Die Aufgabe von Ökonomen ist es unter anderem, Krisen vorherzusagen. Blicken wir aber zurück, so scheinen sie in der Vergangenheit bei weitem nicht immer richtig gelegen zu haben mit ihren Prognosen. Im Gegenteil.
In einer Studie, die nun auf der Website des Internationalen Währungsfonds veröffentlicht wurde, untersuchten drei Forscher, wie treffsicher Ökonomen Rezessionen tatsächlich vorhersagen.
«Rezessionen sind nicht selten: Wirtschaften befinden sich zehn bis zwölf Prozent der Zeit in einer Rezession», schreiben die Forscher Zidong An, João Tovar Jalles und Prakash Loungani: Selten würden die aber richtig vorhergesagt werden.
«Wir haben herausgefunden, dass die Fähigkeit, Wendepunkte vorherzusehen, limitiert ist», so ein Resultat die Forscher. Konkret: Oft kam es vor, dass Ökonomen eine tatsächlich eintretende Rezession nicht kommen sahen; und oft sagten sie Rezessionen voraus, die dann doch nie eintraten.
469 Rezessionen, 13 Warnungen
Die Untersuchung analysierte 153 Rezessionen in 63 Staaten zwischen 1992 und 2014. Ergebnis: Im April des Jahre davor hatten IMF-Ökonomen nur fünf davon vorhergesehen wurden. Die Ökonomen neigten zudem dazu, das Ausmass der Krise zu unterschätzen, bis das Jahr fast vorbei sei.
Dies ergänzt sich mit einer ähnlichen Analyse des Volkswirts Andrew Bridgen von der britischen Beratungsfirma Fathom Consulting: Bei insgesamt 469 Rezessionen, die weltweit seit 1988 eintraten, hatte der «World Economic Outlook» des IWF im Herbst des Vorjahres in 13 Fällen gewarnt – also in 459 Fällen den Rückschlag nicht kommen sehen.
Einen Unterschied bei der Treffsicherheit der Vorhersagen im privaten und öffentlichen Sektor gebe es nicht, fanden An, Jalles und Loungani in ihrer Studie heraus: Beide seien gleich schlecht darin, Rezessionen nicht vorherzusehen.
Widerwillen gegen Informationen
Aber warum? Die Ökonomen-Beobachter haben drei Theorien (wobei sich die einzelnen Erklärungen sogar verstärken können).
- Theorie 1: Ökonomen haben nicht genügend Informationen, um verlässlich eine Rezession vorherzusagen. Zum einen sind ökonomische Modelle nicht verlässlich genug, um einen Abschwung vorherzusagen. Zum anderen finden Rezessionen auch wegen plötzlich auftretenden Ereignissen statt (etwa politischen Krisen). Die aber sind kaum prognostizierbar.
- Theorie 2: Ökonomen fehlt der Anreiz, eine Rezession vorherzusagen. Das kann damit zusammenhängen, dass es für ihren Ruf schädlicher ist, eine Krise vorherzusagen, die nicht eintritt, als eine Krise zu verschweigen, die dann tatsächlich kommt.
- Theorie 3: Dass Ökonomen ihre Vorhersagen für sich behalten, sie nur langsam untersuchen und unzureichend auf die einströmenden Informationen reagieren, könnte verhaltensbedingt sein (zum Beispiel durch den Widerwillen, gute oder schlechte Neuigkeiten zu akzeptieren).
«Egal was die Erklärung ist, weshalb Rezessionen nicht vorhergesehen werden, glauben wir, dass Menschen, die diese Vorhersagen treffen, sich dessen bewusst sein sollten», schreiben die Forscher.
Informationen reagieren, könnte verhaltensbedingt sein (zum Beispiel der Widerwille, gute oder schlechte Neuigkeiten zu akzeptieren).
«Egal was die Erklärung dafür ist, dass Rezessionen nicht vorhergesehen werden, glauben wir, dass Menschen, die diese Vorhersagen treffen, sich dessen bewusst sein sollten», schreiben die Forscher.
Dieser Text erschien zunächst bei «Business Insider Deutschland» unter dem Titel: «Warum Ökonomen immer wieder vor schweren Krisen warnen, die dann doch nicht kommen». (Bearbeitung rap)