Die Digitalisierung zieht einen Graben durch Schweizer Unternehmen. Das zeigt eine Studie der Commerzbank. Sie hat 200 Führungskräfte in der deutschsprachigen Schweiz befragt und festgestellt: Im internationalen Vergleich nimmt die Schweiz eine Vorreiterrolle ein. Fast jedes zweite Unternehmen hat schon heute die komplette Geschäftstätigkeit digitalisiert. In Deutschland sind es nur 27 Prozent der befragten Unternehmen.

«Digitalisierung ist im Hochlohnland Schweiz von zentraler Bedeutung, damit die Unternehmen konkurrenzfähig bleiben», erläuterte Marc Steinkat, Chief Executive Officer (CEO) der Commerzbank Schweiz bei der Vorstellung der Studie. Die Ergebnisse belegen aber auch den schwierigen Balanceakt, vor den der Wandel durch die Digitalisierung Schweizer Firmen stellt.

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Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland

Denn bei der Personalsuche zeigt sich eine Diskrepanz: Jedes zweite Unternehmen setzt auf die Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland und versucht, mit gezielten Angeboten besonders gefragte Spezialisten zu gewinnen – zum Beispiel IT-Experten. Die Hürden, denen die Firmen begegnen – aufgrund von Kontingenten und den Folgen der MEI-Initiative – benennen die Unternehmen als grosse Bremse.

Andererseits setzt nicht einmal jede dritte Firma darauf, Quer- und Wiedereinsteiger in das Auswahlverfahren einzubeziehen. Noch weniger Schweizer Firmen – gerade einmal jede vierte – bemühen sich darum, die Laufbahn hoch qualifizierter älterer Mitarbeiter in eine Richtung zu entwickeln, die dem Unternehmen nützt. Immerhin 42 Prozent bieten gemeinsame Weiterbildungsangebote mit anderen Unternehmen oder Hochschulen an.

Commerzbank will 80 Prozent ihrer Prozesse digitalisieren

Die Commerzbank sieht sich beim digitalen Wandel als Impulsgeber für ihre Kunden – auch gerade, weil das Geldhaus selbst sich diesen Veränderungen stellt. Die zweitgrösste deutsche Bank, die in der Folge der Finanzkrise arg ins Schleudern geraten ist, möchte bis 2020 rund 80 Prozent seiner Prozesse digitalisieren. Der aktuelle Stand liegt bei 30 Prozent. Um diesen Sprung zu schaffen, investiert die Commerzbank 700 Millionen Euro (750 Millionen Franken) jährlich bis 2020, um im gleichen Zeitraum bereits 1,1 Milliarde Euro durch effizientere Prozesse einzusparen.

Dabei geraten auch bei der Grossbank höher qualifizierte Jobs in den Fokus. Dienstleistungen sollen stärker durchgehend digitalisiert werden, wie Sven Gohlke,  Leiter des Europa-Geschäftes, sagt. Das Ziel sind digitale «End-to-End»-Formate, bei denen viele Dienstleistungen von Algorithmen abgewickelt werden. Diese Entwicklung kann laut Deloitte bald auch Anlagebereater ihren Job bei einer Bank kosten.

Kontoeröffnung in sieben Stunden statt zehn Tagen

Die Commerzbank steht unter dem gleichen Druck wie alle Geldhäuser in der Branche. Nicht nur, dass Fintechs immer stärker in die Gewässer der klassischen Banken drängen. Die Kunden wünschen sich auch, über die klassischen Bankdienstleistungen mobil und flexibel verfügen zu können. «Wir haben die Zeit für eine Kontoeröffnung von zehn Tagen bereits auf sieben Stunden gesenkt», sagt Schweiz-Chef Steinkat. «Aber das reicht nicht, wir müssen noch schneller werden».

Dafür braucht es das richtige Personal. Das heisst: Im Zuge seines Sparkurses baut das Unternehmen rund 9600 Stellen ab, gut 20 Prozent der Mitarbeiter. Gleichzeitig will das Unternehmen 2000 Jobs schaffen, gesucht werden vor allem IT-Experten. Hier zeigt sich der schmerzhafte Prozess der digitalen Transformation – die Aussichten,  bereits angestellte Mitarbeiter für die neuen Stellen auszubilden, sind klein. «Sie können aus einem Schaltermitarbeiter nur schwer IT-Spezialisten machen», sagt Steinkat.

Schweiz bleibt bei 130 Mitarbeitern

Für die Schweizer Dependance der deutschen Grossbank bedeutet Digitalisierung, dass sich das Wachstum nicht in mehr Personal niederschlägt. Während das Firmenkundengeschäft hierzulande zweistellig zulegt, soll es bei einem Personalumfang von 130 Mitarbeitern bleiben.