Der Schweizer Wirtschaft befindet sich zurzeit zwar im Aufwind. Doch schon mittelfristig droht gemäss der Credit Suisse der Wirtschaftsmotor an Schwung zu verlieren, denn bis anhin zentrale Wachstumstreiber verlieren an Kraft.
Seit den frühen 2000er-Jahre gehört die Schweiz zu den wachstumsstärksten Industrieländern. Dies war zuerst unter anderem den bilateralen Verträgen, der Einführung des Euros und dann auch dem Finanzboom zu verdanken. Nach der Finanzkrise sorgten Einwanderung und der durch die rekordtiefen Zinsen ausgelöste Immobilienboom für den nötigen Schub.
Geringeres Bevölkerungswachstum wirkt sich negativ aus
Genau diese zwei zentralen Wachstumstreiber, die die Schweiz in der Zeit nach 2008 vor einer Rezession bewahrt haben, zeigen jetzt jedoch gemäss der Grossbank Credit Suisse Schwäche. Denn setze sich die wirtschaftliche Erholung in Europa wie erwartet fort, sei mit einem Zurücksinken der Einwanderung auf den langjährigen Durchschnitt zu rechnen, sagte Chefökonom Oliver Adler an einer Medienkonferenz in Zürich.
Dieser langjährige Durchschnitt der Einwanderung abzüglich Auswanderung liegt bei 40'000 Personen pro Jahr. In den letzten Jahren sind bis zu doppelt so viele Personen netto eingewandert. Dieser absehbare Rückgang wirkt sich direkt auf das Wirtschaftswachstum aus. Denn geringeres Bevölkerungswachstum bedeutet auch tiefere Nachfrage nach neuen Wohnungen und geringeres Wachstum des Konsums.
Gebremster Konsum
Die Credit Suisse geht konkret für die Zukunft beim privaten Konsum noch von einem Beitrag der Migration von rund 700 Millionen Franken aus. In den letzten Jahren lag dieser Beitrag um durchschnittlich eine halbe Milliarde Franken höher.
Die Folge davon ist, dass der Wachstumsbeitrag der Migration zum Bruttoinlandprodukt (BIP) gemäss CS um 0,1 bis 0,2 Prozent tiefer ausfallen wird. Die Zuwanderung hat zusammen mit den tiefen Zinsen aber auch zu einem Bauboom in der Schweiz geführt, der jetzt aufgrund der rückläufigen Nachfrage zu Ende geht.
Babyboomer gehen in Pension
Die Grossbank rechnet darum für die nächsten fünf Jahre damit, dass die Bauwirtschaft nichts mehr zum Wirtschaftswachstum beiträgt. In den vergangenen zehn Jahren hatte die Branche im Durchschnitt das BIP jeweils um 0,1 Prozent erhöht.
Zudem dämpft gemäss der Grossbank auch die demografische Entwicklung das Wachstumspotenzial die Schweiz. Weil neben der rückläufigen Zuwanderung in den nächsten Jahren auch die Generation der Babyboomer in Pension gehe und die Erwerbsquote der Frauen voraussichtlich nicht mehr ansteige, werde auch die Zahl der Erwerbstätigen und damit die Wirtschaft stagnieren, heisst es in der CS-Publikation Monitor Schweiz.
Neue Wachstumstreiber gesucht
Die Schweiz brauche darum neue Wachstumstreiber, folgert die Grossbank. Dabei geht es laut der CS vor allem um die Steigerung der Produktivität. Denn wenn eine Erhöhung der Anzahl Arbeitsstunden nicht mehr möglich sei, bleibe nur, deren Ergiebigkeit zu steigern, sagte Alder.
Möglich sei das in der Schweiz aber nur durch eine Steigerung der Effizienz. Denn sowohl bei den Investitionen wie beim technischen Fortschritt sei die Schweiz bereits Spitze. Es bleibe darum nur, aus den schon bestehenden Mitteln mehr herauszuholen. Effizienzsteigerungspotenzial sieht Adler dabei im Gesundheits- und Sozialwesen, sowie in der Bauwirtschaft, dem Energiesektor und der Finanzindustrie.
Geringeres Wachstum
Für das laufende Jahr prognostiziert die Credit Suisse der Schweiz ein Wirtschaftswachstum von 1,0 Prozent. Damit korrigiert die Grossbank ihre Prognose vom Juni deutlich um 0,5 Prozentpunkte nach unten. Grund für die weniger optimistische Prognose sind gemäss der Publikation die tiefen Wachstumszahlen im ersten Halbjahr.
Für das kommende Jahr zeigen sich die Ökonomen der Credit Suisse jedoch zuversichtlicher. Weil fast alle Wirtschaftsindikatoren nach oben zeigen, belässt die Credit Suisse ihre Wachstumsprognosen für das kommende Jahr bei 1,7 Prozent.
Damit gehen die Prognosen der Grossbank in die gleiche Richtung wie diejenigen der ebenfalls am Dienstag publizierten Voraussagen der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich KOF (KOF-Konsensus). Die vierteljährlich befragten Konjunkturexperten senken die Prognose für das Wachstum der Schweiz im laufenden Jahr auf 1,3 Prozent. Bei der letzten Befragung waren es noch 1,5 Prozent gewesen. Für 2018 wird unverändert mit einem Plus von 1,7 Prozent gerechnet.
(sda/ccr)
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