Glencore ist in einer Position, die andere Unternehmen neidisch machen könnte. Der Zuger Rohstoffkonzern ist führender Anbieter eines Produkts, dessen Preis sich im letzten Jahr verdoppelt hat. Es ist ein glänzendes Geschäft für Glencore – und dennoch bereitet es ihm derzeit grosse Probleme.
Die Rede ist von Kobalt. Das Metall wird für moderne Batterien verwendet, die in Handys oder Elektroautos zur Anwendung kommen. Weil die Autoindustrie auf den Elektroantrieb setzt, ist die Nachfrage nach dem Rohstoff explodiert. Grösster Profiteur des Booms ist Glencore: Für über einen Viertel der globalen Jahresproduktion von Kobalt kommen die Schweizer auf.
Glencore baut das Metall hauptsächlich in zwei Kupfer- und Kobaltminen in der Demokratischen Republik Kongo (DRC) ab. Und hier liegt der Haken für die Schweizer: Das Land ist arm und politisch instabil. Korruption ist weit verbreitet. Westliche Unternehmen, die dort Geschäfte betreiben, nehmen Risiken in Kauf. Das gilt auch für Glencore. Der Zuger Rohstoffkonzern steckt in der DRC in der Bredouille.
Nachwehen der «Paradise Papers»
Glencores Schwierigkeiten hängen mit einem dubiosen früheren Geschäftspartner zusammen, Dan Gertler. Eine Tochterfirma von Glencore ging mit dem Israeli eine Partnerschaft ein, um an Bergbaurechte zu gelangen. Gertler gilt als enger Freund vom Machthaber der DRC, Josef Kabila.
Die Zusammenarbeit mit Gertler ist durch die «Paradise Papers» in Verruf geraten. Im Zuge des Datenlecks tauchten Informationen auf, wonach die Lizenzen weit unter dem Marktwert vergeben wurden. Möglicherweise ist Schmiergeld geflossen. Die USA haben Gertler wegen der Korruptionsvorwürfe auf die Sanktionsliste gesetzt. Glencore weist jegliches Fehlverhalten von sich und hat die Verbindungen zu Gertler getrennt. Der Konzern kaufte dem Israeli die Anteile an den gemeinsamen Aktivitäten ab.
Gertler fordert Geld
Ganz kappen konnte Glencore die Beziehung allerdings nicht, weil der Israeli nach seinen Angaben Lizenzrechte des kongolesischen Staatsunternehmens «Gécamines» besitzt, mit welchem Glencore über das Tochterunternehmen Katanga Bergbau betreibt. Weil Gertler auf der Schwarzen Liste der USA steht, haben die Glencore-Firmen die Zahlungen an ihn gestoppt.
Der Israeli hat in der DRC dagegen geklagt. Ein Gericht in dem Land hat auf Antrag Gertlers Vermögenswerte von Katangas Joint-Venture mit «Gécamines» von 2,28 Milliarden Dollar eingefroren. Ein separater Rechtsstreit zwischen Katanga und Gertler läuft in Grossbritannien.
Klage in der DRC eingereicht hat auch «Gécamines» selbst, sie wirft der Glencore-Tochter Katanga vor, die gemeinsame Firma in finanzielle Schieflage gebracht zu haben. Bei dieser zweiten Klage könnte Gertler ebenfalls mitgewirkt haben, da er enge Beziehungen zur Staatsfirma pflegt. Katanga droht die Enteignung. Die Glencore-Tochter hat die Entscheide allerdings angefochten.
Kabila finanziert seine Wiederwahl
Glencores Probleme in dem Land beschränken sich nicht auf die verworrenen Rechtsstreits: Diesen Frühling hat die Regierung von Machthaber Kabila ein neues Minengesetz erlassen. Glencore und andere ausländische Bergbaukonzerne sollen nun massiv mehr Steuern bezahlen.
Der Text sieht auch Sondersteuern vor. Wegen diesen Unabwägbarkeiten sind die Kosten für die Konzerne schwer einzuschätzen. Glencore und seine Konkurrenten versuchen derzeit, die Regierung von einer weniger drastischen Umsetzung der neuen Vorschriften zu überzeugen.
China sichert sich die Reserven
Angesichts dieser Schwierigkeiten spekulieren einige Experten, dass sich Glencore teilweise aus der Kobalt- und Kupferförderung in der DRC zurückziehen könnte. Die «Financial Times» glaubt auch zu wissen, wer sich für Anteile an Glencores Aktivitäten interessiert: Unternehmen aus Russland oder China.
Dass solche Gerüchte auftauchen, liegt auch an Glencore-Chef Ivan Glasenberg: Er würde Minen in der DRC an Chinesen verkaufen, wenn der Preis genügend hoch sei, sagte Glasenberg im März laut verschiedenen Medien. «Wenn sie mit einer Zahl kommen, die alle Verhältnisse sprengt.» Einen ersten Deal mit Chinesen hat Glencore bereits gemacht. Im März trat der Konzern einen Drittel seiner Kobaltförderung für die nächsten drei Jahre an den chinesischen Batterienhersteller GEM ab.
«Chinesen werden bald über den Grossteil der Kobaltproduktion verfügen», sagte Glasenberg an dem Anlass. Chinesische Unternehmen kauften Kobalt auf, um sich die Marktführerschaft bei elektrischen Autos zu sichern.
Glänzende Aussichten
Ob Glasenberg auf das glänzende Geschäft mit dem raren Metall tatsächlich verzichten will, ist aber fraglich – dafür sind die Aussichten schlicht zu gut: In den nächsten Jahren bleibt Kobalt für den Bau von modernen Autobatterien unverzichtbar. Die Nachfrage dürfe weiter steigen.
Und auch die DRC behält auf absehbare Zeit ihre Schlüsselrolle im Markt für Kobalt: Rund die Hälfte der weltweiten Kobaltvorkommen befinden sich in dem Land. Der Abbau ist technisch weniger anspruchsvoll als in anderen Ländern, weil die Vorräte einfach zugänglich sind. Glencore hat angekündigt, die Kobaltförderung in den nächsten drei Jahren in der DRC um zwei Drittel zu steigern. Vieles spricht dafür, dass der Bergbaukonzern die Pläne auch umsetzt.