Der Unterschied könnte augenfälliger nicht sein. Die beiden schwedischen Nutzfahrzeughersteller Volvo und Scania schlossen zwar beide das Geschäftsjahr 2002 mit schwarzen Zahlen ab, doch diese fielen höchst unterschiedlich aus. Allerdings ist die Vergleichbarkeit der Ergebnisse insofern etwas erschwert, als Volvo wie Scania Nutzfahrzeuge, Busse und Schiffsmotoren produziert (ca. 80% des Konzernumsatzes), daneben aber auch noch Baumaschinen und Flugzeugkomponenten fertigt. Volvo übertrifft mit seinem Umsatz von 177,1 Mrd sKr Konkurrent Scania um das Dreieinhalbfache. Beim Reingewinn (Net Income) allerdings ist es gerade umgekehrt, mit 2739 Mio sKr erzielte Scania mehr als den doppelten Gewinn wie Volvo (1393 Mio sKr). Kein Wunder stellt Scania CEO Leif Östling im Gespräch mit der «HandelsZeitung» fest: «Wir sind ein sehr gutes Unternehmen» (siehe Interview auf Seite 51).
Ein weiterer entscheidender Unterschied zwischen den beiden Firmen ist ihr Modellprogramm. Volvo ist zusammen mit Renault Trucks und der US-Tochter Mack Trucks nicht nur ein Global Player, sondern auch ein Full-Line-Anbieter, während sich Scania auf Nutzfahrzeuge ab 15 t Gesamtgewicht konzentriert und auf dem USA-Markt bewusst Abwesenheit markiert. Scania verkauft 70% der Fahrzeuge in Westeuropa, 8% in Mittel- und Osteuropa, 8,5% in Lateinamerika und knapp 10% in Asien.
Volvo erzielt 56% der Fahrzeugverkäufe in Europa, rund 6% in Osteuropa, 23% in den USA, knapp 4% in Südamerika und 6% in Asien. Scania-Chef Leif Östling ist sich durchaus bewusst, dass die Abwesenheit in den USA in guten Zeiten Umsatz kostet, in schwierigen Zeiten, wie beispielsweise die vergangenen drei Jahre, aber auch nicht zu Verlusten führt(e).
Mit der Übernahme der Aktivitäten der damaligen Renault Vehicules Industriels SA (RVI) vor einigen Jahren machte Volvo einen Quantensprung im Nutzfahrzeuggeschäft, der wie immer in solchen Fällen nicht nur Chancen, sondern eben auch Risiken beinhaltet. Vor allem die Präsenz auf dem zu extremen Ausschlägen neigenden USA-Truck-Markt hat Volvo in den vergangenen Jahren erheblich Geld gekostet. Scania wird sich auch in Zukunft klar auf den Bereich schwerer Nutzfahrzeuge konzentrieren und kann heute dank des ausgeklügelten Baukastensystems eine Vielzahl unterschiedlichster kundenorientierter Fahrzeuge produzieren. Zudem will man die sich in Asien bietenden Chancen gezielter nutzen. Mit dem japanischen Hersteller Hino (der zu Toyota gehört) vereinbarte Scania im vergangenen Jahr eine Zusammenarbeit, die schwergewichtig einmal darin besteht, dass Hino Scania unterstützt, den japanischen Markt zu erobern. Über weitere gemeinsame Pläne wird derzeit nachgedacht. Auch im japanischen Bootsmotorenmarkt will Scania dank der Hilfe des einheimischen Herstellers Yanmar stärker Fuss fassen.
Gemeinsame Architektur
Volvo hat nach den Worten von Leif Johansson, President und CEO der Gruppe, im vergangenen Jahr die Integration von Renault Trucks und Mack Trucks weiter vorangetrieben und zudem die Voraussetzungen für eine gemeinsame Fahrzeug-Architektur geschaffen. Mit einem Produktionsvolumen von rund 160000 Nutzfahrzeugen kann Volvo bei den Fertigungs-, aber auch bei den Forschungs- und Entwicklungskosten durchaus Synergien erzielen.