Dass noch nicht alle Schweizer KMU von diesem im deutschen Sprachraum wohl einzigartigen universitären Nachdiplomstudiengang Kenntnis haben, liegt vielleicht auch daran, dass die Nachfrage ohnehin seit längerer Zeit das Angebot übersteigt und die HSG dadurch über eine komfortable Nachfrage und Auswahlmöglichkeit verfügt. Maximal vier bis fünf Teilnehmer finden in einem Studiengang Platz. Wie seit Beginn im Jahr 1988 sind die Studierenden im Schnitt 38 Jahre alt, vorwiegend männlich und haben mehrheitlich eine höhere Fachschulausbildung oder einen Universitätsabschluss vorzuweisen. Sie kommen überwiegend aus der Schweiz, nur etwa vier bis fünf reisen derzeit aus Deutschland oder Holland in die Ostschweiz bzw. arbeiten dort.
Was sie vereint ist, dass sie als Vertreter eines KMU ein grosses Segment der Schweizer Volkswirtschaft repräsentieren, auf deren volkswirtschaftliche Bedeutung die Politiker zwar gerne vollmundig hinweisen, die Inhaber und Manager dieser Unternehmen sich jedoch allzu oft im Regen stehen gelassen fühlen.
Mangelnde Einbindung inden Arbeitsmarkt
Aus einer kürzlich veröffentlichten Studie, die im Rahmen dieses Führungsstudiums zwischen 1998 und 2003 unter der Regie von Professor Franz Jaeger, Leiter des Forschungsinstituts für Empirische Ökonomie und Wirtschaftspolitik, St.Gallen, gemacht wurde, geht beispielsweise hervor, dass die KMU durchwegs die mangelnde Einbindung in den internationalen Arbeitsmarkt und in den Kredit- und Kapitalmarkt sowie die hohen Lohnnebenkosten beklagen. Dringenden Handlungsbedarf wünschen die Befragten, wenn es um die Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitskräften geht. Viele KMU fordern dazu eine unternehmensfreundlichere Steuerpolitik und eine Entschlackung der administrativen Vorschriften und staatlichen Bewilligungsverfahren.
Hier hakt das Nachdiplomstudium mit äusserst praxisnahen Seminaren ein und verleiht seit 1996 den Titel KMU-Diplom HSG. Um tatsächlich am Puls der Wirtschaft lehren zu können, befinden sich je ein Mitglied der Economiesuisse und des Schweiz. Gewerbeverbands in der KMU-Kommission. Diese Partner haben das Studium gemeinsam mit der HSG realisiert und stehen bis heute als Garanten für die Praxisrelevanz.
Andere Teilnehmerstruktur
Der Direktor des Intensivstudiums, Professor Thierry Volery, erklärt, dass das General-Management-Programm wie ein Mini-MBA für KMU aufgebaut ist. Alle Themen werden mit einer Ausnahme von elf HSG-Dozenten vermittelt; darunter befindet sich keine einzige Frau. Das ganze MBA-Spektrum wird abgedeckt: Grundlagen der Unternehmensführung, Volkswirtschaft und Umfeld, Strategisches Management, Rechnungswesen, Marketing, Führung und Organisation, Management Accounting, Innovations- und Technologiemanagement, Management der Human Resources, Corporate Governance und Internationalisierung.
Gewandelt hat sich fast alles in den vergangenen 15 Jahren, in denen Markteinbrüche, Corporate Governance oder Innovations- und Technologiemanagement grossen Einfluss auf die Wirtschaft ausübten. Die Spuren von Markteinbrüchen und Rezession lassen sich in der Teilnehmerstruktur der vergangenen Jahre gut ablesen: Während die Teilnehmer des aktuellen Studiengangs vor allem aus den Bereichen Lebensmittel sowie Chemie/Pharma kommen, zeigt dies einen Strukturwandel gegenüber 1998, als Metall-, Maschinen- und Bauunternehmen, gefolgt von Lebensmittel- und Chemieunternehmen, an der Spitze lagen. Im Jahr 2000 und zu Beginn des Jahres 2004 machten die Vertreter der Elektronik und Umwelttechnik den Hauptteil der Studierenden aus.
Inhalte sind wichtiger als Titelhuberei
Unter den 45 Teilnehmern der 13. Auflage des KMU-Intensivstudiums fielen zwei Frauen auf. Eine von ihnen ist Anne Bonhoff von der STR Testing und Inspection AG, einem typischen KMU mit 25 Mitarbeitern. Anne Bonhoff gab ihren ursprünglichen Plan, ein MBA zu machen, auf, weil sie zugeben musste, dass der Aufwand vollkommen ihren Zeitrahmen sprengen würde. «Ich habe dann herausgefunden, dass die wichtigen Themen über das Intensivstudium KMU abgedeckt werden», sagt die promovierte Biochemikerin, die in ihrer Firma als stellvertretende Geschäftsführerin für die gesamte technische Leitung zuständig ist.
Statt sich für eines der inflationären «billigen» MBAs zu entscheiden, wie sie sagt, waren ihr professionelle Inhalte wichtiger als irgendein x-beliebiger MBA-Titel. Dass ihr Vorgesetzter die Anmeldung billigte und unterschreiben musste, hat ihr den Rücken gestärkt. Auch die Tatsache, dass sie das Thema ihrer Diplomarbeit frei aussuchen und daher den Schwerpunkt auf Dinge legen kann, die in der Firma wirklich anstehen.
Anne Bonhoff empfindet es als grossen Motivationsschub, mit Vertretern völlig unterschiedlicher Berufe in Kontakt zu kommen, darunter einen Tierarzt, Vertretern von Handwerksbetrieben und der Lebensmittelbranche, von Hotellerie und Gastronomie, Bau- und Transportunternehmen sowie Kollegen aus der Chemie. Den einen oder anderen Teilnehmer kann sie nach Erhalt ihres Diploms vielleicht im Alumni-KMU-Circle HSG mit derzeit rund 350 Mitgliedern wieder treffen, um von den geknüpften Beziehungen zu profitieren.
Uni St.Gallen: Intensivstudium KMU
Die Bewerbungen werden einem fünfdimensionalen Bewertungsverfahren unterzogen, wie Ausbildung, Führungsebene, Führungserfahrung, berufliche Perspektiven und Unternehmensstruktur. Das einzige universitäre Nachdiplomstudium mit KMU-Fokus findet berufsbegleitend in 12 Blöcken über einen Zeitraum von rund 17 Monaten im Weiterbildungszentrum Degersheim statt. Jeder Studienblock endet mit einer obligatorischen schriftlichen Prüfung. Die Unterrichtssprache ist Deutsch. Die obligatorischen Blockwochen sind so gestaltet, dass der gesamte Stoff in der Woche erarbeitet wird, alle fünf Wochen werden die Teilnehmer für vier Wochentage dem Geschäft fern sein und zusätzlich eine Diplomarbeit verfassen. Die Studiengebühr beträgt 27000 Fr.
Auskünfte:
Tel.: 071 224 71 00
E-Mail: kmu@unisg.ch
www.kmu.unisg.ch