Herbert Notz kann seine berufliche Herkunft nicht verleugnen. Der ehemalige Roland-Berger-Berater stellt sich ans Flipchart und zeigt seine Fallbeispiele mit Stammbäumen und Diagrammen. Etwa vom verstorbenen deutschen Unternehmer mit Kindern aus drei Ehen und einem getarnten Vermögen auf Schweizer Banken und in Liechtensteiner Stiftungen. Da verliert man ohne Grafik den Überblick.
«Die letzte Ehefrau zeigt häufig wenig Lust, mit den Kindern aus früheren Ehen zu teilen. Diese beauftragen mich nach jahrelangen fruchtlosen Auseinandersetzungen vor Gericht mit der Suche nach Depots und Konten», erklärt der 50-Jährige im Zürcher Büro seiner Internationalen Vermögensrecherche GmbH.
Die Ausgangssituation ist meist ähnlich: Die Erbschaftsbesitzer verkünden, es sei nichts mehr zum Verteilen da und der Nachlass besser auszuschlagen. Stimmen potenzielle Erben dem zu, nehmen sie sich selber aus dem Spiel: Ohne Erbschein erteilen Behörden, Banken und Versicherungen keine Auskünfte. «Auskunftsklagen gegen Erbschaftsbesitzer», so Notz, «sind in der Regel bloss Anwaltsfutter.»
Im Fall des verstorbenen deutschen Unternehmers vermuteten zwei Enkel aus erster Ehe versteckte Gelder und kannten die Kontonummer bei einer Zürcher Privatbank. Notz wurde vorstellig. «Sie jagen einem Phantom hinterher», hiess es.
Notz liess nicht locker, verlangte eine schriftliche Negativbescheinigung und erhielt Belege für eine saldierte Kontobeziehung. Dabei fiel auf, dass immer wieder grössere Beträge abgeflossen waren. Nach weiteren Abklärungen konnten auf derselben Bank anonymisierte Konten ermittelt werden. Dort lagen noch hohe sechsstellige Beträge. Ein Geschäft für die Vermögensfahnder, die ein Drittel des Geldes als Erfolgshonorar kassierten.
Wird der Jäger nach versteckten Konten also reich mit seiner Arbeit? Notz winkt ab: «Bisher nur reich an Erfahrung. Anfänglich übernahmen wir das volle Kostenrisiko inklusive Honoraren für Anwälte und sonstige Spezialisten. Unsere Mandanten zahlten nur im Erfolgsfall.» Die Kosten pro Auftrag lagen häufig im sechsstelligen Bereich. Dieses Geschäftsmodell ist gescheitert. Scopras, die erste Firma, für die Notz tätig war, ging in Konkurs.
Heute verlangt Notz 450 Euro für ein erstes Beratungsgespräch. Danach erhalten seine Kunden einen Massnahmenplan samt Kostenschätzung. Sein Honorar hängt vom Aufwand und je nach Fall von einer Erfolgsbeteiligung ab.
Sein grösster Verbündeter ist der deutsche Fiskus, der mit jedem Drehen an der Steuerschraube noch mehr Milliarden ins Ausland treibt. Nach Schätzungen bunkern 1,2 Billionen Euro deutsches Vermögen in Steueroasen – ein beträchtlicher Teil davon in der Schweiz.
Dass es für Erben schwierig ist, an diese Gelder heranzukommen, hängt mit der unheiligen Allianz zwischen Banken und Erbschaftsbesitzern zusammen. Letztere sind meist gute Kunden der Banken. Leute wie Notz sind da Störenfriede. Auch wenn er sich für Auskünfte mit Vollmacht und Erbschein legitimiert, passiert oft wochenlang nichts. Fasst er nach, werden zusätzliche Dokumente verlangt. Sind mehrere Geldinstitute involviert, verzögert dies die Recherche entsprechend. «Um Anfragen abzuwimmeln, sind die Rechtsabteilungen der Finanzdienstleister beeindruckend kreativ», weiss Notz.
Wenig Hilfe bekam Notz bisher durch Rechtsanwälte: «Sie finden kaum eine Anwaltskanzlei, die bereit wäre, eine Schweizer Bank wegen Auskunftsverweigerung einzuklagen.» Die meisten Kanzleien befänden sich in einem Zielkonflikt, weil ihre Klientel aus der Finanzdienstleistungsbranche stamme.
Notz hält sich mit Kritik am hiesigen Finanzplatz nicht zurück: Oft habe er falsche Auskünfte erhalten, und nur dank akribischer Recherche sei es gelungen, die richtige Spur wiederaufzunehmen. Er hat sich auch an die Bankiervereinigung und die Bankenkommission gewandt: «Beide erklärten sich nicht zuständig für das organisierte Chaos.»