Werden Sie zum Bierbrauer?
Walter Huber: Wie kommen Sie auf diese Frage?
In der Bretagne braut seit neustem ein Bauer ein Bier mit 2% Alkohol, das aus Milch und Malz besteht. Eine Idee für Emmi?
Huber: Das zeigt die Aufbruchstimmung in der Landwirtschaft. Aber für uns ist das kein Thema. Wir sind in anderen Feldern innovativ.
Sie machen unter anderem mit Jogurts und Milchdrinks von sich reden, die den Blutdruck oder den Cholesterinspiegel senken. Was haben Sie noch in der Pipeline?
Huber: Einige Neuheiten, die wir zum gegebenen Zeitpunkt auf den Markt bringen werden.
Ein wenig konkreter, bitte.
Huber: Die Katze kann ich noch nicht aus dem Sack lassen. Klar ist, dass wenn wir bei den bedeutenden Gesundheitsthemen wie Blutdruck, Cholesterin oder Diabetes einen natürlichen Wirkstoff finden, dann bringen wir das Produkt auf den Markt.
Stecken bereits neue Produkte im Zulassungsverfahren?
Huber: Dazu möchte ich nichts sagen.
Sind Ihre bisherigen Functional-Food-Produkte ein wirtschaftlicher Erfolg?
Huber: Wir sind sehr zufrieden.
Was heisst das in Zahlen?
Huber: Wir haben dieses Jahr bereits die vierte Produktionsanlage für Jogurtdrinks mit gesundheitlichem Zusatznutzen installiert. Das Wachstum von Aktifit, Benecol und Evolus liegt im zweistelligen Prozentbereich.
In Holland zahlt eine Krankenkasse neu die Kosten für Functional Food. Wird Emmi von dieser Entwicklung profitieren können?
Huber: Wir setzen alles daran, dass wir in den für uns relevanten Ländern die entsprechende Unterstützung bekommen. Wir sehen keinen Grund, weshalb unsere Produkte, die nachweislich einen gesundheitlichen Nutzen haben, nicht im Leistungskatalog der Krankenkassen sein sollten.
Kämpfen Sie auch in der Schweiz für eine Anerkennung?
Huber: Ja. Wir setzen uns dafür ein, dass unsere Gesundheitsprodukte auch in der Schweiz von den Krankenkassen unterstützt werden.
Mit wem sind Sie im Gespräch? Mit den Krankenkassen?
Huber: Wir müssen jetzt erst einmal die entsprechenden Signale des Bundes abwarten. Aber das ist alles im Anfangstadium. Ich bin jedoch überzeugt, dass das Thema nun breit lanciert wird.
Wie läuft das Geschäft mit Caffè Latte in Deutschland?
Huber: Die Kunden und wir sind happy. Es ist ein grosser Erfolg.
Sie haben immer betont: Wenn Sie in Deutschland Erfolg haben, dann stünden Ihnen alle Märkte offen. Was heisst das jetzt?
Huber: Das heisst, dass wir neben Deutschland auch in Frankreich, Grossbritannien und Italien unsere Präsenz sukzessive ausbauen werden. Dazu müssen wir die internationalen Vertriebsstrukturen weiter stärken.
Und wie? Mit Akquisitionen?
Huber: In Deutschland, Grossbritannien und anderen Ländern werden wir die eigenen Vertriebsstrukturen weiter ausbauen. In Staaten wie Italien werden wir eher Partnerschaften oder strategiekonforme Akquisitionen anpeilen.
Sind in den nächsten Monaten Zukäufe in Europa zu erwarten?
Huber: Ich will mich nicht zu Zeiträumen äussern. Aber es ist denkbar, dass das eine oder andere Projekt in nächster Zeit realisiert werden kann.
Auf Ihrer Expansionslandkarte stecken Fähnchen nicht nur in Europa, sondern auch in Nordamerika. Wie wollen Sie hier wachsen?
Huber: Mit ausgewählten Premiumprodukten aus den Bereichen Käse und Frischprodukte. Wir verkaufen seit Jahren erfolgreich Käse und haben jetzt erste Tests mit Frischprodukten, unter anderem mit Jogurts, gemacht. Mit unserer Swiss Quality rennen wir in den USA und in Kanada offene Türen ein. Die Akzeptanz ist sehr gut.
Das heisst, Sie werden eine grosse Präsenz vor Ort aufbauen?
Huber: Wir werden die Präsenz kontinuierlich ausbauen. Die Vorarbeiten sind fortgeschritten.
Werden Sie in Nordamerika auch produzieren?
Huber: Ja, das ist vorgesehen. Es ist so, dass in gewissen Bereichen de facto Importverbote in Form von nontarifären Handelshemmnissen bestehen. Jogurts zum Beispiel könnten wir nicht in die USA einführen. Deshalb müssten wir die Produkte vor Ort herstellen.
Welche Produkte werden Sie in den USA und Kanada produzieren?
Huber: Zum Beispiel Jogurts mit unseren Swiss-Rezepturen. Wir haben entsprechende Versuche bereits durchgeführt, und die Ergebnisse waren Erfolg versprechend.
Damit brechen Sie Ihr Wort. Sie haben immer wieder betont: «Es ist klar, dass wir ausschliesslich mit Schweizer Milch arbeiten wollen.»
Huber: Nein, wir brechen nicht unser Wort. Diese Aussage bezieht sich auf die Schweizer Produktion.
Wie hoch werden die Investitionen in den USA und Kanada sein?
Huber: Die Kosten werden sich in Grenzen halten. Es wird angestrebt, dass wir mit einem Partner zusammen ein Werk betreiben werden. Im Marketing halten wir die Kosten in einem vernünftigen Rahmen, da unsere Produkte stark über die Verpackung kommunizieren und wir bereits etablierte Vertriebsnetzwerke nutzen.
Was heisst das in Mio Fr.?
Huber: Dazu mache ich keine Angaben. Es ist aber so, dass nach einer moderaten Anfangsinvestition alle weiteren Ausbauschritte mit den Einnahmen des Produkteverkaufs finanziert werden müssen.
Könnten Sie im Januar bauen?
Huber: Der Zeitpunkt ist nicht die Schlüsselfrage. Wir haben uns entschieden, den amerikanischen Markt weiter zu entwickeln. Jetzt geht es darum, die richtigen Partner und die passenden Standorte zu finden. Die Frage ist auch, ob wir in den USA einen oder zwei Produktionsstandorte betreiben können.
Werden Sie diese Expansion mit den Mitteln aus dem Börsengang finanzieren?
Huber: Das ist eine Option.
Wächst Emmi auch 2005 im Ausland um 10%?
Huber: Wir haben 2005 noch gewisse Bereinigungen durchgeführt. Ob wir dieses Jahr diese 10% erreichen und ob hier noch eine Akquisition einfliessen wird, ist noch offen.
Gekauft haben Sie auch im Inland, der grösste Brocken war die Aargauer Zentralmolkerei. Haben Sie die Zustimmung für die Übernahme bereits erhalten?
Huber: Nein. Aber wir sind zuversichtlich, dass diese ohne Auflagen über die Bühne gehen wird.
In diesem Jahr?
Huber: Wir arbeiten darauf hin, dass dieses Geschäft noch in diesem Jahr abgeschlossen werden kann.
Sind weitere Zukäufe in der Schweiz geplant?
Huber: Wir haben den Fokus auf Unternehmen, die unser Sortiment abrunden. Grössere Zukäufe sind aber keine geplant.
Ist es für Sie ein Tabu, Harddiscounter wie Aldi zu beliefern?
Huber: Nein. Wir verhandeln auch mit Harddiscountern. Bisher ist es aber zu keinem Abschluss gekommen.
Weshalb nicht?
Huber: Weil die Vorstellungen über Menge, Preis und Sortiment zu weit auseinander liegen. Wir beliefern schon heute Migros Budget und Coop Prix Garantie, das aber in einem klar definierten Rahmen.
Werden Sie auch ohne die Übernahme der Aargauer Zentralmolkerei mit dem Umsatz die 2-Mrd-Grenze erreichen?
Huber: Das ist im Rahmen unserer kommunizierten Ziele. Aber wir werden keinen Zukauf machen, nur um dieses Ziel zu erreichen.
Was ist Ihr Umsatzziel für 2006?
Huber: Unsere Entwicklung hängt von Akquisitionen und Neulancierungen ab. Unter der Voraussetzung, dass wir im nächsten Jahr die Mittelland Molkerei konsolidiert haben, sollten wir aber einen Umsatz von 2,4 Mrd Fr. erreichen. Organisch gehen wir von einem Wachstum von 2 bis 3% aus.
Werden Sie 2005 eine Marge von 2,5 bis 3% vorweisen können?
Huber: Das ist abhängig davon, ob wir die Aargauer Zentralmolkerei dieses Jahr integrieren können.
Der grösste Wachstumstreiber 2004 war mit 6,9% der Bereich Frischprodukte. Und 2005?
Huber: Der Frischproduktebereich ist in diesem Rahmen auch 2005 der Wachstumstreiber.
Wie sieht es in der Sparte Käse aus, die für fast die Hälfte des Umsatzes verantwortlich ist?
Huber: Hier haben wir die Talsohle durchschritten. Wir werden einige Neuheiten lancieren. Zum Bespiel einen Raclette-Ofen mit 400 Gramm Käse, den wir in den USA und in Europa um 10 Euro verkaufen.
Diese Innovationen werden sich erst 2006 finanziell auswirken.
Huber: Diese Vermutung ist richtig.
Dringt Ihre Begeisterung auch zu den Aktionären durch? Die Emmi-Aktie sank in den letzten Wochen von 130 Fr. auf knapp 117 Fr.
Huber: Aber sie liegt noch weit über dem Ausgabepreis.
Das schon, nur scheint die Luft nach der Anfangseuphorie nun draussen zu sein.
Huber: Das ist überhaupt nicht so. Emmi ist nach wie vor eine Wachstumsstory, die sich auch wieder im Kurs manifestieren wird, davon bin ich überzeugt.
Der Biker: Steckbrief
Name: Walter Huber
Funktion: CEO Emmi AG, Luzern
Alter: 48
Wohnort: Sursee LU
Familie: Verheiratet, vier Söhne
Hobby: Biking, Skifahren
Karriere
1987-1994 Motor-Columbus, ab 1993 Mitglied der Geschäftsleitung, Profi-Center-Leiter
1994-1999 Bandfix AG (Tesa), Mitglied der Geschäftsleitung, Spartenleiter Tesa
Seit 2000 Emmi AG, ab 2002 Mitglied Konzernleitung, ab 2004 CEO Emmi
Firma
Der Luzerner Konzern ist der grösste Schweizer Produzent von Milchprodukten und Käse. Im Jahr 2000 erzielte das Unternehmen einen Umsatz von 1,15 Mrd Fr., 2004 waren es bereits 1,9 Mrd Fr. Dieses Jahr wird der Milchverarbeiter 2 bis 2,4 Mrd Fr. umsetzen. Je nachdem, ob die Wettbewerbskommission noch in diesem Jahr ihre Zustimmung zur Übernahme der Aargauer Zentralmolkerei gibt oder nicht. Am 6. Dezember ging die Firma an die SWX. Die Aktie erlebte einen Höhenflug. Heute notiert das Papier 17% über dem Ausgabepreis. Emmi zählt 2900 Angestellte. (mik)