Rigoros krempeln CEO Herbert Scheidt und Verwaltungsratspräsident Peter Wagner die Bank Vontobel um. Die Gruppenleitung ist völlig neu zusammengesetzt worden. Das passt nicht allen Mitarbeitern. Langjährige Kaderangehörige haben das Weite gesucht. Bankiers von Vontobel beklagen sich, dass die Loyalität der Angestellten gelitten und die alte Unternehmenskultur Schaden genommen habe; andere sind dagegen froh, dass in der Firma endlich ein frischer Wind weht.

Wie auch immer: Reformen waren beim Vermögensverwalter dringend nötig. Die Börsenbaisse hat viele Mängel offengelegt. Hohe Kosten, zu riskante Anlagestrategien und ein organisatorischer Wildwuchs waren die schlimmen Folgen des Aktienbooms.

*Schrumpfungsprozess*

Allerdings hat nicht nur Vontobel länger mit den Folgen der Börsenexzesse zu kämpfen als erhofft. «Unser Geschäftsmodell war auf boomende Märkte ausgerichtet», sagt Rolf Aeberli, Finanzchef von Julius Bär. Bei Vontobel fielen unternehmerische Mängel weniger ins Gewicht, weil das Investment Banking Ende der 90er Jahre auf Hochtouren lief. Die Erträge daraus verdeckten viele Schwächen. Eine davon ist das Private Banking. Es kam in den letzten Jahren nicht vom Fleck, obwohl diese Sparte das Schlüsselgeschäft jedes Vermögensverwalters sein muss.

Ende 2002 verwaltete die Bank für Privatkunden noch Vermögen im Wert von 17 Mrd Fr., was nur 32% der gesamten «Assets under Management» sind. Bei Sarasin dagegen hatten die gut rentierenden Privatvermögen in der Höhe von 30 Mrd Fr. einen Anteil von 65% am gesamten Bestand. «Wir sind gut im Kreieren von neuen Produkten, aber schlecht in der Kundenakquisition», sagt denn auch ein langjährige Führungsverantwortlicher der Bank. Tatsächlich hat Vontobel andere Stärken, als reiche Kunden ins Haus zu lotsen. Bei Derivaten und strukturierten Produkten gehört die Bank immer noch zu den gewichtigsten Akteuren am Schweizer Markt.

Trotz der Schmalbrüstigkeit der Vermögensverwaltung besassen in der Geschäftsleitung der Gruppe die Privatbankers bis vor kurzem ein erdrückendes Übergewicht. Sieben Personen gehörten zu diesem Gremium, vier waren Private Bankers. Auch sonst war die Bank über die Jahre unkoordiniert in die Breite gewachsen. Die verschiedenen Stützpunkte, etwa in Genf oder Österreich, handelten zu eigenständig, und vieles drang gar nicht bis in die Zentrale nach Zürich durch. Das kann bei einer international tätigen Bankgruppe zu peinlichen Verwicklungen führen. Wohlhabende Kunden jedenfalls können gereizt reagieren, wenn zwei Mitarbeiter desselben Instituts bei ihnen kurz hintereinander anklopfen.

Um nun der Vermögensverwaltung mehr Schub zu geben, hat sich der Verwaltungsrat bei der Konkurrenz bedient. Er holte Walter Thoma von der Clariden Bank an Bord. In diesem angelsächsisch geprägten Institut herrscht eine andere Kultur als bei den Traditionsbanken. Von den Betreuern wird schon seit langem verlangt, dass sie sich aktiv um bestehende und mögliche Kunden bemühen, und auch die finanzielle Führung des Geschäfts und der Berater hat mehr Gewicht als bei den Traditionshäusern.

*Stringentere Anlagepolitik*

Thoma ist seit Anfang Mai als Geschäftsleitungsmitglied für das ganze Private Banking zuständig. Auch seine Kollegen im Gremium stehen einem klar definierten Geschäftsbereich vor. Auf den 1. Juli wurde die überholte Stammhausorganisation durch eine funktionale Organisation ersetzt (vgl Grafik). Zwei von Thomas Vorgängern in der Gruppenleitung konnten sich mit ihrer Rückstufung nicht abfinden: Die Geschäftsleitungsmitglieder und Private Bankers Ueli Dubs und Rudolf Staeger haben die Bank verlassen. Dubs gehört heute zu den massgeblichen Kräften von Swiss Asset Partners, einer im Juli gegründeten Finanzfirma, der Scheidts Vorgänger Robert Zingg als Präsident vorsteht.

Eine von Thomas Hauptaufgaben wird es nun sein, dem Private Banking mehr Postur zu geben. Um diesem Ziel näher zu kommen, verlangt Scheidt eine «stringentere Anlagepolitik». Anders als früher wird es damit im Private Banking keine anlagepolitischen Sololäufe mehr geben. Zwar wurde schon früher eine Investitionsstrategie für die ganze Bank festgelegt. Doch hin und wieder hat das Private Banking eigene taktische Anlageschwerpunkte gelegt - nicht immer mit Erfolg. Jedenfalls sind die verwalteten Vermögen der Private-Banking-Sparte im letzten Jahr performancebedingt um 24,3% geschrumpft, während sich das Asset Management mit einem Minus von 13,55% besser schlug. Und obwohl der Vergleich etwas hinkt, weil die Portefeuilles von institutionellen Anlegern in der Regel eine niedrigere Aktienquote aufweisen: Unbestritten ist, dass Vontobel im Asset Management erfolgreicher agiert. Daher wird das Private Banking nun auf dessen Linie gebracht.

Trotz Reformen will Wagner an den vier Geschäftssäulen Private Banking, Asset Management, Investment Banking und Investment Fonds nicht rütteln. Wohlhabende Unternehmer etwa sollen ganz auf Vontobel zählen können. Konkret heisst das: Das Investment Banking fädelt eine Übernahme ein, das Asset Management kümmert sich um die Vorsorgegelder und das Private Banking um das Vermögen des Patrons. Es gibt «reine» Privatbanken, die sich über eine so breite Strategie mockieren: Sogar grosse Investment Banken wie Goldman Sachs und UBS hätten inzwischen mittelgrosse Gesellschaften als Kunden im Visier, weshalb es zweifelhaft sei, ob Vontobel mit solchen Firmen ins Geschäft komme, heisst es. Vontobel kontert: Nicht jeder Mittelständler fühle sich wohl, wenn er mit einem geschniegelten Investment Banker eines grossen Hauses arbeiten müsse. Hier liege die Chance einer mittelgrossen Bank.

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