Seit Monaten erheben die USA Strafzölle von 10 Prozent auf chinesische Importe. Sie betreffen etwa die Hälfte aller Produkte, die aus China importiert werden im Wert von 250 Milliarden Dollar. Darauf reagierte China mit Vergeltungsmassnahmen, die US-Waren im Wert von 60 Milliarden Dollar betreffen. Im März könnten die USA die Einfuhrzölle auf 25 Prozent anheben, sollte es bis dahin keine Einigung zwischen beiden Seiten geben.
Nun zeigt sich, dass die amerikanische Volkswirtschaft von den Strafzöllen gegen China profitiert – zumindest bisher. Das ergibt eine Untersuchung der beiden Ökonomen Benedikt Zoller-Rydzek von der ETH Zürich und Gabriel Felbermayr vom ifo-Institut in München. Sie haben den Gesamtnutzen für die USA auf 18,4 Milliarden Dollar berechnet.
Wer trägt die Zolllast?
Die Studienautoren haben berechnet, dass bei Zöllen von 25 Prozent die US-Importpreise im Schnitt um 4,5 Prozent steigen. Konsumgüter werden sogar um 6,5 Prozent teurer, die Leidtragenden sind amerikanische Firmen und Konsumenten.
Dabei werden die unteren Einkommensschichten besonders hart getroffen, stellen die Studienautoren fest. Denn diese geben einen grösseren Teil ihres Einkommens für günstige chinesische Waren aus, etwa für Mobiltelefone oder andere Elektronikgeräte. Wenn die Preise aufgrund höherer Einfuhrzölle weiter ansteigen, werden sie stärker belastet als andere Einkommensschichten.
Zudem haben sie keine so starke Lobby wie amerikanische Unternehmen, die dafür gesorgt haben, dass vor allem chinesische Importe mit Zöllen belegt werden, die leicht zu ersetzen sind. Die Last ist also nicht gleichmässig verteilt. Hinzu kommt, dass die zusätzlichen Zolleinnahmen von 22,5 Milliarden Dollar ausreichen würden, um alle amerikanischen Konsumenten für die höheren Preise zu entschädigen.
Doch das geschieht nicht: «Die US-Steuerreform entlastet vorrangig die oberen Einkommensschichten. Eine wirkliche Umverteilung findet nicht statt, diese könnte aber über eine bessere Sozialpolitik erreicht werden, sagt der ETH-Ökonom. Und US-Präsident Trump tut bekanntlich das Gegenteil, indem er beispielsweise seit Amtsantritt die Gesundheitsversorgung Obamacare bekämpft.
Kosten des Handelskriegs
Den zusätzlichen Einnahmen für die US-Staatskasse stehen die Kosten des Handelskonflikts gegenüber. Diese schätzen die Handelsexperten Zoller-Rydzek und Felbermayr auf 1,6 Milliarden Dollar. Während ein Drittel davon zulasten der USA geht, tragen den Grossteil die chinesischen Produzenten.
Auch die zusätzlichen Zolleinnahmen von 22,5 Milliarden Dollar gehen vor allem zulasten der Firmen in der Volksrepublik. «Die amerikanische Volkswirtschaft hingegen profitiert enorm davon, vor allem weil sie die Kosten durch die strategische Auswahl der vom Zoll betroffenen Waren geschickt auf chinesische Firmen abwälzen konnte.» sagt Benedikt Zoller-Rydzek. Auf 18,9 Milliarden Dollar schätzt der ETH-Ökonom diesen «Transfer von chinesischen Unternehmen an den amerikanischen Staat».
Wenn die Preise der betroffenen Produkte aus China steigen und die Profitmargen für chinesische Unternehmen fallen, dürften diese wohl irgendwann, die Produktion oder den Export in die USA einzustellen.
Die Studienautoren erwarten, dass die chinesischen Importe in die USA um 37 Prozent schrumpfen. Dadurch werde das amerikanische Handelsdefizit gegenüber China zwar um 17 Prozent sinken, doch 63 Milliarden Dollar sind relativ wenig gemessen an einem Defizit über 300 Milliarden Dollar. Um die Handelsbilanz auszugleichen, müsste China mehr aus den USA importieren. Damit käme Donald Trump seinem Ziel zumindest etwas näher, denn das Handelsdefizit mit China ist ihm ein Dorn im Auge.
Wie geht es weiter?
Vergangenen Woche verhandelten die USA und China in Peking, doch konkrete Zugeständnisse gab es nicht. Laut Handelsexperte Zoller wollen beide Seiten den Handelskonflikt nicht eskalieren lassen.
Der ETH-Ökonom erwartet, dass sich Trumps Zollpolitik abkühlen wird. Denn mittelfristig werde China wohl nachgeben und Zugeständnisse machen. Schliesslich habe China mehr zu verlieren: China hat ein grosses Handelsdefizit und ist auf den Exportmarkt USA viel stärker angewiesen als umgekehrt.
Zudem droht das Reich der Mitte an Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren. Die ersten Auswirkungen bekommt die sich abschwächende chinesische Wirtschaft bereits zu spüren: Die chinesischen Exporte schrumpften im Dezember um 4,4 Prozent – so stark wie seit zwei Jahren nicht mehr.
Wenngleich die USA in der stärkeren Position zu sein scheinen, wirkt sich der anhaltende Handelskonflikt dennoch auch auf die US-Wirtschaft negativ aus. Zumindest trägt er dazu bei, dass sich der US-Wirtschaftsboom der vergangenen Jahre allmählich abschwächt.