Das sind echte Kurs-Raketen! Die Aktie von Visa hat sich in den letzten drei Jahren verdreifacht. Mastercard lag im selben Zeitraum bereits mit 250 Prozent im Gewinn, also ein Anstieg auf das Dreieinhalbfache. American Express schneidet da zwar mit einem Plus von 50 Prozent nicht ganz so gut ab. Aber selbst das ist weit mehr als der Leitindex Dow Jones. Denn dieser bringt es im selben Zeitraum nur auf Kurssteigerungen von 30 Prozent.
Georg Pröbstl ist Chefredaktor des Börsenbriefs Value-Depesche. Der Börsendienst ist auf substanzstarke unterbewertete Aktien mit guten Perspektiven aus Deutschland, Österreich und der Schweiz spezialisiert. Die jährliche Performance des Musterdepots seit Start im April 2010 beträgt +14,6 Prozent (DAX: +7,8 Prozent).
Transparenzhinweis: Der Autor berät Anlageprodukte. In diesem Beitrag besprochene Aktien können zum Anlageuniversum zählen.
Die Aktien der drei Kreditkartenanbieter folgen dabei allerdings nur mehr oder weniger einem grossen Trend: bargeldloses Bezahlen. So hat sich die Zahl der weltweiten Transaktionen mittels Kreditkarte bei den grossen sechs Anbietern – neben den genannten drei sind das die nicht börsenkotierten Karten-Konzerne Diners Club, JCB und UnionPay alleine in 2018 um 24,9 Prozent auf 368,9 Milliarden erhöht. 2010 waren es nur halb so viele.
In den USA könnte Bargeld schon bald verschwunden sein
Mit einem Marktanteil von etwa 45 Prozent ist Visa der grösste Player im Sektor, gefolgt von Mastercard mit einem Anteil von rund 25 Prozent. Etwas grösser ist die chinesische, nicht börsenkotierte UnionPay mit knapp 27 Prozent Marktanteil – dabei vor allem Chinesen. American Express und Diners Club kommen im Vergleich dazu nur auf geringfügige Anteile am weltweiten Transaktionsaufkommen von 2,3 und 0,7 Prozent.
Die Steigerungen im Kreditkartengeschäft kommen nicht nur von der stark wachsenden Zahl an Kartenbesitzern – derzeit sind rund 2,8 Milliarden Kreditkarten weltweit im Umlauf –, sondern auch durch immer mehr Menschen, die mit oder teilweise fast nur noch mit Kreditkarte bezahlen. 40 Prozent der Amerikaner nutzen Kreditkarten regelmässig und 60 Prozent der US-Bürger gehen davon aus, dass es in den USA schon bald kein Bargeld mehr geben wird.
Corona könnte den Trend weg vom Bargeld beschleunigen
Und Corona könnte diesen Trend hin zu einer Cashless-Gesellschaft noch beschleunigen. Immerhin ist bei vielen Detailhändlern in vielen Ländern beim Bezahlen an der Kasse zu lesen: Bitte bargeldlos bezahlen wegen Corona-Ansteckungsgefahr!
Handelsketten, Restaurants und Detailhändler bitten jetzt verstärkt um Kartenzahlung alternativ zu Bargeld, um den Kontakt zwischen Kunden und Mitarbeitern an der Kasse soweit wie möglich einzuschränken und um Ansteckungen mit der Krankheit zu vermeiden und so insbesondere auch die Beschäftigten zu schützen.
Kenner des Kreditkartensektors gehen sogar davon aus, dass Corona den grundsätzlichen Trend in der Wirtschaft weg von Bargeld hin zu Bargeldlos um Jahre vorantreiben könnte. So rechnen die Experten beim Beratungshaus Oliver Wyman damit, dass der Anteil von Barzahlungen am Umsatz im Detail- und Online-Handel von derzeit 47 auf 32 Prozent in 2025 sinken wird.
Für den Fall, dass die aktuelle, infolge von Corona erfolgte Zunahme von bargeldlosen Zahlungen im Handel auch nach der Pandemie anhält, halten die Berater von Oliver Wyman in fünf Jahren sogar einen deutlich geringeren Anteil von Bargeld an den Umsätzen in den Geschäften von nur noch 20 Prozent für möglich. Vor Corona gingen die Fachleute von einem Absinken des Anteils von Cash beim Einkauf von 37 Prozent in 2025 aus.
Kartenanbieter locken Kunden mit schnellen Transaktionen
Die Kartenanbieter unterstützten diesen Trend sogar noch mit verschiedenen Aktionen. So haben in den letzten Monaten und Quartalen viele Anbieter das Limit für kontaktloses Zahlen mit der Karte ohne Eingabe des PIN erhöht. So geht das Zahlen an der Kasse noch schneller und bequemer und das dürfte für viele Konsumenten ein wichtiger Entscheidungsfaktor sein für bargeldlose Einkäufe.
Die Pandemie samt Lockdown in vielen Lebensbereiche schlägt sich schon jetzt positiv in den Zahlen der Kartenfirmen nieder. Denn während in fast allen Wirtschaftssektoren mehr oder weniger starke Umsatzeinbrüche zu beobachten sind, berichtet beispielsweise Kartenanbieter Mastercard im ersten Quartal über einen Umsatzanstieg um drei Prozent auf 4,0 Milliarden Dollar.
Wegen extra Ausgaben für Werbung und Bonusprogrammen für die Kundengewinnung fiel der Gewinn des zweitgrössten börsennotierten Kartenanbieters weltweit zwar um sieben Prozent auf 1,7 Milliarden Dollar. Doch die Zahlen lagen über den Schätzungen der Analysten.
Visa – Quartalszahlen über den Erwartungen…
Besser als erwartet lief es im ersten Quartal auch beim Marktführer Visa. Der Finanzdienstleister aus San Francisco steigerte den Umsatz in den drei Monaten um 7 Prozent auf 5,9 Milliarden Dollar und legte auch beim Gewinn um 4 Prozent auf 3,1 Milliarden Dollar zu.
Zwar halten sich die Kalifornier hinsichtlich ihres Ausblicks zurück. Sie sehen in der Gesamtwirtschaft schon jetzt einen deutlichen Rückgang der Konsumausgaben infolge Pandemie und erwarten holprige Monate. Doch die Aktie konnte sich vom Corona-Crash im März schon wieder kräftig erholen und notiert nur noch knapp unter dem Allzeithoch vom Februar.
… und kurzfristige Trading-Chancen
Die Corona-Konsum-Schwäche wegen Jobverlust und Rezession wird früher oder später ausgebügelt. Sind deshalb die langfristigen Perspektiven der Kartenanbieter wegen des starken Wachstums von Bargeldlos intakt, so sehen trading-orientierte Anleger bei Visa jetzt sogar kurzfristig gute Chancen.
Denn die Aktie notiert knapp unter der psychologisch wichtigen Marke von 200 Dollar und nur wenige Dollar unter dem langfristigen Aufwärtstrend. Klappt der Sprung über die 200, dann sind bei der Visa-Aktie ganz schnell neue Rekorde drin.
Bei Mastercard sehen die Chancen fast identisch aus. Die Aktie konnte jetzt sogar die psychologische Marke von 300 Dollar schon überspringen und auch wieder die untere Trendlinie des langfristigen Aufwärtstrends knacken. Da sind schnelle Kursgewinne von 10 Prozent in den Bereich des Allzeithochs ebenfalls vom Februar zu erwarten.
Warren Buffett bei American Express an Bord
Weniger erfreulich dagegen ist die Situation bei American Express. Der Kartenanbieter verzeichnete im ersten Quartal einen Gewinnrückgang um 76 Prozent. Allerdings ist der Finanzkonzern aus New York nicht nur mit Kreditkarten im Geschäft, sondern auch mit Krediten, Versicherungen und Dienstleistungen rund ums Reisen.
Und diese sind jetzt in Corona-Zeiten besonders wenig nachgefragt. Charttechnisch betrachtet notiert die Aktie noch ein Drittel unter dem Allzeithoch vom Februar und der Aufwärtstrend ist weit entfernt. Hoffnung allerdings ist Warren Buffett.
Die Investorenlegende aus Omaha im US-Bundesstaat Nebraska ist mit seiner Investmentgesellschaft Berkshire Hathaway mit einem Anteil am Kartenanbieter von knapp 20 Prozent bei weitem Abstand der grösste Einzelaktionär. Und wenn Buffett eine Aktie gut findet, dann muss doch was dran sein.