Die Überbewertung der Eigenkapitalrendite als Kennzahl hat wesentlich zum Ausbruch der Krise beigetragen», sagt Max Boemle, Rechnungslegungsexperte und ehemaliger Professor an den Universitäten Freiburg und Lausanne. Im Jahr 1997 habe Marcel Ospel als Chef des früheren Bankvereins sein Ziel einer Eigenkapitalrendite von 15% noch als ehrgeizig bezeichnet, nur fünf Jahre später hat er an der Spitze der UBS zur Steigerung des Börsenkurses fast das Doppelte angestrebt - auch für sich selbst: «Denn die Boni der Manager waren an die Börsenkurse und damit an die Eigenkapitalrendite gekoppelt», so Boemle.
Einmalige Erträge im 1. Quartal
Die Kennzahl als Mass der Profitabilität einer Bank ist allerdings wenig aussagekräftig, weil sie nur den Gewinn ins Verhältnis zum Eigenkapital setzt. Die Eigenkapitalrendite steigt also auch, wenn das Eigenkapital durch Wertberichtigungen und Verluste geschmolzen ist oder wenn der Gewinn wegen Sonderfaktoren in einem Quartal höher ausfällt.
Dies war bei der Credit Suisse und der Deutschen Bank der Fall, die im 1. Quartal 2009 bereits wieder Eigenkapitalrenditen von über 20% erzielt haben. «Die Gewinne der Banken sind nicht nachhaltig», sagt Andreas Venditti, Analyst der Zürcher Kantonalbank (ZKB). Die guten Resultate im 1. Quartal seien vor allem durch einmalige Erträge zustande gekommen, wie zum Beispiel im Handel mit Anleihen.
Systematisch nach oben gehievt
Die Eigenkapitalrendite kann auch systematisch gesteigert werden, indem die Bank mehr Risiken eingeht, sich stärker verschuldet, mit immer neuen Finanzgeschäften die Bilanz aufbläht und das Eigenkapital durch Aktienrückkäufe und Dividendenausschüttungen tief hält.
«Genau dies haben die Banken nach dem Platzen der Internet-Blase praktiziert», sagt Boemle. Als die massiven Verluste angefallen waren, standen die Banken mit viel zu wenig Eigenkapital da.Um einer nächsten Bankenkrise vorzubeugen, wollen die Regulatoren denn auch mit strengeren Regeln dafür sorgen, dass die Bankinstitute künftig weniger Risiken eingehen. In der Schweiz verlangt die Finanzmarktaufsicht Finma ab 2013 zum Beispiel von den Grossbanken das Doppelte an Eigenmitteln wie vor der Krise. Zudem müssen UBS und Credit Suisse dann mit der sogenannten Leverage Ratio eine maximale Verschuldungsgrenze einhalten. Damit sind nachhaltig hohe Eigenkapitalrenditen, wie sie die Banken vor Ausbruch der Finanzkrise erzielt haben, allerdings Vergangenheit. Auch wenn die Marktverhältnisse wieder normal seien und die Banken Risiken eingingen, seien Eigenkapitalrenditen von 25% über einen längeren Zeitraum nicht mehr erreichbar, erwartet Venditti von der ZKB. Denn die Banken müssen ihre Geschäfte mit mehr Eigenkapital unterlegen, beispielsweise auch im Handelsgeschäft.
Analysten erwarten, dass die Eigenkapitalrenditen der grossen Banken in den nächsten zwei Jahren zwischen 10 und 15% liegen werden. So rechnen etwa die Bankanalysten von Morgan Stanley für das nächste Jahr mit einer Eigenkapitalrendite von 13%.
Dafür ist aber nicht nur die verschärfte Regulierung ausschlaggebend. Die Banken sind derzeit daran, die Verschuldung weiter abzubauen und gehen angesichts der Unsicherheiten an den Finanzmärkten weniger Risiken ein. «Die Banken müssen genügend Eigenkapital halten, da wegen der wirtschaftlichen Abschwächung weitere Verluste drohen», so Venditti. Auch die Ertragschancen seien kleiner geworden, was die Gewinnkraft schmälert.
Früher oder später werden die Banken jedoch wieder riskantere Geschäfte eingehen. Sind die Regeln der globalen Aufsichtsbehörden nicht ganz wasserdicht, werden die Institute dafür neue Mittel und Wege finden.
Die kompliziertesten Regelwerke sind dabei nicht unbedingt auch die griffigsten. «Je komplizierter die Regeln, desto mehr Schlupflöcher gibt es», so Boemle. Es sei eine Illusion, zu glauben, dass die Aufsichtsbehörden den Risikoappetit der Banken mit immer neuen Vorschriften im Zaum halten könnten.
Grundstein für nächste Blase
«Banken, die wieder Eigenkapitalrenditen von 25% erreichen wollen, werden dies auch schaffen», ist Boemle überzeugt. Eigenkapitalrenditen von über 25% müssten sich die Institute aber immer mit einem höheren Risiko erkaufen. Damit werde gleichzeitig aber auch der Grundstein für die nächste Blase an den Finanzmärkten gelegt.