Für viele Versicherte ist der Pensionskassenvorbezug ein willkommenes Mittel zur Finanzierung ihres Eigenheims. Dies ist seit 1995 dank dem Wohneigentumsförderungsgesetz möglich. So erreichten die Pensionskassenvorbezüge im Jahr 2000 ein Gesamtvolumen von 1,8 Milliarden Franken. Angesichts der niedrigen Hypothekarzinsen stellt sich jedoch die Frage, ob sich der Griff in den Vorsorgetopf noch lohnt.
Wer sein Vorsorgekapital direkt zum Erwerb von Wohneigentum einsetzt, handelt richtig, und zwar unabhängig von der Hypothekarzinsentwicklung. Zumal dies vor allem für viele junge Familien oft die einzige Möglichkeit ist, den Traum vom Wohneigentum zu realisieren. Anders sieht die Situation aus, wenn das Geld für die Rückzahlung bestehender Hypotheken verwendet werden soll. Diese Entscheidung steht meist im Zusammenhang mit einer Finanzplanung für den Lebensabend. Zusätzlich wird hier häufig die Möglichkeit zur Steueroptimierung vor allem in Verbindung mit Einkäufen in die Pensionskasse genutzt.
Ob sich dieser Schritt lohnt, ist schnell berechnet: Der Pensionskassenzins liegt bei Beitragsprimatskassen zurzeit meist bei 3,25 Prozent, bei Leistungsprimatskassen in der Regel bei 4 Prozent. Die Hypothekarzinsen haben sich gegenwärtig ungefähr auf dieser Ebene eingependelt, womit sich hier ein Nullsummenspiel ergibt. Bringt man noch die steuerlichen Aspekte ins Spiel, begibt man sich endgültig auf die Verliererseite. Schliesslich ist das Pensionskassenkapital das einzige steuerfreie Vermögen, darüber hinaus kann man die Hypothekarzinsen von der Steuer absetzen. Als Faustregel gilt bei einer Steuerprogression von 33 Prozent: Die Rückzahlung einer Hypothek mittels Vorsorgekapital lohnt sich nur, wenn der Pensionskassenzins um mehr als ein Drittel tiefer ist als der Hypothekarzins. Bei einem Pensionskassenzins von 3,25 Prozent müssten die Hypothekarzinsen folglich 4,9 Prozent betragen.
Die kurzfristigen finanztechnischen Vorteile allein zu betrachten, kann langfristig – hinsichtlich der Vorsorgeleistungen – unangenehme Folgen haben. Bei einem Vorbezug muss man grundsätzlich eine Kürzung der Altersleistungen in Kauf nehmen; meist werden aber auch die Leistungen im Todes- oder Invaliditätsfall beschnitten. Der Vorsorgeausweis vor und nach dem Vorbezug zeigt die genauen Auswirkungen schwarz auf weiss und sollte deshalb als Entscheidungsgrund-
lage angefordert werden.
Bei Konkubinatspaaren kommen neue Fragestellungen hinzu. Bezahlt die Pensionskasse im Todesfall ein so genanntes Todesfallkapital, zum Beispiel in Form des angesparten Altersguthabens, und ist der Partner zugleich begünstigte Person, so ergeben sich keinerlei Probleme. Andernfalls muss der Partner als Erbe den Wohneigentumsvorbezug an die Pensionskasse zurückbezahlen. Dies kann durch eine Todesfallversicherung abgedeckt werden. Allerdings werden deren Leistungen genauso wie Einkommen besteuert, weshalb die Versicherungssumme ausreichend hoch angesetzt werden muss.
Verbleibt der Versicherte nach einer Ehescheidung im eigenen Haus und hat er einen Vorbezug getätigt, so hat dies keinerlei Folgen. Zieht er jedoch aus, so muss der Vorbezug zurückbezahlt werden, da er nur für selbst bewohntes Wohneigentum benutzt werden kann. Dies gilt auch beim Verkauf des Hauses, wobei hier maximal der Netto-erlös zurückerstattet werden muss. Im Falle einer Rückzahlung werden übrigens die für den Vorbezug angefallenen Steuern zinslos rückvergütet. Im Gegensatz zur Veranlagung muss man hier aber aktiv auf die Steuerverwaltung zugehen.
Stellt sich noch die Frage, ob man wegen einer Unterdeckung nicht sicherheitshalber sofort einen Teil seines Vorsorgekapitals mittels Vorbezug aus der Pensionskasse holen soll. Die Unterdeckungen bei den Pensionskassen sind als temporäres Problem zu betrachten. Sobald die Kapitalmärkte wieder vernünftige Renditen abwerfen, werden diese behoben sein. Unter diesem Aspekt ist ein Vorbezug sicher nicht sinnvoll.
Martin Wechsler Pensionskassenexperte, Dr. Wechsler & Meier, Büro für umfassende Pensionskassenberatung, Aesch BL, www.alters-vorsorge.ch