Der Kauf von Red Hat durch IBM ist nicht irgendeine Übernahme. Es ist einer der grössten Tech-Deals der Geschichte. IBM will für Red Hat 34 Milliarden Dollar zahlen. Das sind 190 Dollar pro Aktie, ein Aufpreis von 60 Prozent auf den Schlusskurs des Red-Hat-Titels am Freitag.

Nie hat ein Tech-Konzern mehr für die Übernahme einer Software-Firma hingelegt, wie ein Vergleich von Techcrunch zeigt. Selbst die Übernahmen von Whatsapp und Linkedin – seinerzeit als Rekorddeals gefeiert – reichen da längst nicht heran. Facebook hat Whatsapp 2014 für 22 Milliarden Dollar erworben, Microsoft zog zwei Jahre später bei Linkedin mit 26,2 Milliarden Dollar nach. Selbst im Vergleich aller Tech-Übernahmen wird es der IBM-Deal auf Platz drei unter den Top-Deals schaffen, wenn die Wettbewerbsbehörden ihn freigeben. Einzig der Kauf von EMC durch Dell übertrifft den Kauf um das Doppelte. Dell zahlte 2015 rund 67 Millionen Dollar für EMC.

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Red Hat passt zu IBM

Die Übernahme ist dabei vor allem eine Kampfansage von IBM im Cloud-Geschäft. «Der Kauf von Red Hat ist ein Game Changer. Er wird auf dem Cloud Markt alles verändern», kommentierte IBM-Chefin Ginni Rometty die Übernahme.

Red Hat passt in vielerlei Hinsicht zu IBM. Die Firma mit Sitz in Kalifornien wurde vor 25 Jahren gegründet. Sie setzt von Anfang auf Open-Source-Software, schafft als erstes Unternehmen weltweit einen Umsatz von 2 Milliarden Dollar mit einem Linux-Betriebssystem, wie das Tech-Portal zdnet schrieb. Im gleichen Jahr, 2016, entscheidet sich Red Hat, konsequent auf Cloud-Dienste zu setzen.

Auch Grosskonzerne wie IBM und Google haben in den vergangenen Jahren vermehrt Open Source und Multicloud entdeckt. Sie hoffen, durch offene Systeme, die mit denen der Konkurrenz kompatibel sind, einen Vorteil gegenüber den Diensten von Marktführer Amazon Web Services zu bieten.

Erst 10 Prozent aller IT-Prozesse in der Cloud

Das Cloudgeschäft, so erwarten Experten, wird in den kommenden Jahren stark boomen. Bisher sind erst 10 Prozent aller IT-Prozesse in der Cloud gespeichert. In der komplexen multinationalen Firmenwelt wird der örtlich ungebundene Zugriff und der Austausch über Abteilungen hinweg immer wichtiger. Die Marktforscher von Gartner erwarten für das Cloud-Geschäft allein 2018 einen Zuwachs von mehr als 21 Prozent. Damit würde der Umsatz auf 186 Milliarden Dollar ansteigen.

IBM stärkt mit der Übernahme von Red Hat sein Standbein als Hybrid-Cloud-Anbieter, bietet also Firmenkunden die Möglichkeit, Daten kombiniert in privaten und öffentlichen Clouds von mehreren Anbietern zu speichern. Firmen können so sensible Daten an besonders geschützen Orten lagern, ohne diese vollständig von Daten aus anderen Bereichen abzukapseln. In diesem Bereich wird IBM durch den Deal führend.

Im Cloud-Geschäft insgesamt hatte IBM in den vergangenen Jahren das Nachsehen. Neben AWS wetteifern Microsoft, Google und IBM um Marktanteile. IBM hatte dabei gegenüber der Expansion von Google das Nachsehen und liegt mittlerweile noch auf Rang vier, das sind geschätzt wenige Prozent Marktanteile.

Für IBM mag der Vorstoss im Cloud-Geschäft auch darum interessant sein, weil Supercomputer Watson die Erwartungen an ihn bisher noch nicht erfüllen konnte. Es ist also fraglich, ob die Umsätze im Bereich Künstliche Intelligenz wie erhofft wachsen werden. Das Cloud-Geschäft bietet IBM absehbar mehr – wenn es dem Konzern gelingt, Marktanteile in der Sparte zu erobern.