo ein Projekt doch realisiert wird, gibt es keine Erfolgsgarantie. Das muss derzeit schmerzhaft der Mystery Park in Interlaken erfahren. Bei der Eröffnung vor zwei Jahren träumten die Initianten von einer halben Million Besucher pro Jahr. Fakt ist, dass im 2005 knapp die Hälfte dieses Werts und Verluste in Millionenhöhe zu erwarten sind. Die Baisse im Mystery Park ist auch selbst verschuldet. Statt das Angebot interaktiv zu gestalten und dauernd zu erneuern, vertraute man irrtümlicherweise auf die zeitlose Anziehungskraft von Rätselautor und Parkgründer Erich von Däniken. Doch der im musealen Stil geführte Park kann bislang nur die wenigsten Besucher für ein Wiederkommen begeistern. Ganz anders als der Europapark im deutschen Rust, der jährlich 800000 Schweizer und darunter unzählige Stammgäste begrüssen kann. Der neue Mystery-Park-CEO Fritz Zemp muss das Ruder jetzt herumreissen und startet eine Offensive bei Marketing und Produkt. Er weiss: «Wenn die Besucherzahlen im nächsten Jahr nicht steigen, wird es für uns kritisch.»

Kleine, rentable Angebote

Politische Widerstände und bescheidene Einzugsgebiete verhindern in der Schweiz zwar bislang massentaugliche Themenparks, kleinere Anbieter können aber dennoch von einer insgesamt wachsenden Vergnügungsindustrie profitieren. Das Schongi-Land in der Zentralschweiz etwa hat im Vorjahr 60000 Tagesgäste gezählt und will hoch hinaus. Geschäftsführer und Inhaber Thomas Müller glaubt, dass seine Anlage im luzernischen Seetal mit Bob- und Bikebahn, Tretkart, Trampolin und Karussell mittelfristig doppelt so viele Besucher anziehen könne. Aufstrebend ist auch das Connyland in Lipperswil, das bezüglich Angebot am ehesten mit dem Europapark vergleichbar ist und in diesem Jahr rund 320000 Eintritte gezählt hat. Um für neue Besucherströme gewappnet zu sein, wird gemäss Geschäftsführer Erich Brandenberger der Bau einer neuen Achterbahn bis 2007 geplant.

Der Optimismus der Betreiber ist begründet. Laut einer Prognose von Euromonitor International wird die Besucherzahl von Tourismusattraktionen in der Schweiz in naher Zukunft jährlich um 18% zunehmen. In der Berechnung enthalten sind neben reinen Vergnügungsparks auch Kasinos, zoologische Gärten oder Museen mit interaktivem Angebot. Kumuliert haben all diese Institutionen im Jahr 2003 über 21 Mio Eintritte gezählt. Auch Thomas Bieger glaubt an ein weiteres Wachstum für solche typischen Angebote des Tagestourismus. «Da generell wieder länger gearbeitet wird und die Freizeit tendenziell abnimmt, suchen die Leute vermehrt effiziente Erlebnisse und finden sie an solchen Orten.»

Attraktionen erhalten Hilfe

Bei Schweiz Tourismus (ST) wurde das Potenzial erkannt. Mit ei-nem Kooperationsprojekt werden «Swiss Attractions» wie der Mystery Park oder das Verkehrshaus Luzern in Werbung und Kommunikation unterstützt. ST-Sprecherin Daniela Bär räumt ein, dass in Anbetracht des Schweizer Ansturms auf den Europapark auch hier zu Lande das Bedürfnis für einen reinen Vergnügungspark im grossen Stil vorhanden sei. Tourismus-Professor Bieger ist überzeugt, dass dann noch viel mehr Schweizer ihr Freizeit-Budget im Inland ausgeben würden. «Die Summe der Attraktivität von kleinen Vergnügungsstätten hat gegen einen grossen Themenpark mit seinen unzähligen Möglichkeiten keine Chance.»

Da das Schweizer Projekt und Europark-Pendant Milaviparc auf nicht absehbare Zeit in der Schublade verschwunden ist, bleibt der inländischen Spassgesellschaft auch künftig nur eine Alternative: Für richtigen Fun in Richtung Norden.



Brainup: Neues Interesse für die Wissenschaft

Neben reinem Vergnügen auf Achterbahnen und Riesenrutschen suchen Menschen immer mehr nach Freizeitspass mit wissenschaftlichem Hintergrund. Eine Studie von Eurobarometer belegt, dass sich die Besucherzahlen von «wissenschaftlichen und populärwissenschaftlichen» Ausstellungen in Europa in den letzten drei Jahren verdoppelt haben.

Profitieren davon will auch die Brainup AG, die 2007 im Raum Zürich eine halbjährige Erlebnisausstellung durchführen und einem breiten Publikum Wissenschaft und Technologie auf spielerische Weise vermitteln will. Für einen rentablen Betrieb müssten gemäss Brainup-Geschäftsführer Urs Müller 650000 Besucher kommen. Das sei realistisch, denn mit ähnlichen Veranstaltungen wie der Phänomena oder Heureka habe man über 1 Mio Interessierte angezogen. Zurzeit fehlen Brainup indes noch Sponsorengelder. Müller kann sich vorstellen, die Ausstellung deshalb um ein oder zwei Jahre zu verschieben. (row)