Um das Jahr 620 gelang in China erstmals die Herstellung von Porzellan. Während Jahrhunderten wurden das Herstellungsverfahren und die dazu benötigten Materialien vom Kaiserreich geheim gehalten. Erst mit Marco Polo kam um 1300 chinesisches Porzellan nach Europa. Und es dauerte nochmals rund 400 Jahre, bis es 1708 Johann Friedrich Böttger gelang, das erste europäische Porzellan herzustellen. In der Folge entstanden überall auf unserem Kontinent Porzellanmanufakturen, und bald gehörte das edle Tafelgeschirr zur unverzichtbaren Ausstattung adliger Häuser oder wohlhabender Bürgerfamilien.

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Seit den Anfängen des Porzellans legte man auf die künstlerische Gestaltung der Objekte grossen Wert: Sowohl die Form als auch das Dekor wurden immer wieder variiert und dem Zeitgeist angepasst: Pflanzen, Blumen, Tiere, Landschaften und Ornamente waren in der Vergangenheit und sind selbst heute noch die wichtigsten gestalterischen Elemente. Vielen Porzellanmanufakturen gelang es aber auch, Anschluss an die modernen Strömungen in Kunst und Design zu finden. Sie engagierten namhafte Künstler, Designer oder sogar Architekten, die dem jahrhundertealten Werkstoff neues Leben einhauchten. Die «Handelszeitung» präsentiert nachstehend einige der wichtigsten Neuheiten für 2009, die an der weltweit grössten Messe für Porzellan, Tischkultur und Wohnaccessoires, der Frankfurter «Ambiente», zu sehen waren.

Vase im Raum

Der Architekt und Professor Hans Kollhoff hat für die Porzellanmanufaktur Fürstenberg eine aussergewöhnliche Vasenserie, die «Kollektion Hans Kollhoff», entworfen, die er dem Thema «Vase im Raum» gewidmet hat. Hier denkt Hans Kollhoff architektonisch - nicht allein um das Objekt Vase geht es ihm, sondern auch um ihre Rolle im Raum: «Die Vase hat nicht nur der Blume zu dienen, sondern sie soll sie im Raum zelebrieren, sie gleichsam frei stellen und gleichzeitig integrieren, mit ihm verschmelzen.» Kollhoff schuf mit seiner Kollektion skulpturale Objekte, die auch ohne Blumenschmuck charaktervolle Präsenz entfalten.

Klassik und Moderne

Ebenfalls für die Manufaktur Fürstenberg hat der italienische Architekt und Designdirektor Carlo Dal Bianco aus dem Hause Bisazza ein neues Service gestaltet, das einer Tischkultur dient, die das Besondere dezent zu inszenieren weiss: Aus der Synthese von klassischen und modernen Elementen ist eine Form entstanden, in der zeitgenössisches Designverständnis perfekt umgesetzt wird. Nebst einer Ausführung ganz in Weiss sorgen die zwei beliebig miteinander kombinierbaren Dekore «Oro» und «Este» für besondere Spannung. «Mein Service für die Porzellanmanufaktur Fürstenberg ist meine erste Arbeit mit dem Werkstoff Porzellan, der mich durch seine Vielseitigkeit und seine Aufsehen erregenden technischen und formalen Ergebnisse überzeugt.»

Leichtigkeit nordischen Designs

Der dänische Architekt und Designer Verner Panton, der 1998 in Kopenhagen verstarb, war mit zahlreichen Arbeiten seiner Zeit voraus. Er experimentierte mit neuen Formen, Farben und Materialien und war einer der Ersten, der die Welt der Pop-Art bei Möbeln einführte. Zu Ehren dieses wegweisenden Gestalters gibt der dänische Trendsetter Menu jetzt eine Sonderkollektion heraus: Sie umfasst Thermotassen, Schalen und Eierbecher, auf denen das unverwechselbare Muster «Geometri 1» sowohl in Schwarzweiss als auch in den Farben Rot, Blau, Pink oder Orange aus dem Jahr 1960 zu sehen ist. Highlights sind die Thermoeierbecher, bei denen Kaltes kalt bleibt und Warmes warm. Diese Becher bestehen aus zweischichtigem Porzellan und einem isolierenden Hohlraum, sodass die Gefahr des Fingerverbrennens gebannt ist.

Food-Styling und Porzellan

Für einen ganz neuen Ansatz entschied sich der bekannte Designer Emilio Bergamin mit «Damasco»: Im Gegensatz zu den meist farbintensiven Serien von Taitù charakterisiert Damasco warme Töne und, sparsam, orientalische Ornamentik auf Fine Bone China. Damit gelingt Emilio Bergamin eine einzigartige Unterstützung des aktuellen Food-Stylings.

Berühmte Namen für Rosenthal

Die vor mehr als 125 Jahren gegründete Porzellanmanufaktur Rosenthal hat in ihrer langen Geschichte mit annähernd 1000 Künstlern, Designern, Architekten und Couturiers zusammengearbeitet, darunter so berühmte Namen wie Walter Gropius, Andy Warhol oder Karl Lagerfeld. Im Jahre 2008 lancierte Rosenthal erfolgreich das von Patricia Urquiola gestaltete Service «Landscape». Anlässlich der diesjährigen Frankfurter «Ambiente» stellte die spanische Stardesignerin «Landscape Shibori» vor, eine Weiterentwicklung mit indigoblauem Dekor. Dabei liess sich die Künstlerin von «Shibori», der alten asiatischen Kunst der Textilveredelung, inspirieren. Entstanden ist ein Rasterdekor aus intensiven indigofarbenen floralen und rosettenförmigen Ornamenten, der den sieben unterschiedlichen dreidimensionalen Reliefs eine zusätzliche Optik verleiht.

Die Manufaktur Rosenthal lädt immer wieder junge, aber auch etablierte Künstler in ihre «Designschmiede» ein, wo sie sich während einer gewissen Zeit mit dem Werkstoff Porzellan eingehend auseinandersetzen können. So entstand zum Beispiel die Objektkollektion «Reunion» der jungen holländischen Künstlerin Pieke Bergmans: Ihre Vasen, Schalen und Schüsseln sind eine Kombination unterschiedlicher Stilrichtungen, Kulturen und Zeitalter.

Designkompetenz aus dem Saarland

Das im Dreiländereck zwischen Deutschland, Frankreich und Luxemburg beheimatete Unternehmen Villeroy & Boch kann ebenfalls auf eine lange, mehr als 250-jährige Geschichte zurückblicken. Wie ein roter Faden zieht sich auch bei V&B die Design- und Einrichtungskompetenz durch die Firmenhistorie: So entstand bereits 1770 das «Brindille»-Dekor, das noch heute unter der Bezeichnung «Alt-Luxemburg» angeboten wird. In neuerer Zeit arbeitete man erfolgreich mit international renommierten Designern wie van de Velde, Behrens oder Olbrich zusammen.

«Retro» ist im Einrichtungsbereich ein starker und stabiler Trend. Mit der neuen Geschirrserie «Arden Lane» variiert Villeroy & Boch die Originalform «Anmut», die Karl Leutner in den 1950er Jahren entwickelt hat. Diese stilvolle und zugleich authentische Form wird durch den Dekor in einen aktuellen stilistischen Zusammenhang gestellt.

Benedikt und ihre Freunde

Ganz anders präsentiert sich dagegen die Welt von Benedikt & Friends: Humorvolle Porzellanfiguren und -szenerien, die die Wiener Künstlerin Rosemarie Benedikt für Villeroy & Boch kreiert hat. Katzen und Elefanten, aber auch Autos und Flugzeuge bevölkern die Welt von Benedikt & Friends. Das Dachthema für 2009 lautet «Afrika». Im Mittelpunkt stehen Elefant Tom und seine Familie. Die ausdrucksvollen Einzelfiguren sind individuell gestaltet und mit vielen kuriosen Details versehen. Ein Spass für Liebhaber und Sammler.

Grosse Porzellantradition aus Ungarn

Porzellanliebhabern muss man Herend nicht mehr vorstellen. Das mehr als 180 Jahre alte renommierte Unternehmen ist heute eine der bedeutendsten Porzellanmanufakturen der Welt. Auch Herend hat in seiner Geschichte immer wieder mit namhaften Designern zusammengearbeitet. Seit eineinhalb Jahren ist Pálma Babos künstlerische Leiterin von Herend. Die Zusammenarbeit mit der Manufaktur begann jedoch schon früher: Die Designerin fertigte für die Manufaktur zahlreiche Entwürfe an und konnte so ihre Träume in Herender Porzellandekoren verwirklichen. So wurde sie zur Schöpferin des modernen und doch traditionellen Babos-Dekors.