Die aktuelle Börsenkonsolidierung zeigt erneut die Notwendigkeit, die Volatilität und ihre Auswirkungen beim Fondsmanagement zu analysieren. Denn während in der letzten Woche die Aktienkurse überall in der Welt fielen, stieg ihre Volatilität. Auf einigen Märkten sogar in signifikantem Mass. Zum Beispiel der Volatilitätsindex der amerikanischen Aktien, Vix, stieg vom 26. zum 27. Februar von 11% auf 18% an. Wie kann man dieses Phänomen beim Fondsmanagement nutzen?
Aufwärtspotenzial vorhanden
Da sich die implizite Volatilität im Allgemeinen bei einem Börsenkrach entgegengesetzt zum Aktienwert entwickelt, kann sie in einem Fonds als Sicherungsinstrument genutzt werden. Sie kann aber auch steigen, wenn die Aktienwerte zu schnell ansteigen. So führten der Anstieg des Nikkei Index im Herbst 2005 oder der extreme Preisanstieg auf dem chinesischen Aktienmarkt zu einer Erhöhung der impliziten Volatilität. Im Nachhinein betrachtet ein interessantes Signal für eine Konjunkturüberhitzung.
Heute hingegen, nach vier Jahren Hausse in Folge und trotz der aktuellen Kurskorrektur, liegt die implizite Volatilität der europäischen Aktien nahe ihrem historischen Tiefstand und weit unter ihrem langfristigen Mittelwert. Sie weist damit ein sehr günstiges asymmetrisches Anlageprofil auf: Das Risiko einer zusätzlichen Kurssenkung (der niedrigste Wert des Vix Index liegt bei 9% im Jahr 1993) ist beschränkt und das Wachstumspotenzial bei zunehmender Verunsicherung an der Börse stark.
Zum Zeitpunkt des stärksten Börseneinbruchs im Jahr 2002 erreichte der Vix-Index zum Beispiel 50%, war also dreimal so hoch wie heute. Theoretisch ist die Entwicklung der Volatilität aber auf natürliche Weise beschränkt. Eine extreme und ständige Volatilität der Aktien würde die Effektivität eines Börsenmarktes bedrohen, der dann mehr Ähnlichkeit mit einem Kasino hätte. Aktien können aber auch nicht auf unbegrenzte Zeit eine geringe Volatilität aufweisen, ausser wenn alle Ereignisse, welche Einfluss auf die Kursentwicklung haben, komplett transparent wären. Die letzten Wochen haben uns gezeigt, dass dies nicht der Fall ist und die Volatilität sehr einfach wieder steigen kann.
Faktor Zeit bestimmt Volatilität
Viele Finanzinstrumente hängen direkt mit der Volatilität zusammen. Der Vix Index unterstützt zum Beispiel Futures, die an Terminmärkten in Chicago gehandelt werden. Diese sind jedoch für Privatanleger kaum erhältlich und weisen eine zu geringe Liquidität für gross angelegte Operationen von Grossanlegern auf. Eine leichter erhältliche Alternative gibt es jedoch mit den Bezugsscheinen, die einige Banken entsprechend ausgeben. In beiden Fällen spiegelt der Preis des Finanzinstruments nicht nur den Stand des Vix Index oder jedes anderen Volatilitätsindex wider, sondern verzeichnet auch einen Kursanstieg oder
-verlust, in Abhängigkeit von der Situation der Terminstruktur der Volatilitäten.
Denn wie bei den Zinsen wird das Volatilitätsniveau hinsichtlich des Underlying nach der Zeit festgelegt. Dies, weil die Risikoscheu der Anleger von der Lebensdauer der Option abhängt. So ist die implizite Volatilität einer einmonatigen Option zurzeit höher als die einer sechsmonatigen Option. Noch vor einem Monat war die Situation umgekehrt. So liegt der Preis für einen Bezugsschein, der in sechs Monaten fällig wird, heute leicht unter dem Vix Index, nachdem dieser einen Kursanstieg verzeichnet hat.
Eine andere Möglichkeit, aus einem Anstieg der Volatilität Nutzen zu ziehen, ist es, in Volatility- Arbitrage-Fonds anzulegen. Seit einigen Wochen sind diese bei Grossanlegern heiss begehrt, und mehrere Fondsmanagement-Gesellschaften, insbesondere in Frankreich, haben diese neuen Fonds erfolgreich auf den Markt gebracht. Ausserdem eignen sich, ähnlich wie Optionen, auch konvertible Anleihen, wenn ihre Underlying-Aktie stärkere Kursschwankungen verzeichnet. Die Arbitrage von konvertiblen Anleihen ist die auf langfristige Sicht rentabelste Art der Arbitrage und diejenige, die beim alternativen Fondsmanagement am beliebtesten ist.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Volatilität nicht nur als Masseinheit für das Risiko beim Fondsmanagement dient, sondern über strukturierte Produkte und Arbitrage-Fonds auch ein Investitionsinstrument sein kann. Diese Finanzinstrumente verbessern die Vielfalt eines Fonds und verschaffen Zugang zu einem der wenigen Wertpapiere, die, trotz des Anstiegs der letzten Tage, noch in ihrem Kurs zu sinken scheinen.
------
Definition: Nervosität erhöht implizite Volatilität
Historische Volatilität Masseinheit («Standardabweichung») für die täglichen Schwankungen von Wertpapieren in der Vergangenheit.
Implizite Volatilität Preis der Optionen auf den Derivatemärkten. Gibt die Risikoscheu der Anleger in der Zukunft (bis zur Fälligkeit der Option) an. Je unruhiger die Anleger sind, desto mehr Sicherungsoptionen kaufen sie und desto stärker steigt demzufolge die implizite Volatilität.