Neu ist die Idee, den potenziellen Autokäufer in einem brandeigenen Studio statt in einer Garage oder bei einem Händler zu empfangen, nicht. Auch die Vorstellung des Autos in den Örtlichkeiten des Interessenten zu Hause im privaten Rahmen ist keine Novität. Mercedes hatte vor mehr als zehn Jahren ähnliche Pläne für die Schweiz lanciert – relativ rasch aber wieder begraben. Rückblickend waren die Sterne aus Stuttgart zu früh mit ihrem «Direktverkauf».
Heute, in Zeiten, in denen der E-Commerce – nicht zuletzt coronabedingt – floriert und zweistellige Wachstumsraten verspricht, hat sich das Verhalten der Konsumentinnen und Konsumenten deutlich geändert. Diese Entwicklung will Genesis, die seit 2015 aktive Luxusmarke des koreanischen Hyundai-Konzerns, nutzen. Allerdings anders als in den USA, in Russland oder in Südostasien, wo Genesis nach wie vor auf traditionelle Konzepte setzt.
Mit dem Testfall Schweiz und von unserem Land aus, mit seiner Ausstrahlung nach Europa mit den vorläufigen Schwergewichten Deutschland und Grossbritannien, sollen gezielt im Premiumsegment Marktanteile von Mercedes, BMW, Audi und Porsche im Bereich der Fahrzeuge über 60'000 Franken Verkaufspreis erobert werden. Zu genauen Vorstellungen (Stückzahlen!) allerdings äussert sich Genesis nicht.
Ausspielen wollen die Asiaten mit der in diesen Tagen hierzulande anlaufenden Initiative markengebundene Serviceleistungen; etwa, dass das Auto beim Besitzer für den Wechsel von Sommer- auf Winterreifen oder den üblichen Unterhalt abgeholt, ein Ersatzfahrzeug zur Verfügung gestellt und der Wagen seinem Eigentümer wieder zurückgebracht wird. Ex-Audi-Manager Dominik Boesch, Geschäftsführer der Vertriebsorganisation Genesis Motor Europa: «Wir sprechen vom Konzept ‹The Genesis Difference›, von einem modernen, asiatisch geprägten Ansatz für den Kauf und den Besitz von Autos.» Es gehe um stressfreie und zeitsparende Erlebnisse mit dem eigenen Wagen. Genesis kümmere sich um Details, damit der Autobesitzer sich nicht darum kümmern müsse.
Im Verkauf wird gezielt auf den Direktkontakt gesetzt. An exklusiven Orten. In der Schweiz markiert Genesis mit dem ersten Studio an der Bahnhofstrasse 62 in Zürich Präsenz. Zwei bis drei weitere Ableger sollen national folgen, vornehmlich von Beraterinnen – bewusst nicht Verkäuferinnen genannt – betreut. Frauen besässen das bessere Feeling für Dienstleistungen, wird argumentiert. Und noch etwas ist neu: Gearbeitet wird mit Fixpreisen, Rabattdiskussionen gibt es beim Autokauf keine. Weder im Genesis-Studio noch im Internet. Zudem wird auf den Occasionshandel und damit die Rücknahme von Gebrauchtwagen verzichtet. Dieses Feld wird dem existierenden hiesigen Markt für Occasionen überlassen.
Gestartet ist Genesis, ergänzt mit dem Auftritt als Sponsor der nationalen Radrundfahrt Tour de Suisse, vor wenigen Wochen mit vier Modellen: mit der Limousine Sedan G80 (2,5-Liter-Benzinmotor, 304 PS, Allrad, ab 60'500 Franken oder 2,2-Liter-Dieselmotor, 210 PS, Vorderradantrieb, ab 52'700 Franken) sowie mit dem SUV GV80 (gleicher Benzinmotor und gleiche Leistungen wie Limousine, Allrad, ab 73'000 Franken oder 3,0-Liter-Dieselmotor, ebenfalls Allrad, ab 74'100 Franken). Im Herbst folgt als dritte Version der G70 Shooting Brake, ein klassischer, auf die Schweiz ausgerichteter Kombi, und etwas später als erstes Stromermodell der Südkoreaner der Electrified G80.