Herr Mauer, Sie haben in Genf eine Elektriker-Studie namens Cross Turismo gezeigt. Heisst sie «Cross», weil man sie nicht klar als Kombi oder als SUV einordnen kann?
Der Name soll tatsächlich ausdrücken, dass es die Kombination verschiedener Fahrzeugkonzepte ist.

Ist das ein neues Segment, das Sie anstreben? Auch Konzernschwester Lamborghini hat mit dem Urus einen Konzept-Hybriden gelauncht.
Das ist schon ein interessantes Segment, der BMW X6 war hier der Erste. Diese Kombination von SUV und Sportwagen kommt anscheinend sehr gut an.

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Sie sind Designchef bei Porsche, zugleich Chef aller Designer im VW-Konzern, das sind über 1500 Leute. Wie führt man so viele Kreative?
Das ist eine feine Balance. Klar, die Konzernleitung schaut letztendlich mich an, wenn wir eine Studie auf Rädern präsentieren. Ich muss also irgendwann sagen, wir lenken jetzt Richtung rechts und nicht mehr Richtung links. Was aber natürlich immer das Risiko birgt, dass ich Kreativität abschneide.

Wie löst man dieses Dilemma?
Mir hat mal ein Freund erzählt, der ein eigenes Designstudio hat: Er geht zum Kunden, holt sich das Briefing ab und entwickelt auf dem Weg zurück zu seinem Team bereits eine Idee, wie er es machen würde – behält diese Idee aber für sich.

Michael Mauer
Quelle: Porsche

Sie zeigen Ihre ersten Ideen also auch nicht Ihrem Team?
Nein. Das sind für mich Gedankenstützen, so wie Sie sich Notizen machen. Ich schaue mir dann Modelle an, und wenn ich denke, da stimmt etwas nicht, dann sage ich dem Team: Wollen wir nicht mal nachdenken, ob hier irgendwas fehlt oder irgendwas überflüssig ist? Und man muss die Bereitschaft haben, sich von seinen eigenen Ideen zu verabschieden. Wenn eine Idee aus dem Team kommt, die erkennbar besser ist, muss man eben sagen: Okay, meine Idee war gut, die ist aber einfach besser.

Eine aktuelle Mode scheinen grosse Markenschriftzüge am Heck zu sein. Porsche hat das schon, Bentley macht es nun auch, Skoda zieht bald nach.
Marken werden immer wichtiger. Das sieht man in der Luxusgüterindustrie: Manchmal hat man den Eindruck, dass die Anziehungskraft der Marke, die auf dem Produkt steht, grösser ist als die des Produkts an sich. Gucci, Hermès, darin steckt auch ein Versprechen von Qualität und Niveau. Und in der Autoindustrie gilt eben: Wer kennt die Logos?

Wie meinen Sie das?
Tue Gutes und sprich darüber. Logos kennt man nur dort, wo sie etabliert sind. Bei unserem grossen SUV stand früher «Cayenne» auf dem Heck, nicht «Porsche». Dann lancierten wir die Limousine Panamera. Ich sagte also unserem damaligen CEO Wendelin Wiedeking: Wenn wir dieses Auto in China in Rot verkaufen, und einer liest auf dem Heck «Panamera», dann sagt der vermutlich: Das ist aber ein schöner «Fellali». Wir müssen statt dessen die Marke draufschreiben! Das gilt vor allem in jungen Märkten. Und es sieht ja auch noch cool aus.

Mit der Elektrifizierung dürfte das Design als Unterscheidungsmerkmal noch wichtiger werden. Elektromotor und Interieur können ja viele bauen.
Das ist tatsächlich so, wir bekommen mehr Freiheitsgrade. Heute kann man sich als Hersteller wunderbar über Verbrennungsmotoren differenzieren. Da braucht es viel Know-how. Bei E-Motoren, das sieht man bei neuen Wettbewerbern, wird es schwieriger: Tesla stellt mal eben ein Auto hin, das in 3 Sekunden auf 100 beschleunigt. Also wird Differenzierung über anderes wichtiger, allen voran die Marke. Klar, ein Designer wird immer sagen: Wir werden wichtiger. Aber ich glaube wirklich daran.