Ein neuer Trend kommt in der Schweiz an: Virtuelle Wegwerfkreditkarten. Revolut hats vorgemacht, nun schicken sich andere Banken an, nachzuziehen, wie Recherchen zeigen. So kündigt Neon-Geschäftsführer Jörg Sandrock an, auf nächstes Jahr auch virtuelle Kreditkarten zum einmaligen Gebrauch anbieten zu wollen. Normale virtuelle Karten sollen schon dieses Jahr ins Sortiment kommen.

Worum geht es? Kreditkarten werden zunehmend nicht mehr auf Plastik ausgestellt. Die britische Neobank Revolut bietet ihren Kunden – auch in der Schweiz – schon lange «virtuelle» Karten an. Diese haben die gleichen Merkmale wie normale Kreditkarten, bloss existieren sie nur digital in der App der Bank. Sie können online oder über Bezahl-Wallets wie Apple Pay eingesetzt werden, nicht aber an altmodischen Terminals, die eine physische Karte voraussetzen.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

In der Funktionalität unterscheiden sich physische und virtuelle Karten ansonsten nicht, sagt Mastercard-Sprecherin Juliane Schmitz-Engels. «Der einzige Unterschied besteht darin, ob sie als physisches 'Plastik' existieren oder nicht.»

Schnell ausgestellt, schnell gesperrt, schnell ersetzt

Wozu das? Einerseits haben virtuelle Karten den Vorteil, dass sie innert Sekunden ausgestellt werden können. Und das praktisch ohne Kosten in Herstellung und Vertrieb. Das kann nützlich sein im Falle des Verlustes oder der Sperrung einer bestehenden Karte.

Bei Revolut können sich Kunden auch mehrere Karten anlegen und diese dann nur für ganz spezifische Zwecke freigeben: Eine nur für Apple Pay, eine andere nur für Online-Zahlungen. Die Gefahr von Skimming, der physischen Kopie einer Karte, besteht bei virtuellen Karten auch nicht.

Nach Revolut hat diesen Mai auch die UBS virtuelle Karten lanciert und ist damit offenbar auf grosses Interesse gestossen, wie die HZ aus dem Umfeld der Bank erfahren hat.

Derzeit steht den Kunden jeweils nur eine solche Karte als «Ergänzung» zur Verfügung. Die Bank arbeitet jedoch daran, das Angebot zu erweitern und den Bezug mehrerer Karten möglich zu machen.

Lassen sich die Karten beliebig oft sperren und wieder aktivieren, bringt das einen weiteren Nutzen. So werden die virtuellen Karten offenbar gerne für Online-Einkäufe eingesetzt. Bei Revolut sollen alleine am letzten «Black Friday», dem Verkaufsevent in der Vorweihnachtszeit, mehrere Tausend virtuelle Karten eröffnet worden sein, hört man.

Vor allem dann, wenn man einem Händler vielleicht nicht ganz so traut, kann es praktisch sein, eine Karte zu besitzen, die man nach der Bezahlung einfach wieder sperren kann. Oder Ersetzen. Um auf Nummer sicher zu gehen.

Einweg-Kreditkarten ersetzen sich automatisch nach jedem Gebrauch

Und in diese Richtung zielen die neuen Wegwerfkarten, oder «disposable virtual cards», wie sie bei Revolut heissen. Sie ändern nach jeder Transaktion automatisch die Kartennummer und andere sicherheitsrelevante Merkmale. Und verwandeln sich so eigentlich in eine neue, jungfräuliche Karte. Sollten Kartendaten bei einem Einkauf gestohlen werden, können die Diebe nichts mit den Zahlenkombinationen anfangen.

Die Wegwerfkarten schützen nicht nur vor dubiosen Onlinehändlern, sondern können auch im privaten Umfeld eingesetzt werden, wie ein Banker anmerkt. Wer seine Karte kurz einem Freund zur Verfügung stellen will, um eine Zahlung auszuführen, gibt ihm am besten die Daten der Einmal-Karte an. Ähnliche Verwendungszwecke sind im Unternehmensumfeld denkbar. Den Mitarbeitern für Spesen und Auslagen virtuellen Kartenzuzuteilen ist deutlich einfacher, als physische Plastikkarten ausstellen zu lassen.

In der Schweiz bietet Yokoy Firmen-Kreditkarten als virtuelle Karten an. Das Startup, das vor kurzem nach Deutschland expandiert hat, vertreibt Karten zusammen mit der Hypothekarbank Lenzburg. Yokoy ist gestartet als Anbieterin eines Tools für die Spesenabrechnung, positioniert sich aber zunehmend mit eigenen Finanzdienstleistungen (mehr über Yokoy im Startup Podcast der HZ).