Abgangsentschädigungen sind schon lange umstritten», sagt Paul Nyffeler, Präsident des Kantonalbankenverbands. «Dass Peter Wuffli auf einen Teil davon verzichtet, finde ich einen fairen Akt.» Rechtlich dazu verpflichtet sei Wuffli nicht, und strafrechtliche Ansprüche drohten kaum, sagt Nyffeler. Wufflis Vorpreschen betrachtet der Kantonalbankenmann als Vergangenheitsbewältigung. «Die Zeit überdimensionierter Entschädigungen, wie wir sie in den letzten Jahren kannten, ist definitiv zu Ende.»
Entstandener Druck ist heilsam
Eine konzertierte Aktion aller «Beteiligten» hätte wohl eine noch grössere Schlagkraft gehabt, glaubt Erich Walser, Präsident des Schweizerischen Versicherungsverbands. «Damit wäre dem Vertrauensverlust am wirksamsten entgegengetreten worden.» Wufflis Vorgehen werde einen heilsamen Druck erzeugen, aber eine Gesamtlösung hätte ungleich stärker gewirkt. «Ich werte den Entscheid aber auch als ein Zeichen dafür, dass es möglich ist, solche Exzesse ohne staatliche Eingriffe zu korrigieren», sagt Walser.
Angesprochen darauf, ob bei den Versicherungen ähnliche «Verzichtserklärungen» folgen könnten, sagt Walser: «Für unsere Branche sehe ich keinen Handlungsbedarf, weil es keine vergleichbaren Übertreibungen gab.»
Ulrich Grete, bis Ende 2007 Präsident des AHV-Fonds und früherer Generaldirektor bei der UBS, spricht von einem «persönlichen Entscheid» Wufflis. «Damit sagt er indirekt, dass die hohen Entschädigungen auch in seinen Augen teilweise nicht gerechtfertigt waren», meint Grete und wertet Wufflis Einsicht als «positiv». Dabei sei die Höhe des Verzichts nicht entscheidend. Primär gehe es um ein Schuldbekenntnis. «Ja, ich sehe selbst ein, dass dies falsch war, das drückt Wuffli mit seinem Entscheid aus.» Grete vermutet, dass die Lage bezüglich überrissener Boni für die übrigen UBS-Verantwortlichen «ein wenig unangenehmer» geworden sei. «Mit Wuffli hat ja kein Kleiner diesen Schritt gemacht.»
Der emeritierte Zürcher Bankenprofessor Hans Geiger, der bis Mitte der 1990er Jahre zur operativen Führungsspitze der Credit Suisse gehörte, stellt ebenfalls Wufflis Psyche in den Vordergrund. «Der Verzicht ist vor allem wichtig für ihn und erst in zweiter Linie für die Bank», sagt Geiger. Wuffli habe sauberen Tisch machen wollen. «Sein mea culpa ist nun vollbracht. Das hat er gut gemacht.»
Die Aktionäre stehen im Fokus
Für die Zukunft wichtiger seien die neuen Entschädigungssysteme der Grossbanken, die von der Aufsicht bewilligt werden müssten, sagt Geiger. «Dass Boni und übrige Entschädigungen wie bisher gegen die Interessen der Eigentümer, sprich der Aktionäre, und gegen das Wohlergehen der Bank verstossen, das darf es in der Zukunft bestimmt nicht mehr geben.» Die UBS will in den kommenden Tagen über ihr neues Lohnsystem informieren.
Konrad Hummler, Partner der St. Galler Privatbank Wegelin und Präsident der Schweizer Privatbankiers, legt den Finger auf den wunden Punkt der Verantwortlichkeit. Wufflis «nette Geste», die nicht «an seine Substanz» gehe, löse das Problem nicht. «Wie soll man die Verantwortlichen am Risiko beteiligen, das sie eingehen? Das ist die Kernfrage, und darauf müssen wir eine Antwort finden», fordert Hummler. Dass das Risiko des 68 Mrd Fr. schweren UBS-Rettungsplans allein beim Steuerzahler liege, sei falsch. Eine Lösung hat auch Hummler noch nicht.
Warum 12 Millionen Franken keine «Peanuts» sind und welche Signalwirkung dieses Wort haben könnte
Peter Gomez, Präsident SIX Group, spricht ein «fragwürdiges Signal» an, das nicht von Wuffli, sondern von seinen politischen Gegenspielern ausging. «Ich fand es höchst unangebracht, dass nach Bekanntgabe des Verzichts aus dem linksgrünen Lager Stimmen laut wurden, die von «Peanuts» sprachen. Als vor wenigen Jahren ein deutscher Bankier dieses Wort in den Mund nahm, wurde er von denselben Kreisen gnadenlos verfolgt.»
Wenn es eine Signalwirkung gibt, die Gomez am meisten erwartet, ist es jene, dass «Wuffli den ersten Schritt unternommen hat, einen emotionalen Graben zwischen Wirtschaft und Gesellschaft zu verringern. «In einer aufgeladenen Atmosphäre der Schuldzuweisungen und ideologischen Rösselsprünge hat endlich jemand dem eigenen Willen Taten folgen lassen.»
Auch der Unternehmer Edgar Oehler wundert sich über den Ausdruck linksgerichteter Kreise, wonach die 12 Mio «Peanuts» seien. «Die haben aber eine kurlige Auffassung von Erdnüssen», mokiert er sich. Darauf angesprochen, sagt SGB-Chefökonom Daniel Lampart, es gehe jetzt nicht um Wortklaubereien. «Entscheidend ist doch, dass jemand für grobe Fehler noch belohnt wird und jetzt sowieso nur auf einen Teil der ihm zustehenden Entschädigungen nach seinem Rücktritt verzichtet. Man sollte sich immer vor Augen halten, wie das auf einen einfachen Arbeiter wirkt.»
Für Economiesuisse-Präsident Gerold Bührer ist die wichtigste Signalwirkung «eine Besinnung auf den Ernst der Situation und die Hoffnung, dass sein Vorgehen ähnliche Schritte nach sich zieht». Die Abqualifizierung als «Peanuts» könnte laut Bührer negative Auswirkungen auf jene haben, die sich mit dem Gedanken tragen, Wufflis Beispiel zu folgen. Oehler wird noch deutlicher: «Sich nur mit dem Gedanken tragen, genügt nicht. Jetzt müssen andere nachziehen ? und zwar umgehend.»(MéR)