Volkswagen will mit dem Verkauf von E-Autos schon bald eine vergleichbare Rendite einfahren wie mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren. «Wir gehen davon aus, dass unsere Margen in der E-Mobilität und im Verbrenner-Geschäft bereits in zwei bis drei Jahren auf demselben Niveau liegen werden», sagte Konzernchef Herbert Diess am Donnerstag auf der virtuellen Hauptversammlung. Bis 2030 solle der weltweite Markt für batteriegetriebene Fahrzeuge die Verbrenner-Autos auch beim Absatz eingeholt haben. «E-Autos werden dann deutlich günstiger als Verbrenner sein», sagte Diess. Den aussergerichtlichen Vergleich mit dem früheren Konzernchef Martin Winterkorn im Dieselskandal winkten die Aktionäre mit 99,9 Prozent der Stimmen durch.
Anschieben will Europas grösster Autokonzern die Elektro-Offensive durch weitere Einsparungen, die Ausweitung der schon im traditionellen Autogeschäft erfolgreich eingeführten Plattformstrategie sowie digitale Mobilitätsdienste. Bis zur Mitte des Jahrzehnts will Volkswagen nach bereits bekannten Plänen die nächste Generation einer rein elektrischen und digitalen Plattform (SSP) entwickeln, auf der dann alle Modelle aller Marken und Segmente gebaut werden sollen. Auch vom Einbau einer sogenannten Einheitszelle in die Energiespeicher von E-Autos im Volumensegment verspricht sich der Konzern deutliche Kostensenkungen. Bis zum Ende des Jahrzehnts soll die Hälfte der Neuwagenflotte aus Elektroautos bestehen, um die schärferen Klimavorgaben zu erfüllen.
Finanzieren will Volkswagen den Schwenk in die E-Mobilität aus eigener Kraft und rückt den Verkauf von Unternehmensteilen zur Finanzierung nicht in den Fokus. «Wir werden weiterhin hohe Cashflows erwirtschaften, um die Transformation zu finanzieren», sagte Diess den Aktionären. Die Ertragskraft solle weiter steigen. Dazu werde auch eine tiefere Wertschöpfung in den neuen Geschäftsfeldern «Batterie und Laden» beitragen, kündigte er an. Die für 2025 in Aussicht gestellte Anhebung des operativen Renditeziels auf acht bis neun (bisher sieben bis acht) Prozent bekräftigte er.
Wegen des Chipmangels konnte Volkswagen im ersten Halbjahr Hunderttausende Autos nicht bauen. Unter dem Engpass leide nahezu der gesamten Konzern, insbesondere China und fast alle Pkw-Marken, sagte Einkaufschef Murat Aksel. Das Management arbeite intensiv daran, die Versorgungslage zu verbessern und die Auswirkungen des Chipmangels zu mindern. «Dennoch konnten wir im ersten Halbjahr eine hohe sechsstellige Anzahl Fahrzeuge nicht wie geplant produzieren.»
Davon hat sich der weltweit zweitgrösste Autobauer bisher aber nicht ausbremsen lassen und bereits veröffentlichten vorläufigen Zahlen zufolge in der ersten Jahreshälfte einen Betriebsgewinn von rund elf Milliarden Euro eingefahren. In der zweiten Jahreshälfte dürfte sich die Knappheit an Halbleitern allerdings stärker auswirken, da es wegen der Pandemie in Südostasien zu Produktionsstillständen bei wichtigen Lieferanten kommt.
Weitere Etappe im Dieselskandal abgehakt
Derweil kann der Wolfsburger Konzern einen weiteren Teil in der als Dieselskandal bekannten Manipulation von Abgaswerten in Millionen von Autos abhaken. Auf der Hauptversammlung stimmten je 99,9 Prozent der Aktionäre dem aussergerichtlichen Vergleich mit dem ehemaligen Vorstandschef Winterkorn und Ex-Audi-Chef Rupert Stadler über eine millionenschwere Entschädigungen für Versäumnisse in der Dieselaffäre zu. IG-Metall-Chef und VW-Aufsichtsratsvize Jörg Hofmann hatte zuvor für die Vereinbarung geworben. Er nannte den Vergleich angemessen, auch wenn die Strafprozesse gegen die beiden früheren Manager noch nicht abgeschlossen seien.
Zwar übersteige der durch die Abgasmanipulation entstandene Gesamtschaden von mehr als 32 Milliarden Euro die Zahlungen der Ex-Manager deutlich. Dieser sei aber nur zu einem vergleichsweise geringen Teil Winterkorn und Stadler zuzurechnen. Ausserdem reiche die finanzielle Leistungsfähigkeit der beiden Ex-Manager – auch unter Berücksichtigung der D&O-Versicherung – bei weitem nicht aus, um den entstandenen Schaden auszugleichen. Man habe sich daher entschieden, einen Schlussstrich zu ziehen, sagte Hofmann.
Volkswagen hatte sich nach langwierigen Verhandlungen mit den Anwälten auf Details einer Entschädigung für den Dieselskandal verständigt. Winterkorn zahlt demnach 11,2 Millionen Euro, auf Stadler entfallen 4,1 Millionen. 270 Millionen Euro erhält Volkswagen von der Haftpflichtversicherung (D&O), die der Konzern für sein Top-Management abgeschlossen hat. Der Vergleich war bei Kleinaktionären und Fondsgesellschaften im Vorfeld der Hauptversammlung kritisiert worden. ¨
Sie monierten, dass die Summe unter dem liegt, was Winterkorn zuletzt als Vorstandschef verdient hat und er keine weiteren Forderungen von VW fürchten muss.
(reuters/tdr)