Beim Familiengrossaktionär von Volkswagen ist es fast so wie im britischen Königshaus: Die Generation der Erben im Porsche-Piech-Clan wird wie der ewige Thronfolger Prinz Charles immer älter. Doch so wie die Queen behalten ihre Väter, die betagten Enkel des VW-Ahnen und Käfererfinders Ferdinand Porsche, das Zepter in der Hand.
Der jahrezehntelang dominante Firmenpatriarch Ferdinand Piech (79) verkaufte seinen Anteil von 14,7 Prozent am VW-Grossaktionär Porsche SE an seinen Bruder Hans Michel Piech (75). Der Wiener Anwalt war schon seit Ferdinands Rückzug von allen VW-Kontrolleursposten vor zwei Jahren führender Repräsentant des Piech-Zweigs neben dem Porsche-Clanchef Wolfgang Porsche.
Das wird vorerst auch so bleiben: «Wolfgang Porsche und Hans Michel Piech werden sich nicht so bald zurückziehen», sagte ein Kenner der Familie am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters. Die älteste Urenkelin, Louise Kiesling, feiert in diesem Jahr ihren 60. Geburtstag.
Die Struktur erhalten
Hans Michel Piech investierte mit dem Kauf des Anteils nach Schätzungen mehr als eine halbe Milliarde Euro in die Familienholding der Porsche und Piechs, die mit gut 52 Prozent den Wolfsburger VW-Konzern kontrolliert. Denn einen Teil von 4,3 Prozent habe er innerhalb der Familie weiterverkauft, erklärte Piech im Gespräch mit der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung». Damit verfüge er über eine Sperrminorität von 25,1 Prozent.
Es sei darum gegangen, die Struktur zu erhalten, die keinem Familienstamm ein dominierendes Übergewicht gebe. «Das war eine gemeinsame Entscheidung der Familien Porsche und Piech», sagte er. Die exakte Aufteilung der Anteile unter den Familien ist nicht bekannt, grob geschätzt kontrollieren die Porsches zwei Drittel, die Piechs ein Drittel.
Wolfgang Porsche wiederum erklärte am Rande der Automesse in Genf im März, er wolle so lange aktiv bleiben, bis der VW-Konzern nach der Dieselkrise wieder Tritt gefasst habe.
Europas grösster Autokonzern hatte bei weltweit elf Millionen Dieselautos die Abgaswerte manipuliert, was ihn nach Analystenschätzung am Ende zwischen 25 und 35 Milliarden Euro an Entschädigungen, Bussgeldern und Reparaturaufwand kosten könnte. Strafrechtliche Ermittlungen gegen Manager laufen noch, milliardenschwere Schadensersatzklagen in Deutschland werden die Gerichte noch Jahre beschäftigten. Dennoch übernehme die vierte Generation allmählich mehr Verantwortung, erklärte Porsche.
Urenkel rücken langsam auf
Mehrere der über 30 Urenkel des Käfer-Erfinders tummeln sich bereits in den Aufsichtsräten des VW-Imperiums. Als einziger unter ihnen hat bisher lediglich Ferdinand Oliver Porsche (56) eine exponierte Stellung, denn er sitzt nicht nur im Aufsichtsrat der Porsche SE, sondern auch in den Kontrollgremien des VW-Konzerns, von Audi und Porsche.
Der nächste wichtige Schritt beim Nachrücken der vierten Generation steht an, wenn Ferdinand Piech nach dem vollständigen Vollzug seines Anteilsverkaufs, sein Aufsichtsratsmandat in der Porsche SE aufgibt. Denn auf der Hauptversammlung Ende Mai stellt er sich noch mal der Wahl, weil er abwarten will, bis die Kartellbehörden grünes Licht für die Anteilsverschiebung innerhalb der Familie gegeben haben. Mit einer Freigabe sei in sechs bis zwölf Monaten zu rechnen, hiess es bei der Porsche SE.
Ohne Nachkommen von Piech
Von Ferdinand Piechs zwölf Kindern sei nach dem Anteilsverkauf womöglich keines mehr an der PSE beteiligt. Piech behielt noch einige PSE-Aktien in einer Stiftung ein, ob an dieser seine Kinder beteiligt sind, ist unbekannt. Es sei jedoch unwahrscheinlich, dass aus dem Kreis seiner Nachkommen einer Ferdinands Aufsichtsratsposten übernimmt, sagte ein Kenner der Familie.
Unter den Kandidaten könnte vielmehr Hans Michels 1981 geborene Tochter Julia Kuhn-Piech sein. Sie füllte zeitweise schon die Lücke im VW-Aufsichtsrat nach dem Rückzug von Ferdinand und dessen Frau Ursula aus und sitzt in den Kontrollgremien von MAN und Audi. Ihr älterer Bruder Stefan, bisher noch ohne Mandat, sowie Audi-Aufsichtsrat Josef Ahorner und VW-Kontrolleurin Louise Kiesling, die Kinder von Ferdinands und Hans Michels Schwester Louise, kämen auch in Frage.
Man muss kein Ingenieur sein
Der Generationswechsel steht in nicht allzu ferner Zukunft auch auf der Porsche-Seite an: So überschrieb Wolfgangs Bruder Hans-Peter Porsche seinen Anteil bereits seinem einzigen Sohn Peter Daniell, wie dieser Ende November in der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung», sagte.
Ende 2015 hatte der mittlerweile 76-jährige Hans-Peter Porsche angekündigt, in zwei bis vier Jahren seinen Aufsichtsratsposten in der Porsche SE an Daniell abtreten zu wollen. Dieser sitzt schon im Aufsichtsrat von Skoda. Der 43-jährige ist Musiktherapeut und Verleger - jedenfalls so wie fast alle Cousins und Cousinen kein Techniker. Aber darauf kommt es laut Wolfgang Porsche auch nicht an, um den absatzstärksten Autobauer der Welt mit zu lenken. «Man muss nicht Ingenieur sein», sagte er kürzlich in Genf.
(reuters/ccr)
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