Der Bund war für 2017 ursprünglich von einem Defizit von 250 Millionen Franken ausgegangen. Dass es nun zu einem Überschuss von 2,8 Milliarden Franken kam, liegt an den höheren Einnahmen, die 4 Prozent über den budgetierten lagen. Die Mehreinnahmen stammen vor allem aus Dividendenzahlungen, die höher lagen als erwartet: Um 2,5 Milliarden Franken sind die Einnahmen aus der Verrechnungssteuer gegenüber dem Vorjahr gestiegen.
Dabei wäre der Überschuss eigentlich noch höher: Nach den bisher geltenden Regeln betrüge das Haushaltsplus sogar 4,8 Milliarden Franken. Allerdings hat der Bund erstmals mit einem Teil davon Rückstellungen in Höhe von zwei Milliarden Franken gebildet. Dies mindert den Überschuss auf 2,8 Milliarden.
Überschuss zum Schuldenabbau
Der Haushaltsüberschuss ist nicht neu: Bereits 2016 lag er bei 750 Millionen Franken, 2015 bei 2,3 Milliarden. Budgetiert waren zuvor immer Defizite. Kritische Stimmen stellen daher die Frage, inwieweit dieses Vorgehen politisch beabsichtigt ist. So wirft etwa die SP dem Finanzminister vor, «die Finanzen nicht im Griff» zu haben, wenn immer wieder ein Defizit budgetiert wird und am Ende doch Überschüsse aufgebaut werden. Zudem fordern sie, die milliardenschweren Mehreinnahmen in Bildung und Sozialausgaben zu investieren.
Das verhindert die Schuldenbremse: Die Staatsschulden lagen im vergangenen Jahr bei 105 Milliarden Franken. Allerdings ist sie gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) geringer als im Vorjahr. Seit Einführung der Schuldenbremse im Jahr 2003 fliessen die Überschüsseautomatisch in den Schuldenabbau und dürfen nicht für höhere Staatsausgaben verwendet werden. Die Bruttoschulden des Bundes sind seither von 126 auf derzeit 105 Milliarden gesunken – fast eine Halbierung gemessen in Prozent der Wirtschaftsleistung.
Hohe Zinsausgaben vermeiden
«2,8 Milliarden Franken mögen auf den ersten Blick viel erscheinen, doch im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt beträgt der Überschuss des Bundes nur 0,4 Prozent», sagt Florian Chatagny, Ökonom an der ETH Zürich. Das Haushaltsplus bewertet Chatagny als eher positiv, denn würden damit die allfälligen Defizite bei den Kantonen und Gemeinden kompensiert. Ein Haushaltsüberschuss wirke sich zudem positiv aus, sollten die Zinsen zukünftig wieder langsam steigen. Denn bei niedrigen Schulden können hohe Zinsausgaben vermieden werden. Dies schaffe Spielraum für laufende Staatsausgaben.
Gemessen am Bruttoinlandsprodukt liegt die Schuldenquote des Bundes immer noch bei rund 14 Prozent. Damit nähert sich die Quote allmählich dem Verschuldungsniveau vor der Immobilienkrise in den 1990er Jahren an, als die Verschuldung des Bundes rund 10 Prozent des BIP betrug. «Aus ökonomischer Sicht gibt es kein optimales Mass der Verschuldung, aber wichtig ist auch die historische Entwicklung der Schuldenquote zu berücksichtigen. Zudem sind die Staatsschulden des Bundes immer gegenüber der Verschuldung der Kantone und Gemeinden zu sehen. Die aggregierte Verschuldung des Staates liegt in der Schweiz bei 43 Prozent», so der ETH-Ökonom.
Überschüsse auch in anderen Ländern
Im internationalen Vergleich erzielt die Schweiz durchschnittlich einen der höchsten Überschüsse. Unter den 35 OECD-Staaten hatten nur Chile, Luxemburg, Korea und Norwegen ein höheres Haushaltsplus zwischen 2006 und 2016. Die OECD-Länder mit den grössten Defiziten waren in dem Zeitraum Griechenland, Irland, die USA und Japan.
Niedrige Schulden erlauben es ausserdem, grosse makroökonomische Schocks zu absorbieren. So hatte Spanien beispielsweise 2007 vor der Krise eine Verschuldung von knapp 42 Prozent des BIP – was etwa der derzeitigen Verschuldung der Schweiz entspricht. Im Jahr 2014 hatte sie sich mit rund 118 Prozent fast verdreifacht. Aufgrund der relativ guten wirtschaftlichen Situation in Spanien sinkt sie allmählich wieder etwas. Wie schlimm wäre die Situation bei einem höheren Schuldenstand zu Beginn der Krise ausgefallen? «Niedrige Schulden sind wichtig für die Resilienz einer Volkswirtschaft in Krisenzeiten», sagt Florian Chatagny.
Steuersenkungen werden gefordert
Das Plus im Bundeshaushalt lässt auch den Ruf nach Steuersenkungen aus verschiedenen politischen Lagern erneut laut werden. Im Sommer letzten Jahres hatte eine vom Bundesrateingesetzte Expertengruppe zur Beurteilung der Schuldenbremse eine zu hohe Besteuerung angemahnt und eine Steuerreform empfohlen. Finanzminister Ueli Maurer hält eine Senkung der Steuern derzeit jedoch für nicht sinnvoll.
Dies trotz der positiven Aussichten für die kommenden Jahre: Im Mittwoch vorgelegten Finanzplan ist auch im nächsten Haushaltsjahr ein Überschuss von 1 Milliarde Franken vorgesehen, für 2021 fast doppelt so viel. Zu optimistisch zeigt sich der Finanzminister angesichts der positiven Haushaltsprognosen allerdings nicht, da mehrere kostspielige Reformen wie die Steuervorlage 17, die Abschaffung der Heiratsstrafe und der Stempelsteuer geplant seien.