Angesichts drohender US-Zölle auf Importwagen will Volkswagen Elektroautos in den USA bauen: VW steckt rund 800 Millionen Dollar für die Fertigung der Stromer in ihr Werk in Chattanooga. 2022 soll dort mit dem Stadtgeländewagen ID Crozz das erste voll elektrische Modell auf Basis des VW-Elektrobaukastens vom Band rollen, wie Konzernchef Herbert Diess am Montag in Detroit mitteilte.
Konjunktursorgen und der Zollstreit drückten gleichzeitig die Stimmung auf der grössten nordamerikanischen Automesse. Die deutsche Branche sieht die Handelspolitik der Trump-Regierung mit grosser Sorge und fordert, den transatlantischen Zollstreit zu beenden.
«Die Entscheidung, unsere US-Fertigung für Elektrofahrzeuge in Chattanooga anzusiedeln, ist ein wesentlicher Bestandteil der Wachstumsstrategie von Volkswagen in Nordamerika», sagte Diess. «Wir kämpfen um Marktanteile in den USA.»
E-Bulli soll vom Band rollen
Lange hatte das Unternehmen offengelassen, ob es das Werk in Tennessee auf Elektrofahrzeuge umrüstet. Chattanooga gilt als vergleichsweise gering ausgelastet. Der E-Bulli ID Buzz soll in den USA ebenfalls angeboten werden.
US-Präsident Donald Trump, der sein Land von Handelspartnern unfair behandelt sieht, droht mit hohen Sonderzöllen auf Importautos. Das würde die Branche stark belasten.
Durch den Ausbau des Werks Chattanooga entstünden bis zu 1000 direkte Arbeitsplätze sowie weitere Jobs bei Zulieferern in der Region, teilte Volkswagen mit. Weltweit entstehen in den nächsten Jahren acht Fabriken in Europa, Nordamerika und China, die den VW-Elektrobaukasten für den Bau von E-Autos nutzen.
Trump besänftigen
Volkswagen betrachtet die Entscheidung zum Bau eines Elektroautos in den USA auch als Beitrag, um US-Präsident Donald Trump von seinen angedrohten Importzöllen abzubringen. «Wir hoffen, dass wir mit der Investition in Chattanooga einen Beitrag zur Vermeidung von Zöllen zwischen Europa und den USA leisten können, und wir werden weiter daran arbeiten», sagte Konzernchef Herbert Diess am Montag auf der Automesse in Detroit. Volkswagen sei nach wie vor der Meinung, dass Zölle der falsche Weg seien, bekräftigte Diess. Die Autobauer seien von der US-Regierung «nachdrücklich ermutigt» worden, mehr in den USA zu investieren, und täten dies auch.
Die deutschen Autokonzerne waren auf die Zoll-Drohungen von Trump eingegangen und hatten bei einem Spitzentreffen im Weissen Haus im Dezember ein stärkeres Engagement in den USA versprochen. Sie wollen weiter in ihre Fabriken dort investieren und neue Jobs schaffen.
Diess hatte bei der Gelegenheit zudem eine globale Allianz mit dem US-Autobauer Ford in Aussicht gestellt, über die beide schon länger verhandeln. Das Bündnis soll über die bereits angekündigte Zusammenarbeit bei leichten Nutzfahrzeugen hinausgehen und sich auf gemeinsame Projekte für Roboterautos sowie in der Elektromobilität erstrecken, wie die Nachrichtenagentur Reuters im Vorfeld der Messe erfahren hatte.
Ende des Zollstreits gefordert
Spitzenmanager von Pkw-Herstellern haben auf der Automesse in Detroit von Donald Trump ein Ende des Zollstreits und der Haushaltsblockade gefordert. FiatChrysler-Chef Mike Manley sagte am Montag, dass die Sonderzölle auf Stahl und Aluminium die Kosten der Fahrzeug-Produzenten in diesem Jahr um 300 bis 350 Millionen Dollar erhöhen dürften.
Dies entspreche auf Basis der US-Verkaufszahlen vom vergangenen Jahr einer Verteuerung von 135 bis 160 Dollar je Auto. Die seit gut drei Wochen andauernde Haushaltssperre wegen Trumps Streit mit den oppositionellen Demokraten verzögere zudem die Zulassung eines neuen wichtigen Pickup-Models. «Je früher sie gelöst werden kann, um so besser», ergänzte Manley.
Der für den US-Vertrieb zuständige Toyota-Manager Bob Carter sagte, dass der japanische Autobauer drei Mal die Preise erhöhen musste wegen der zusätzlichen Kosten durch die Zölle. General Motors und Ford sprachen ebenfalls von «Gegenwind». Hyundai-Manager Brian Smith forderte schnellst mögliche Klarheit, um die Zulieferkette anzupassen. «Das dauert viel zu lang», sagte er.
(sda/awp/reuters/tdr/mbü)