Rund zwei Drittel ihres Umsatzes machen die Schweizer Versicherer im Ausland, wo das Wachstumspotenzial auch bei weitem noch nicht ausgeschöpft ist. Trotzdem dürfen sie den Binnenmarkt Schweiz nicht vernachlässigen. Hier beschäftigt die Branche derzeit 47184 Mitarbeitende. «Der Markt ist zwar gesättigt. Dafür wird in unserem Lande im Vergleich zum Gesamtvolkseinkommen und pro Kopf sehr viel Geld für Versicherungsdienstleistungen ausgegeben», sagt Georg Marti, Analyst bei der Zürcher Kantonalbank.
Die Branche vermochte nach fünf mageren Umstrukturierungsjahren mit grossen Schadensfällen Terrain zu gewinnen. Besonders die Nichtlebensversicherungen befinden sich mit einem Prämienwachstum von rund 1,8% im letzten Jahr in einer guten Verfassung. «Lediglich in den 1970er Jahren sind die aktuell tiefen Combined Ratios – also die Schadenkostenquoten – unterboten worden», sagt Marti. Das heisst: Die Profitabilitätssituation ist so hervorragend wie lange nicht mehr.
Trotz der möglichen hohen Gewinne bleiben die Entwicklungsmöglichkeiten aber stark von der Konjunkturlage abhängig. «Wir gehen davon aus, dass wir ungefähr im Gleichschritt mit der Wirtschaft wachsen werden. Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung ist für uns also von zentraler Bedeutung», sagt Lucius Dürr, der Direktor des Schweizerischen Versicherungsverbandes (SVV).
Liberalisierung mit Folgen
Bescheidener sieht die Perspektive im Rückversicherungsbereich aus: Solange es den Erstversicherern gut geht, behalten diese vermehrt Geschäfte zurück. Analyst Marti: «Grund dafür sind die Verteuerung der Rückversicherungsdeckungen sowie die derzeit vorhandene Marktkapazität für Risikodeckungen in der Versicherungsbranche.» Als derzeit wenig wachstumsträchtig bezeichnet er auch das Lebensversicherungsgeschäft. 2006 hat dieses wie schon in den beiden Vorjahren einen Rückgang verzeichnet (-1,8% des Prämienvolumens). Vor allem das Einzellebengeschäft schnitt mit einem Prämienminus von rund 3,4% schlecht ab. Hier sind laut Dürr einzig die fondsgebundenen Lebensversicherungen ein Wachstumsmotor.
Eine Herausforderung für die Versicherer bleibt der steigende Preiskampf im Massenmarkt. «Der Versicherungsmarkt ist in der zweiten Hälfte der 90er Jahre liberalisiert worden. Seither herrscht in der Branche intensiver Wettbewerb», bestätigt SVV-Direktor Dürr. «Mit dem neuen Versicherungsvertragsgesetz (VVG) wurde unter anderem die Teilbarkeit der Prämie eingeführt. Damit gewinnen Massnahmen zur Kundenorientierung und –bindung noch zusätzliche Bedeutung», erklärt Hansjörg Leibundgut, Mediensprecher der Allianz Suisse. Teilbarkeit der Prämie bedeutet, dass bei vorzeitiger Beendigung des Vertrages nur die Prämie für die Zeit bis zur Vertragsauflösung bezahlt werden muss. «Das wird und hat bereits zu einer Zunahme der Mutationen geführt», sagt Dominik Marbet von Bâloise.
Besonders hart umkämpft ist der Motorfahrzeugmarkt. Dieser hat sich im letzten Jahr mit einem Prämienwachstum von 2,8% überdurchschnittlich gut entwickelt.
Mehr Verkaufskanäle
Neben Anreizsystemen zur Kundenbindung steigern sämtliche grossen Versicherer ihre Effizienz. Wachstum streben viele der befragten Unternehmen mit einer Verstärkung von Cross- und Upselling an, also dem Verkauf von ergänzenden Produkten wie etwa Bankleistungen. Allgemein werden dafür die Vertriebskanäle ausgebaut. Beispiele sind die internetbasierten Maklerportale von Allianz Suisse, die Zusammenarbeit von Helvetia mit Raiffeisen und anderen Kooperationspartnern sowie der Ausbau des Direktvertriebs von Zurich Financial.
Trotz der Massnahmen für eine höhere Wettbewerbsfähigkeit ist die Angst vor den ausländischen Versicherungskonzernen überall spürbar. «Den Eintritt eines grossen Players wie etwa Axa nehmen wir nicht auf die leichte Schulter. Wir werden die Entwicklung sehr genau beobachten», meint man bei Helvetia. Auch Kurt Messerli von der Schweizerischen Mobiliar sagt: «Wir spüren die Aggressivität der internationalen Versicherer und haben davor Respekt.»
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Weltweit grösste Versicherungsdichte
Versicherungsmarkt
Die Schweizer Privatassekuranz umfasst 215 beaufsichtigte Versicherungsgesellschaften mit einem Pro-Kopf-Prämienvolumen von 7029 Fr. im Jahr 2005. Damit ist die Schweiz das Land mit der weltweit grössten Versicherungsdichte.
Prämienvolumen
Die Schweizer Versicherer generieren im Inland ein Prämienvolumen von rund 53,5 Mrd Fr. Der Auslandsmarkt umfasst Prämien in der Höhe von 122,3 Mrd Fr. Die Rückversicherer generieren dabei über 90% ihrer Prämien im Ausland. Bei den Sachversicherern liegt dieser Anteil bei rund drei Vierteln. Die Prämien der Lebensversicherer fallen hälftig im Ausland und im Inland an.
Versicherungs-Vertragsgesetz
Seit 2006 ist das revidierte Versicherungsvertragsgesetz in Kraft. Kernpunkte der Revision waren die Einführung einer Informationspflicht der Versicherungsgesellschaft und die Neuregelung der Anzeigepflichtverletzung. Zudem ist die Teilbarkeit der Prämie bei vorzeitiger Beendigung des Versicherungsvertrages möglich. Neu endet der Vertrag zum Zeitpunkt der Handänderung eines Versicherungsgegenstandes.